Berg-Karabach-KonfliktSwiss-Maschinen fliegen wegen Krieg Spitzkehren
Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbeidschan um Berg-Karabach ist plötzlich heiss. Darum umfliegt die Swiss auf ihren Flügen von und nach Asien das Gebiet.
Solche scharfen Manöver fliegen Swiss-Maschinen sonst nur kurz nach dem Start oder im Landeanflug: Mitten im Flug von Singapur und Zürich drehte eine Boeing 777 der Swiss am Dienstag über dem Kaspischen Meer um 90 Grad nach Norden, flog eine 180-Grad-Kurve und bog wieder nach Westen ab. Das zeigen Aufzeichnungen der Tracking-App Flightradar24.
Der Grund für die Manöver ist Krieg. Die Swiss will vermeiden, dass ihre Maschinen unabsichtlich von einem Geschoss aus dem Konfliktgebiet getroffen werden. In diesem Fall sind das die Lufträume Armeniens und Aserbeidschans. Die Swiss umflog sie am Dienstag nordwärts über den kleinen Zipfel Russlands, der Georgien vom Kaspischen Meer trennt. Die scharfen Kurven dürften dazu gedient haben, das Flugzeug auf eine neue Luftstrasse zu steuern.
In der schwersten Eskalation seit Jahrzehnten ist diese Woche der Konflikt zwischen Armenien und Berg-Karabach um die Region Berg-Karabach wieder ausgebrochen. Auf beiden Seiten soll es seit Sonntag Dutzende Tote gegeben haben, darunter zahlreiche Zivilisten. Zudem wirft die armenische Regierung der Regionalmacht Türkei vor, ein armenisches Kampfflugzeug abgeschossen zu haben.
Umweg über Russland
Vor diesem Hintergrund hat die Lufthansa-Gruppe entschieden, ab Dienstag keine Flüge mehr über Aserbeidschan und Armenien zu führen, wie ein Swiss-Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung bestätigt. «Derzeit werden die Flüge von Swiss aus Indien und Südostasien entweder über Saudiarabien oder Russland geführt», schreibt er weiter. «Die Lage wird kommenden Montag neu beurteilt.»
Normalerweise überfliegen Maschinen aus Indien oder Südostasien das Kaspische Meer, fliegen rund eine halbe Stunde über den Norden Aserbeidschans und treten dann in den Luftraum Georgiens ein – oder halt das Gleiche in die andere Richtung.
Die Gefahr für einen versehentlichen Abschuss einer zivilen Maschine dürfte sehr klein sein. Aber das dachte man auch vor der Katastrophe des Malaysian-Airline-Flugs, der im Sommer 2014 über der Ostukraine wohl von prorussischen Separatisten abgeschossen wurde. Gleich war es im Januar 2020, als die Revolutionsgarden des Iran es fertigbrachten, bei einem Angriff auf US-Stützpunkte im Irak eine eben in Teheran gestartete Passagiermaschine von Ukraine International abzuschiessen. Vor diesem Hintergrund dürften die Passagiere auf den Swiss-Flügen den Umweg und die Spitzkehren auf Reiseflughöhe gerne in Kauf nehmen.
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