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Reaktionen auf Verhandlungsabbruch
SVP feiert «Sieg für die Selbstbestimmung», Grüne beklagen «Scherbenhaufen»

Da wurde noch verhandelt: Ursula Von der Leyen mit Guy Parmelin in Brüssel am 23. April 2021. 
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Die ersten Reaktionen auf den Abbruch der Verhandlungen mit der EU über ein Rahmenabkommen sind von der Sorge um die Weiterführung des bilateralen Wegs geprägt. Die SVP jubiliert und der Gewerkschaftsbund freut sich darüber, dass der Lohnschutz weiter gewährt bleibt.

Die SVP schreibt von einem Sieg für die Selbstbestimmung und die direkte Demokratie der Schweiz. Gegenüber der EU müsse klar kommuniziert werden, dass es kein Abkommen mit automatischer Rechtsübernahme und EU-Gerichtsbarkeit gebe. Auch dürfe die Kohäsionsmilliarde nicht bezahlt werden, solange die EU die Schweiz diskriminiere.

Für die SP ist es schade, dass der Bundesrat nicht ernsthaft alternative Wege geprüft hat. Jetzt müssten alle konstruktiven Kräfte zusammen an einer Europapolitik mit Perspektive arbeiten. Die dynamische Rechtsübernahme – und damit die faktische Passivmitgliedschaft der Schweiz in der EU – ohne politische Beteiligung an den entsprechenden Entscheiden sei aus demokratiepolitischer Perspektive problematisch. Die Frage nach Beitrittsverhandlungen dürfe kein Tabu sein.

Für die Mitte gilt es nun, die unnötig destabilisierte Sozialpartnerschaft wieder zu stärken. Die Partei sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, um rasch gangbare Lösungen für die betroffenen Branchen und eine Perspektive für die bilateralen Beziehungen zur EU zu entwickeln.

Die FDP reagiert mit Bedauern und Besorgnis auf den Abbruch der Verhandlungen. Es müssten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die negativen Folgen der Beendigung der Verhandlungen wo möglich zu verhindern oder zumindest abzufedern. Angesichts der Bedeutung der bilateralen Beziehungen stehe der gesamte Bundesrat in der Verantwortung, möglichst rasch ernsthafte Vorschläge zu präsentieren, wie der Wohlstand der Schweiz gesichert und der bilaterale Weg weiterentwickelt werden könne.

Scherbenhaufen oder Fehlentscheid

Die Grünen kritisieren den Verhandlungsabbruch. Eine Einigung mit materiellem Erhalt des Lohnschutzes wäre möglich gewesen, schreibt Parteipräsident Balthasar Glättli (ZH) im Kurznachrichtendienst Twitter. Der Bundesrat habe es verpasst, die damalige Koalition für die Bilateralen zu erneuern. Bundesrat Ignazio Cassis habe mit dem Rahmenabkommen den Lohnschutz schwächen wollen. Diese Fehler hätten zum heutigen Scherbenhaufen geführt.

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Der Präsident der Grünliberalen, Jürg Grossen, schreibt auf Twitter von einem historischen Fehlentscheid des Bundesrates. Er breche die Verhandlungen mit der EU ab, ohne einen angemessen Plan für die Zukunft. Es sei nicht akzeptabel, dass der Bundesrat dieses zentrale Dossier ohne Einbezug des Parlaments nicht mehr weiterverfolgen wolle.

Für die Kantone bleiben stabile Beziehungen mit der EU von grösster Bedeutung. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) will sich deshalb mit Nachdruck dafür einsetzen, dass an den bestehenden bilateralen Verträgen festgehalten wird. In Ergänzung dazu müsse die Schweiz aber auch ihre Handelsbeziehungen mit anderen Ländern ausserhalb der EU weiterführen und ausbauen.

Bedauern bei der Wirtschaft

Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse äussert Bedauern darüber, dass kein einvernehmliches Ergebnis erzielt wurde. Nun liege es am Bundesrat, den bilateralen Weg zu stabilisieren und den Schaden zu minimieren. Wo die Erosion bilateraler Abkommen zu absehbaren Nachteilen für den Wirtschaftsstandort führe, brauche es gezielte Massnahmen zur Abfederung der Schäden.

Die Schweiz müsse ihre Europapolitik auf die Sicherung der bilateralen Verträge ausrichten, um den Schaden mit der EU abzuwenden, fordert auch der Schweizerische Arbeitgeberverband. Daneben müsse der Zugang zu Märkten ausserhalb der EU verbessert und innerhalb der Schweiz ein Revitalisierungsprogramm gestartet werden.

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) wertet den Verzicht des Bundesrats als Akt der Vernunft. Der vorliegende Vertragsentwurf sei zu viele Konzessionen eingegangen und nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft zu erhalten. Begrüsst wird der Wille, das Verhältnis mit der EU weiterzupflegen und die bilaterale Zusammenarbeit zu sichern.

Die Handelskammer Deutschland-Schweiz spricht von einem bedauerlichen Rückschritt in den Beziehungen der Schweiz zur EU. Planungsunsicherheit und höhere administrative Kosten für die Aussenwirtschaft müssten jetzt vermieden werden.

Reformen im Inland gefordert

Swissmem äussert sich enttäuscht über den Entscheid des Bundesrats. Mit dem Verhandlungsabbruch werde keines der bestehenden Probleme mit der EU gelöst. Stattdessen gefährde dieser Schritt mittelfristig den bilateralen Weg der Schweiz. Gefordert wird vom Bundesrat, die negative Wirkung seines Entscheids durch Reformen im Inland zu mildern.

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Die Schweizerische Bankiervereinigung hat sich für eine Sicherung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs ausgesprochen. Auch für die Schweizer Banken sei ein sicheres und stabiles Verhältnis zur EU als wichtigsten Wirtschaftspartner der Schweiz unabdingbar.

Chemie Pharma Life Sciences äussert sich enttäuscht, bedauert den Abbruch der Verhandlungen und fordert Massnahmen zur Sicherung des bilateralen Wegs. Denn die bestehenden Abkommen seien ein wichtiger Standortfaktor ohne Aussicht auf eine gleichwertige Alternative.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) begrüsst den Entscheid des Bundesrates, der den eigenständigen Lohnschutz gewährleistet. Die Bilateralen Verträge seien aber für die Arbeitnehmenden wichtig. Eine Eskalation durch die Schweiz oder die EU-Kommission sei unerwünscht. Die Schweiz solle daher die Kohäsionsmilliarde baldmöglichst freigeben.

Volksinitiative wird geprüft

Die Europäische Bewegung Schweiz äussert sich schockiert und entsetzt über den Bundesratsentscheid. Er bedeute das Ende des bilateralen Wegs. Die Bewegung erwägt die Lancierung einer Volksinitiative zur Sicherung der europäischen Integration der Schweiz

Für Operation Libero verweigert sich der Bundesrat einer grundsätzlichen Europadebatte und setze die Schweiz damit wissentlich und ohne einen Ausweg zu haben, erheblichen Nachteilen aus. Wenn es keine Abstimmung über das Rahmenabkommen gebe, dann müsse es eine andere Abstimmung über den Platz der Schweiz in Europa geben.

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Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) begrüsst den Abbruch der Verhandlungen und dankt dem Bundesrat «für diesen mutigen und zukunftsgerichteten Entscheid». Begrüsst werde die Initiative von Aussenminister Ignazio Cassis, den politischen Dialog mit der EU aufzunehmen und die Zusammenarbeit mittels bilateraler Abkommen im gegenseitigen Interesse fortzusetzen.

EU-Abgeordnete kritisieren die Schweiz

EU-Parlamentarier haben am Mittwoch den Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen durch die Schweiz kritisiert.

Andreas Schwab, Vorsitzender der Delegation des EU-Parlaments für die Schweiz, schrieb in einer Mitteilung: «Die Entscheidung des Schweizer Bundesrates richtet beträchtlichen Flurschaden an.»

Einige in der Schweiz hätten zu lange darauf spekuliert, «der Brexit werde ihre Verhandlungsposition stärken», schreibt der konservative Deutsche in einer Mitteilung. Doch die offenen Fragen im Verhältnis Schweiz-EU würden bleiben: «Kein Problem wird mit einer Ablehnung des Rahmenabkommens gelöst.»

Sven Giegold, ebenfalls Mitglied der Delegation des EU-Parlaments zur Schweiz, zeigte sich in einer Mitteilung ebenfalls kritisch: «Das ist ein schlechter Tag für den europäischen Binnenmarkt. Der Abbruch der Verhandlungen löst kein einziges Problem.» Es sei sehr bedauerlich, dass die Modernisierung der bilateralen Verträge vorerst gescheitert sei.

Der Grünen-Politiker Giegold aus Deutschland rief nun beide Seiten dazu auf, «eine weitere Eskalation von gegenseitigen Sanktionen und Behinderungen zu verhindern».

Schwab seinerseits betonte, die EU werde «immer mit der Schweiz weiterverhandeln». Dies sei im Interesse der Bürger, «die morgens aus Frankreich nach Genf fahren, um dort im Kantonsspital wertvolle Arbeit zu leisten, oder für die Bewohner von Basel, die abends in Deutschland steuerfrei Lebensmittel einkaufen, weil sie sich diese in der Schweiz kaum mehr leisten können».

SDA