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Terlinden – eine Familiengeschichte mit unerwartetem Ausgang

Max V. Terlinden und Tochter Pia Sahli-Terlinden mit der Familienchronik (auf dem Goldbachcenter).

Vielleicht hing der Himmel an ­jenem Tag im noch jungen Jahr 1880 besonders trüb über Berlin. Vielleicht war dies ein Grund, weshalb der 21-jährige Heinrich sehnsuchtsvoll an sein «geliebtes Bräutlein» im fernen Küsnacht schrieb: «Lass uns beisammen wohnen, den Vöglein gleich im grünen Wald und in den Laubes-kronen.»

Fast 140 Jahre später wird der Nachname des Briefschreibers als Synonym für ein Textilreinigungsunternehmen stehen: Terlinden. An der Seestrasse in Goldbach, wo einst der gebürtige Rheinpreusse in der Kleiderfärberei von Hermann Hintermeister gearbeitet hatte, sitzt heute sein Urenkel in einem modernen Büro – mit Blick auf den gegenüberliegenden markanten Fa­brik­kamin.

Für den 68-jährigen Max Victor Terlinden sind die poetischen Liebesbekundungen faszinierende Zeugnisse der Familiengeschichte. Die Lektüre der Korrespondenz seines Vorfahren kam indes nicht von ungefähr. «Ich wollte unsere Ursprünge für die Kinder und Enkel dokumentieren», erklärt er und zeigt damit, wie eng Familien- und Firmen­geschichte miteinander verzahnt sind. So bilden seine Kinder, die 34-jährige Pia Sahli-Terlinden und der 37-jährige André Terlinden, bereits die sechste Generation des Unternehmens.

Das Terlinden-Fabrikareal in Küsnacht auf einer Aufnahme aus der Luft anno 1937. Bild: ETH-Bibliothek / Walter Mittelholzer

Einschnitt im Jahr 1998

Die Idee einer Chronik hatte er, als vor gut 17 Jahren das Fabrikgebäude rück- und als Geschäfts- und Gewerbehaus Goldbachcenter wieder neu aufgebaut wurde. Heute hat er dort sein Büro und die Firma ihren Hauptsitz. Der42 Meter hohe Kamin beim umgebauten Kesselhaus und die Form des 75 Meter langen Goldbachcenters sind noch die einzigen äusserlichen Reminiszenzen an die Vergangenheit. An die Zeit, als dort nicht nur Kleider gereinigt, sondern etwa auch Stoffe gefärbt oder Teppiche gewaschen und veredelt wurden.

Und an die Zeit, als die Firma führend in speziellen Verfahren war: etwa im Plissieren, dem dauerhaften Einpressen von Falten in die Stoffe von Kleidern. Oder in der maschinenpatentierten Merzerisation von Baumwolle in Schlauchform für Wäsche und Fixleintücher. Oder in der Produktion von Veloursstoffen oder von Niki-Plüsch.

Neuausrichtung des Betriebs

Dass in den 1990er-Jahren die Globalisierung nicht spurlos an der Firma vorübergehen würde, sei absehbar gewesen, sagt Terlinden. «Wir mussten uns etwas Neues überlegen.» Konkret: Es folgte der Verkauf der Teppichsparte nach Deutschland. Und 1998 die Schliessung der Färberei, nachdem das Unternehmen Calida seine Produktion ins Ausland verlagert hatte – und damit als wichtigster Auftraggeber für den Küsnachter Betrieb wegbrach. «120 Leute zu entlassen, war ­dramatisch», erinnert sich Terlinden.

Das neue Geschäft ist seither die Verwaltung der Büro- und ­Gewerbeflächen des Goldbachcenters sowie die Konzentration auf die Textilpflege. Dieses Geschäftsfeld werde dem Gang der Wirtschaft standhalten, ist Terlinden überzeugt. Es sei keine global auslagerbare, sondern eine lokal gefragte Dienstleistung.

Für alle Interessierten

Für die Niederschrift seiner Firmenchronik ist er gedanklich 150 Jahre zurückgereist, bis zur Färberei von Heinrich Hintermeister. Er hat kistenweise Fotos, Werbematerial, Privatkorrespondenz und mehr durchstöbert. Unterstützt wurde er dabei von der Männedörfler Historikerin Sabine Flaschberger. «Vor sechs Jahren begannen wir damit, die historischen Fakten zu erfassen», erläutert Terlinden. Etappenweise seien diese dann zum nun vorliegenden Buch verarbeitet worden.

«Terlinden. Ein Familienunternehmen im Wandel der Zeit» heisst das mit historischen Fotografien bebilderte Werk. Seit Anfang Jahr ist es erhältlich. Man habe dem Aufwand eine entsprechende Form geben wollen, erklärt Terlinden, warum es nicht bei der geplanten Aufzeichnung allein für die Familie geblieben ist. «Zudem habe ich immer wieder von aussen Interesse an unserer Geschichte vernommen.» Die Festivitäten zum 150-jährigen Bestehen stehen übrigens erst im nächsten Jahr an. Der Bezug auf das Gründerjahr 1868 statt richtigerweise auf 1867 ist ein Kuriosum der Firmengeschichte.

«Terlinden – Ein Familienunternehmen im Wandel der Zeit». Erschienen im Eigenverlag der Terlinden Management AG, 164 Seiten. ­Erhältlich bei der Buchhandlung Wolf in Küsnacht für 39 Franken.