Umstrittene SuizidkapselSarco-Chef nach erstem Einsatz aus U-Haft entlassen
Der Co-Präsident von «The Last Resort» ist nach 10 Wochen wieder auf freiem Fuss. Doch das Verfahren gegen ihn läuft weiter. Auch der Tatverdacht der versuchten Tötung ist nicht vom Tisch.

Just am selben Tag, als Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider die Suizidkapsel Sarco für rechtswidrig erklärte, starb im Kanton Schaffhausen erstmals eine Person in der umstrittenen Kapsel. Noch am selben Tag wurde Florian Willet, der Präsident der Organisation «The Last Resort», in Merishausen SH gemeinsam mit drei weiteren Anwesenden verhaftet. Während die anderen drei, zwei Anwälte und eine niederländische Fotografin, kurz darauf wieder freikamen, sass Willet während rund zehn Wochen in Untersuchungshaft. Bis heute. Wie die Schaffhauser Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, wurde Willet am Nachmittag aus der U-Haft entlassen.
Doch das Verfahren läuft weiter, wie der Erste Staatsanwaltschaft, Peter Sticher, auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt. Im Zentrum steht der Verdacht der Verleitung und Beihilfe zum Suizid, was gemäss Artikel 115 des Strafgesetzbuches mit einer Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden kann.
Dass Willet jedoch so lange in Untersuchungshaft sass, lag am zweiten Tatverdacht der vorsätzlichen Tötung. Den Verdacht publik gemacht hat die niederländische Zeitung «Volkskrant», deren Fotografin am besagten Tag der ersten Anwendung vor Ort war. Wie die Zeitung Ende Oktober berichtete, soll ein Forensiker die Staatsanwaltschaft nach einer ersten Obduktion telefonisch darüber informiert haben, dass am Nacken der Frau Verletzungen vorgefunden wurden. Weshalb nicht ausgeschlossen werden könne, dass sie erwürgt worden sei.
Nun bestätigt die Staatsanwaltschaft erstmals, dass sie wegen des Verdachts ermittelt. Weil dieser zweimal durch das Zwangsmassnahmengericht bestätigt wurde, behielt man Willet weiterhin in Untersuchungshaft. Mittlerweile ist der Tatverdacht aber «nicht mehr dringend», wie Sticher sagt. Was jedoch nicht heisst, dass der Verdacht vom Tisch ist.
Was aus diesem angeblichen Würge-Verdacht wurde, will die Staatsanwaltschaft nicht kommentieren. Noch fehle der Obduktionsbericht des Instituts für Rechtsmedizin des Kantons Zürich. Die Sarco-Verantwortlichen bezeichneten den Verdacht in den letzten Wochen mehrfach als «lächerlich» und «absurd». Nicht zuletzt, weil die erste Sarco-Anwendung gefilmt wurde – und darauf ersichtlich sei, dass die sterbewillige Frau eigenständig in der Kapsel aus dem Leben geschieden sei.
Sarco-Erfinder Philip Nitschke verschickte am späten Nachmittag eine Mitteilung, in der er die Freilassung begrüsste. Es falle ihm aber schwer, «die sehr harte Art und Weise zu verstehen», wie Florian Willet behandelt worden sei. Man sei nach wie vor der Ansicht, dass der erste Sarco-Einsatz nicht gegen Schweizer Recht verstossen habe.
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