Schutz vor MutationSüdafrika stoppt Corona-Impfung
Die Regierung misstraut dem Vakzin von AstraZeneca. Der Impfstoff soll nur minimalen Schutz gegen die südafrikanische Covid-Variante bieten.
Erst am vergangenen Montag waren eine Million Dosen des Impfstoffes von AstraZeneca in Südafrika eingetroffen, in den kommenden Tagen sollte mit der Impfung von Ärzten und Pflegern im Gesundheitswesen begonnen werden. Am Sonntagabend verkündete der südafrikanische Gesundheitsminister Zweli Mkhize jedoch den Stopp der Impfkampagne, bevor sie begonnen hatte. «Es ist ein vorläufiger Stopp, bis wir wissen, was die nächsten Schritte sein sollten», sagte Mkhize.
Zuvor hatte die Universität Witwatersrand in Johannesburg eine Studie herausgegeben. Demnach liefert der von AstraZeneca und der Universität Oxford entwickelte Impfstoff nur «minimalen Schutz» gegen milde Verläufe der südafrikanische Variante von Sars-CoV-2, die als B.1.351 bekannt ist. Sie ist in Südafrika bereits für 90 Prozent der Infektionen verantwortlich und breitet sich weltweit aus. «Das sind grösstenteils schlechte Nachrichten», sagte Shabir Madhi, der Leiter der Studie, die allerdings noch nicht begutachtet wurde. Darin findet sich auch keine Aussage darüber, inwieweit schwere oder tödliche Verläufe bei geimpften Personen möglich sind, da nur eine relativ kleine Gruppe von jüngeren Probanden untersucht wurde.
Zweite Generation Impfstoffe
Shabir Madhi von der Universität Witwatersrand wies hingegen darauf hin, dass Studien von Johnson & Johnson in Südafrika ebenfalls ergeben hätten, dass deren Impfstoff bei moderaten Verläufen ebenfalls weniger wirksam sei, aber dennoch zuverlässig vor Klinikeinweisungen oder tödlichen Verläufen schütze. Da der Impfstoff von Johnson & Johnson eine ähnliche Struktur aufweise, vermuten Forscher der Universität Oxford weiterhin, dass ihr Wirkstoff auch vor schweren Verläufen schütze. Allerdings kündigte die Universität an, bereits an einer zweiten Generation von Impfstoffen zu arbeiten, die eine effektivere Antwort auf die neuen Mutationen geben soll, falls dies notwendig werden sollte.
Angaben zur Wirksamkeit der Impfstoffe täuschen über grosse Unterschiede in der Qualität der Vakzine hinweg. Bisherige Studiendaten zu den derzeit verfügbaren oder vor der Zulassung stehenden Impfstoffen weisen darauf hin, dass sie gut vor schweren Verläufen schützen, auch wenn die Wirksamkeit gegen milde Verläufe mässig ausfällt. Die Unterschiede sind in den verschiedenen Reaktionen des Immunsystems auf die Impfung begründet – bei grösserer Gefahr mobilisiert es womöglich mehr Abwehrkräfte.
«Es ist weiterhin wahrscheinlich, dass der Impfstoff von AstraZeneca auch gegen schwere Verläufe dieser Variante wirksam ist.»
Charité-Virologe Christian Drosten hatte vor Tagen gewarnt, Wirksamkeitsdaten zu überschätzen. Gegen schwere Verläufe seien die Impfstoffe «total gut wirksam». Behauptungen, dass Vakzine wie jenes von AstraZeneca nicht oder schlecht vor der südafrikanischen Mutante schützen, sind wissenschaftlich nicht abgesichert. «Es ist weiterhin wahrscheinlich, dass der Impfstoff von AstraZeneca auch gegen schwere Verläufe dieser Variante wirksam ist», sagt der britische Impfstoffexperte Anthony Harnden. Lawrence Corey, Infektiologe an der University of Washington in Seattle fragte kürzlich im Fachblatt Science: «Will man einen Impfstoff, der vor Husten schützt oder Leben rettet?»
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