Aggressives VorgehenAdidas klagt selbst gegen die Streifen des Stardesigners
Der Konzern schützt sein ikonisches Markenzeichen mit allen Mitteln. Hunderte Rechtsstreite hat er schon geführt, zuletzt mit Thom Browne. Dabei musste Adidas einst selbst dafür bezahlen.
Um diese Geschichte zu verstehen, muss man wissen: Eine Trainerhose ist nicht einfach eine Trainerhose. Sie ist zu einem Massenphänomen weit über ihren ursprünglichen Verwendungszweck hinaus geworden – Sportkleider und -schuhe generell. McKinsey schätzt den globalen Jahresumsatz für Sportbekleidung für 2025 auf unfassbare 400 Milliarden Euro. Trainerhosen und Co. sind also Big Big Business.
Wer wie Adidas darum wesentlich von seinen Sportutensilien lebt, schaut folglich mit Argusaugen, was andere in der Branche lancieren – selbst wenn es sich um den US-Stardesigner Thom Browne handelt. Erfolgreich und bekannt geworden ist dieser mit Männermode, die so aussieht:
Er trägt sie auf dem Bild gleich selber, das war im Oktober 2022. Wer genau hinschaut, erkennt: Browne kombiniert den Anzug mit Socken, auf denen vier weisse Querstreifen prangen. Diese vier Streifen nutzt er auch für seine Trainerhosen oder Sweater.
Und damit hat Adidas, das sich seit Jahrzehnten über seine drei Streifen definiert, ein Problem. Es verklagte Browne mit der Begründung, es bestehe Verwechslungsgefahr. Browne täusche mit seinen vier Streifen potenzielle Kunden, weil sie davon ausgehen könnten, es handle sich um das sehr viel bekanntere Streifenmuster von Adidas.
Die Richter entschieden vergangene Woche. Bevor wir zum Urteil kommen, dies noch: Eine Trainerhose von Thom Browne kostet um die 1000 Franken, eine von Adidas um die 60 Franken. Brownes Anwalt meinte darum: Browne und Adidas würden weder in der gleichen Liga spielen noch dieselbe Kundschaft ansprechen. Und überhaupt: Streifen seien nun wirklich keine Erfindung von Adidas. Es seien durchaus auch schon andere Menschen auf die Idee gekommen, Streifen zu kreieren und auf Gegenstände zu setzen – wie sein Klient Thom Browne.
Selbst Elon Musk kam dran
Die Richter folgten im Wesentlichen dieser Argumentation, weshalb Browne weiterhin seine vier Streifen verwenden darf. Und doch wurde auch dank dieses Verfahrens offensichtlich, mit wie viel Power der deutsche Sportartikel-Gigant seine Streifen verteidigt: Eine exakte Zahl existiert nicht, aber aus Gerichtsakten wird klar, dass Adidas in den letzten 30 Jahren mehrere Hundert Klagen lancierte – und sich in vielen Fällen aussergerichtlich einigte.
Dabei nimmt es das Unternehmen, etwas überspitzt formuliert, mit jedem auf. Elon Musk und Tesla bekamen das zu spüren, als die Firma drei Längsstreifen ins Logo des Wagentyps Model 3 integrieren wollte, genauso wie prominente Designer wie Ralph Lauren, Ketten wie H&M und C&A oder der Einzelhandelskonzern Walmart. Zu den Lieblingsgegnern zählt mit Nike der grosse Konkurrent der Branche. Auch um Streifen stritten sich die beiden Firmen schon, rund zehn Jahre gar um eine spezifische Art, wie Schuhe gewoben werden. Sie einigten sich im letzten Jahr aussergerichtlich.
Die Finnen waren schneller
Die Ironie der Geschichte besteht darin, dass Adidas einst selber merkte, mit seinen drei Streifen die Nummer 2 zu sein. Gründer Adi Dassler hatte Streifen als Stütze an seine Schuhe angebracht, aber rasch erkannt, dass sie ein Erkennungsmerkmal bildeten.
Als er die drei Streifen Anfang der 1950er-Jahre markenrechtlich schützen lassen wollte, stellte er fest: Die finnischen Kollegen mit ihrer Marke Karhu waren ihm zuvorgekommen. So sahen Spikes von Karhu in jener Zeit aus, man würde sagen: waschechte Adidas.
Für 1600 Dollar (umgerechnet auf die heutige Zeit) und zwei Flaschen Whiskey soll sich Dassler das Recht für die drei Streifen erkauft haben. Karhu existiert bis heute und nutzt ein M als Logo. Über die Jahre hat Adidas so gut wie für alle Sportprodukte versucht, das Exklusivrecht auf drei Querstreifen zu erlangen – und darum konsequenterweise gleich 41 unterschiedliche Varianten des Logos mit den drei Streifen schützen lassen.
Selbst aber wer sich wie Designer Browne erfrecht, mit vier Streifen zu arbeiten, bekommt Ärger. Auch das grosse Fussball-Barcelona verdribbelte sich, das übrigens eine Kooperation mit dem Stardesigner Browne einging. Darum lief Messi einst mit vier Streifen herum:
Zum Adidas-Ärger führte, als Barcelona 2016 eine Abfolge von roten und blauen Streifen (Barcelonas Clubfarben) registrieren lassen wollte – sieben an der Zahl. Adidas ging dagegen vor, weil die drei roten Streifen zu sehr an die drei (weissen) von Adidas erinnern würden. Wie der Club reagierte? Barcelona zog seine Registrierungsabsicht natürlich zurück.
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