Swiss-Rettung1,9 Milliarden für die Schweizer Luftfahrt
Geld und Jobs müssen in der Schweiz bleiben, Dividenden dürfen keine ausgeschüttet werden: Nur so beteiligt sich der Bund an der Rettung der Airlines.
Fluggesellschaften wie die Swiss und Edelweiss sowie flugnahe Betriebe sollen in der Corona-Krise Staatshilfen erhalten. Der Bundesrat beantragt dem Parlament Verpflichtungskredite von insgesamt knapp 1,9 Milliarden Franken. Die Gelder sind an Bedingungen geknüpft.
Vielen Airlines geht das Geld aus, ihre Flotten sind teilweise ganz gegroundet. Die Flugbewegungen auf den Schweizer Landesflughäfen sind fast vollständig zum Erliegen gekommen. Vor allem die Airlines Swiss und Edelweiss sind betroffen. Der Liquiditätsbedarf von Swiss und Edelweiss wird bis Ende 2020 auf rund 1,5 Milliarden Franken geschätzt.
Kein Aktienkauf
Sie sollen nun Staatsgarantien erhalten. Es soll jedoch kein Geld fliessen, bevor sich das Parlament zur Idee geäussert hat. «Der Bund gibt nicht selber Geld, er bürgt für die Fluggesellschaften, damit sie einfacher an Kredite kommen», sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga am Mittwoch vor den Medien. 85 Prozent der in Anspruch genommenen Mittel, maximal aber 1,275 Milliarden Franken, sollen durch Garantien des Bundes gesichert werden.
Eine Kapitalbeteiligung an der Swiss oder an Edelweiss wird laut dem Bundesrat nicht angestrebt. Der Erfolg von Swiss und Edelweiss sei im Wesentlichen mit der starken Integration in die Lufthansa-Gruppe verbunden. Allerdings werden die Darlehen durch Aktien von Swiss und Edelweiss abgesichert.
Asiatische Firmen nicht berechtigt
Keinen Anspruch auf Schweizer Staatshilfen hat die Fluggesellschaft Easyjet Switzerland. «Sie sollte den Liquiditätsbedarf durch seinen Mutterkonzern decken können», schreibt der Bundesrat. Die Voraussetzungen für Bundesunterstützung seien zum heutigen Zeitpunkt somit nicht gegeben. Mit einem Umsatzvolumen unter 500 Millionen Franken habe Easyjet Switzerland zudem die Möglichkeit, einen Covid-Überbrückungskredit zu beantragen.
Auch die aktuellen Unternehmensstrukturen von Swissport und Gategroup liessen eine finanzielle Unterstützung des Bundes nach den festgelegten Bedingungen noch nicht zu, schreibt der Bundesrat. Die Betriebe sind weltweit tätig und mehrheitlich im Besitz asiatischer Investoren. Bei SR Technics könnten die notwendigen Sicherheiten für allfällige Darlehen dagegen grundsätzlich aufgebracht werden.
«Das Geld muss in der Schweiz bleiben.»
Es sei nun an den Landesflughäfen, Auffangstrukturen vorzubereiten. Deren konkrete Ausgestaltung und die finanzielle Lastenteilung müsse in Gesprächen mit den Flughäfen und Standortkantonen noch konkretisiert werden. Bei Bedarf sollen die flugnahen Betriebe bis zu 600 Millionen Franken erhalten. Dafür muss noch das Luftfahrtgesetz angepasst werden. Die Gesetzesänderung soll nächste Woche vom Parlament in der Sondersession im dringlichen Verfahren beraten werden.
Für alle gelten strenge Bedingungen: «Das Geld muss in der Schweiz bleiben, es dürfen keine Dividenden ausgeschüttet werden und wir brauchen von den Betroffenen Standortgarantien», sagte Sommaruga. Die Jobs und das Geld müssten in der Schweiz eingesetzt werden.
Die Umweltministerin machte zudem klar, dass die Klimaziele des Bundesrats weiterhin gälten. Auch die Luftfahrt muss dazu beitragen.» Konkretere Bedingungen stellt der Bundesrat den Fluggesellschaften aber in Sachen Klima nicht.
Generell gilt: Die öffentliche Hand wird nur subsidiär tätig. In erster Linie sind die Unternehmen und deren Eigentümer gefordert, alle vertretbaren Massnahmen umzusetzen, wie der Bundesrat in einer Mitteilung schreibt.
«Der Bundesrat schützt mit seinem Entscheid eine kritische Infrastruktur»
«Der Bundesrat schützt mit seinem Entscheid eine kritische Infrastruktur», sagte Sommaruga. Die internationale Anbindung sei für die Schweiz enorm wichtig. Mehr als ein Drittel der Exporte verlassen das Land per Flugzeug, mehr als ein Sechstel der Importe kommen mittels Luftfracht in der Schweiz an.
Gemäss aktuellem Luftfahrtgesetz kann der Bund der schweizerischen Luftfahrt an den Betrieb regelmässig beflogener Linien Beiträge oder Darlehen gewähren. Der Bund kann sich an Flugplatz- oder Luftverkehrsunternehmungen beteiligen, wenn dies im allgemeinen Interesse liegt.
Die Reaktion von Easyjet
Nachdem Easyjet Switzerland keine Staatshilfe aus Bern erhalten hat, fordert der Billigflieger vom Bund Massnahmen zur Stimulierung der Nachfrage, auch wenn die Coronapandemie einmal überwunden ist. Unter anderem sollen luftfahrtbezogene Steuern vorübergehend ausgesetzt oder Flughafengebühren gesenkt werden, schrieb Easyjet am Mittwochabend in einer Stellungnahme.
Mit solchen Massnahmen solle die Luftverkehrsanbindung der Schweiz gesichert werden. Easyjet werde den Austausch mit der Schweizer Regierung weiter fortführen, um sicherzugehen, dass faire Wettbewerbsbedingungen für alle Fluggesellschaften gewährleistet seien, hiess es. Easyjet Switzerland sei ein Schweizer Unternehmen, das an seinen beiden Standorten in Genf und Basel 1'000 Mitarbeitende mit Schweizer Verträgen beschäftige.
Swiss und Edelweiss sind dankbar für finanzielle Hilfe des Bundes
Die Swiss und ihre Schwesterairline Edelweiss sind über die finanzielle Hilfe des Bundes erfreut. Die beiden Fluggesellschaften seien froh darüber, dass die innert kürzester Zeit mit dem Staat und dem Bankenkonsortium ausgehandelte finanzielle Unterstützung demnächst dem Parlament zur Genehmigung beantragt werde.
Die Kredite würden von einem Konsortium Schweizer Banken zu marktüblichen Konditionen gewährt und hätten eine Laufzeit von bis zu fünf Jahren, erklärte die Konzernmutter Lufthansa. Sie würden durch Aktien der Swiss und der Edelweiss, die von der Deutschen Lufthansa AG gehalten werden, abgesichert. Der Vorstand und das Präsidium des Aufsichtsrats der Deutschen Lufthansa AG hätten der Finanzierungsmassnahme in ihren heutigen Sitzungen zugestimmt.
Die Swiss zeigte sich in ihrem Kommentar zudem solidarisch mit den flugnahen Betrieben. Der für sie beantragte Kredit würde es der Schweizer Luftfahrt ermöglichen, die volkswirtschaftlich bedeutende Anbindung der Schweiz an die Welt wiederaufzunehmen, schrieb sie.
Flughafen Zürich begrüsst Hilfe für flughafennahe Betriebe
Der Flughafen Zürich begrüsst es sehr, dass der Bundesrat nebst den Fluggesellschaften auch flughafennahe Betriebe unterstützen will. Das teilte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Nur so könne verhindert werden, dass aus dieser temporären Krise kein struktureller Schaden entstehe. Die wirtschaftlichen Folgen seien schwerwiegend für die ganze Luftfahrt: für Flughäfen, Airlines, aber auch für alle Partner, die am Flughafen tätig sind.
Die Luftfahrt funktioniere nur als Gesamtsystem, zu dem auch die Bodenabfertigungsdienste, Frachtdienstleister und Cateringunternehmen gehörten. Bei allen diesen Firmen seien die Erträge vollständig eingebrochen, hiess es beim Flughafen Zürich.
«Die Schweizer Luftfahrt wird die Überbrückungshilfe wieder an den Bund zurückzahlen können.»
Auch der Dachverband der schweizerischen Luft- und Raumfahrt Aerosuisse begrüsst die finanziellen Hilfen des Bundesrates für die Luftfahrtbranche. Nur so könne ein Neustart nach der Coronakrise wieder gelingen, schrieb Aerosuisse am Mittwoch in einer Mitteilung.
Die finanzielle Hilfe, die der Bund für die Schweizer Fluggesellschaften, die Flugsicherung und die Bodenabfertigungsdienstleister beschlossen habe, sei für einen Neustart des schweizerischen Luftfahrtsystems entscheidend, erklärte Aerosuisse-Präsident und Nationalrat Thomas Hurter in der Mitteilung. Eine intakte Luftfahrt sei für die Schweiz systemrelevant.
Auch dass die Kredite an Auflagen gebunden sind, beurteilt der Verband positiv. Die Schweizer Luftfahrt sei vor der Coronakrise äusserst gesund gewesen, erklärte Hurter: «Deshalb wird sie auch in der Lage sein, nach einem erfolgreichen Neustart die Überbrückungshilfe an den Bund wieder zurückzahlen zu können.»
Staatliche Hilfsprogramme und Beihilfen seien dabei ein wichtiger Pfeiler. «Parallel dazu arbeiten wir mit unseren Kreditgebern und Investoren an zusätzlichen Finanzierungen. Wir sind zuversichtlich, dass wir in der Lage sein werden, innerhalb des verfügbaren Zeitrahmens die notwendige Liquidität zu beschaffen.»
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