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TV-Kritik «Tatort»
Baller­männer und Baller­frauen

Drei Personen in lässiger Kleidung stehen mit ernstem Gesichtsausdruck vor einem geöffneten Transporter an einem sonnigen Tag.
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Der Tatort aus Saarbrücken erzählt genau genommen seit Jahren eine Geschichte über zwei Männer, die sich schon immer kennen – zwei, die im Arbeitsleben Hauptkommissare, im Herzen aber Desperados sind. Denn Hölzer (Vladimir Burlakov) hat als Teenager den Mann ins Koma gehauen, der Schürk (Daniel Strässer) nachhaltig quälte: Schürks Verbrechervater. Eine Geschichte zwischen wuchtig und gefühlszart – und die Antwort auf die Frage, ob der versuchte Vatermord Männer zu Brüdern macht, die biologisch keine sind: eindeutig Ja.

Kein anderer «Tatort» hat sich das Erzählen nach Art einer Serie so zu eigen gemacht und seine Ermittler so zum Kern der Sache. Prima wäre ein Intro, das zeigt, was bisher geschah, denn wer sich nicht auskennt in der Schürk-Hölzer-Saga, ist schnell verloren.

Noch dazu ist der «Tatort» aus Saarbrücken sozusagen eine ganz besonders langsame Serie, denn er kommt nur einmal im Jahr. Vermutlich ist das der Hauptgrund dafür, dass die neue Folge «Das Ende der Nacht» mit einem so brutalen Cliffhanger endet, dass den Saarländischen Rundfunk schon besorgte Anfragen erreichen, wer denn nun alles tot sei oder aus dem Team ausscheidet. Antwort sinngemäss: Hey, ganz ruhig, es ist einfach nur ein Cliffhanger. Ja, die Spannung muss bis nächsten Januar halten.

Es gibt viel zu viele Storys in diesem «Tatort»

Ziemlich geschickt ist in der neuen Episode, wie sie Schürks Drama vom Sohn mit Gangstervater anreichert: mit dem Drama einer Tochter und ihrer Gangstermutter. Carla Radek, die im Saar-Gourmet-Imbiss Lyoner auf Brötchen legt, ist das von den Eltern früh verlassene Kind zweier Topverbrecher. «Ich glaube nicht, dass sie mich nicht geliebt haben», sagt sie. «Sie haben halt nur sich mehr geliebt». Carla – stark: Lena Urzendowsky – wird sich radikal selbst befreien in diesem Krimi, und zwar äusserst überraschend und gefährlich.

Zwei Frauen stehen sich im Freien gegenüber, eine in einer braunen Lederjacke, die andere in einem dunklen Mantel. Im Hintergrund ist ein Fahrzeug mit Tarnnetz sichtbar.

Wie in einer richtig langen Serie gibt es extrem viele Storys – die Ehe des Fahrers vom Geldtransport, geklauter Sprengstoff, eine Liaison in Frankreich, noch mehr verlassene Kinder, Schürk und seine Mutter. Es ist viel zu voll!

Die beiden Hauptkommissarinnen Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) und Esther Baumann (Brigitte Urhausen), die es ja auch noch gibt, kriegen trotzdem nicht annähernd die Schicksalstiefe der saucoolen männlichen Ermittler. Immerhin reicht es zur angehenden Tablettensucht, und einmal tanzen Heinrich und Schürk in der Morgendämmerung Walzer in einem wadentiefen Brunnen. Das gibt ein paar wacklige, verspielte Bilder, ein bisschen wie im Indie-Film und ein bisschen wie in Werbung für Jeans oder Geldanlagen für junge Leute.

So vieles funktioniert in diesem «Tatort» überhaupt nicht, aber der innere Gefühlskommissar sagt: Sympathie für Saarbrücken.