Erste UntersuchungsergebnisseSwiss-Flug mit Todesfolge: Ein Triebwerk versagte auf 12'000 Metern «plötzlich und unerwartet»
Der Flugzeugtyp, der in Graz notlanden musste, macht der Swiss immer mal wieder Probleme. Nun müssen die Triebwerke in den USA untersucht werden.
- Ein Swiss-Flugzeug musste wegen Triebwerksausfall in Graz notlanden.
- Das Triebwerk fiel in der Luft aus unbekannten Gründen aus. Es wird nun zur Analyse in die USA verfrachtet.
- Probleme mit A220-Triebwerken sind seit 2014 bekannt.
- Die Schutzausrüstung der Crew wird ebenfalls auf mögliche Mängel untersucht.
Die Notlandung eines Swiss-Fluges am 23. Dezember wirft viele Fragen auf. Beim Rückflug des Airbus 220-300 aus Bukarest kam es zu einem Triebwerksproblem sowie heftiger Rauchentwicklung in Cockpit und Kabine, weshalb die Maschine in Graz notlanden musste. Sämtliche Passagiere und die Crew konnten evakuiert werden. Rettungskräfte brachten indes zwei Flugbegleiter ins Spital. Einer von ihnen verstarb eine Woche nach dem Vorfall im Spital.
Über Hintergründe des Vorfalles konnte die Swiss bisher noch keine Stellung nehmen, da die zuständigen Behörden ermitteln. Aus einer internen Mitteilung, die dieser Redaktion vorliegt, geht nun hervor, dass ein Triebwerk «plötzlich und unerwartet» auf Flightlevel 400 versagte. Gemäss dem Fachmagazin «Aerotelegraph», das zuerst über den Vorfall berichtete, entspricht dies einer Flughöhe von 40’000 Fuss oder rund 12’000 Metern. Die Piloten reagierten schnell und konnten so das Flugzeug nach 18 Minuten in Graz notlanden.
Was genau zum Triebwerksausfall geführt hatte, sei jedoch noch nicht bekannt. Erste Analysen würden auf ein «unbekanntes Fehlerbild» hinweisen. Das Triebwerk werde deshalb in Graz vom Flugzeug abmontiert und anschliessend in die Vereinigten Staaten verfrachtet, wo es Untersuchungsbehörden und der Hersteller Pratt & Whitney analysieren würden. Behörden und Hersteller hätten der Swiss mitgeteilt, dass «kein grundsätzliches, sicherheitsrelevantes Problem vorliegt.»
Triebwerksprobleme bei Airbus A220 seit 2014
Probleme mit den Triebwerken der Airbus A220 sind aber schon länger bekannt. Bei den Modellen handelte es sich ursprünglich um Flieger der kanadischen Firma Bombardier. Die Swiss hatte 2009 für über eine Milliarde Franken 30 Maschinen des Typs C-Series bestellt, um die sogenannten «Jumbolino» zu ersetzen. Eigentlich sollten diese bereits ab 2014 für die Swiss fliegen. Produktionsprobleme beim Triebwerkhersteller Pratt & Whitney sorgten jedoch für Verzögerungen: Bei einem Test hatten sich Teile des Triebwerks gelöst und den Flugzeugrumpf beschädigt. Trotz Kinderkrankheiten wurde das erste Flugzeug 2016 nach Zürich geliefert. Kurz darauf kaufte Airbus Bombardier den Flugzeugtyp ab, und aus der «C-Series» wurde der «A220».
Die Probleme waren damit aber nicht behoben. Für die Swiss fingen die Schwierigkeiten im September 2018 erst richtig an: Ein A220 musste auf dem Weg von Stockholm nach Zürich wegen zu niedrigem Öldruck ein Triebwerk abschalten. Einen Monat später war ein Flug von Paris nach Zürich betroffen. Ende 2018 teilte die Swiss mit, dass sämtliche Triebwerke der A220 von Zürich nach Montreal in die Reparatur verfrachtet werden mussten. Grund dafür waren vorzeitige Verschleisserscheinungen. Diese wurden damals aber als nicht sicherheitsrelevant eingestuft.
Nach weiteren Vorfällen bei der Swiss und auch anderen Fluggesellschaften wurde die amerikanische Luftfahrtbehörde auf die Vorfälle aufmerksam. Betreiber wurden angewiesen, die Triebwerke regelmässig auf Öl-Lecks zu überprüfen, wie sie beim Swiss-Flug von Stockholm vorgekommen waren.
Hundert Swiss-Flüge gestrichen
Nach einer weiteren Panne im September 2019 entschloss sich die Swiss, die Bremse zu ziehen. Bei einem Flug nach London sprühten Funken aus dem Triebwerk eines A220, weshalb das Flugzeug kurz nach dem Start nach Genf zurückkehren musste. Die Swiss unterzog daraufhin die gesamte Flotte, insgesamt 29 Jets, einer mehrstündigen Kontrolle. Es kam zu Verzögerungen und Annullationen. 100 Flüge wurden gestrichen, 10’000 Passagiere waren betroffen.
Nach dem Grounding von 2019 hielten sich die Zwischenfälle in Grenzen. Weil die Triebwerke aber ständig ausgetauscht werden mussten, blieben 2023 zeitweise sechs bis acht A220 der Swiss auf dem Boden.
Auch Schutzanzüge werden kontrolliert
Wie dem internen Memo zu entnehmen ist, untersucht die Swiss nun auch mögliche Zusammenhänge mit der Schutzausrüstung, welche die Kabinencrew bei einem Notfall an Bord anzieht. Das sogenannte Protective Breathing Equipment (PBE) ist eine Haube mit einer integrierten Maske, die über dem Kopf getragen wird und die Crew von Rauch schützt und mit Sauerstoff versorgt. Bereits im Oktober 2023 hatte die Swiss bekannt gegeben, dass sie die Schutzausrüstung austauschen werde. Obwohl diese zertifiziert war, wies sie Fehler auf. Ob dies aber tatsächlich zum Gesundheitszustand des verstorbenen Crewmitglieds geführt hatte, ist derzeit Spekulation.
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