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Tausende Bauarbeiter gehen auf die Strasse

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Nach aussen machen die Gewerkschaft Unia und der Baumeisterverband auf Eskalation. Für morgen Dienstag hat die Unia einen Protesttag in Zürich angekündigt. Bereits am Montagnachmittag demonstrierten Tausende Bauarbeiter im Waadtland. Vergangene Woche protestierten gegen 700 Bauarbeiter in Bern. Im Tessin und in Genf ist es Mitte Oktober ebenfalls zu Kundgebungen gekommen.

Die Bauarbeiter gehen auf die Strasse, weil die Sozialpartner keinen neuen Gesamtarbeitsvertrag vereinbaren konnten. Der aktuell gültige Landesmantelvertrag, wie der Gesamtarbeitsvertrag in der Baubranche heisst, läuft per Ende 2018 aus.

Hinter den Kulissen sieht es aber anders aus. Baumeister und Gewerkschafter haben sich schon im Sommer in vielen Belangen geeinigt. Ein wichtiger Punkt ist der frühzeitige Altersrücktritt. Er erlaubt es den Bauarbeitern, finanziell gut abgesichert mit 60 Jahren in Pension zu gehen.

Kompromiss bei flexibler Rente

Die Arbeitgeber verlangten in den laufenden Verhandlungen, das Rentenalter auf 62 zu erhöhen oder die Renten um einen Drittel zu reduzieren. Die Gewerkschaft lehnte dies ab. Der Kompromiss sieht nun vor, das Rentenalter bei 60 zu belassen. Dafür tragen die Bauarbeiter eine Beitragserhöhung für den flexiblen Altersrücktritt um 0,75 Lohnprozent.

Allerdings legten die Baumeister im September plötzlich neue Forderungen vor. Es geht um die Beschäftigungsdauer für Praktikanten und branchenfremde Bauarbeiter. Bislang galt für diese Angestellten eine Beschäftigungsdauer unter zwei Monaten, um vom Mindestlohn ausgenommen zu werden. Nun verlangen die Baumeister, dass dieser Zeitraum auf vier Monate angehoben wird. Das zeigen Dokumente, die dieser Zeitung vorliegen.

Die Unia ist alarmiert: Wenn für Praktika unter vier Monaten der Mindestlohn nicht mehr geschuldet sei, dann sei dieser faktisch auch für die Entsendebetriebe ausser Kraft gesetzt. Damit gemeint sind ausländische Firmen, die ihre Angestellte vorübergehend in die Schweiz schicken, welche hier Dienstleistungen erbringen.

Bauarbeiter aus dem Ausland können 90 Tage ohne Bewilligung in der Schweiz arbeiten, also weniger als vier Monate. Laut der Unia wäre es in solchen Fällen unmöglich zu kontrollieren, wer «echte» oder «unechte» Praktikanten seien – denn das alleinige Kriterium sei die Anstellungsdauer von unter vier Monaten.

Arbeitnehmer aus dem Ausland, die während einer befristeten Zeit in der Schweiz tätig sind, seien keine Praktikanten, entgegnet der Schweizerische Baumeisterverband. Vielmehr sollen Praktika Ungelernten wie Lehrabbrechern, Studenten und Flüchtlingen einen geordneten Einstieg in die vielschichtigen Tätigkeiten auf dem Bau ermöglichen, «nur schon aus Gründen der Arbeitssicherheit».

Es handle sich deshalb nicht um Lohndumping, vielmehr erlaube ein Praktikum Personen ohne eine Ausbildung eine berufliche Zukunft. Eine Beschäftigungsdauer von neu unter vier Monaten schaffe für Quereinsteiger die Voraussetzung, sich länger als bisher in die Berufswelt der Branche einzuarbeiten.

Die Kontrolle von Praktikanten erfolgt gemäss Baumeisterverband bereits heute über die paritätische Berufskommission, welche den Vollzug des Landesmantelvertrages beaufsichtigt. Auf Anfang 2019 führen die Sozialpartner zudem ein neues digitales Instrument ein, das auf der QR-Code-Technologie basiert.

Neue Runde Ende Woche

Eine weitere Verhandlungsrunde ist für kommenden Freitag vorgesehen. «Wir streben eine Lösung an», sagt Nico Lutz, Leiter Bausektor bei der Unia. Er rechne zum jetzigen Zeitpunkt jedoch mit einem «offenen Resultat». «Die Chancen liegen bei weniger als 50 Prozent, dass wir eine Einigung finden», sagt Lutz.

Beim Schweizerischen Baumeisterverband heisst es, «oberste Priorität» habe ein neuer Landesmantelvertrag, der ab dem 1. Januar 2019 in Kraft tritt. «Es gilt in jedem Fall, einen vertragslosen Zustand zu verhindern», sagt Verbandssprecher Matthias Engel. Die Gewerkschaften seien eingeladen, «konstruktiv zu verhandeln».

Zumindest der Baumeisterverband nimmt geteilt an den weiteren Gesprächen teil. Interne Schreiben zeigen: Mit den Westschweizer Baufirmen Maulini in Genf und Facchinetti aus Neuenburg stellen sich zwei Mitglieder gegen die Verhandlungsposition ihrer Dachorganisation.

Beide Unternehmen stören sich an der Haltung des Verbands bei der flexiblen Arbeitszeit. Er will die Anzahl Stunden erhöhen, welche die Baufirmen ohne Auszahlung auf den Zeitzähler übertragen können. Maulini und Facchinetti wollen am bisherigen Zustand festhalten.