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Meinung

Editorial zum Gender-Streit
Stoppt endlich Andreas Glarner!

Steht für gefährlichen Politklamauk, der ins Auge gehen könnte: Andreas Glarner, SVP-Nationalrat.
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Manchmal wähnt man sich in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Damals, am Anfang des Kalten Kriegs, herrschte in der Sowjetunion noch Josef Stalin, der alle in den Gulag warf, die ihm zu mächtig wurden oder die nicht seiner Meinung waren. Ein wahrhaft toxisches Politklima herrschte auch in den USA. Für Senator Joseph McCarthy waren alle Kommunisten, die auch nur im Entferntesten als links gelten könnten. Das ging so weit, dass die USA selbst dem Briten Charlie Chaplin wegen seiner kritischen Haltung nach einer Tour durch Europa die Wiedereinreise verweigerten.

Derzeit fühlt sich in der Schweiz, die offenbar keine anderen Sorgen kennt, der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner dazu berufen, sich dermassen über einen Gender-Tag in Stäfa ZH aufzuregen, dass er den Namen und die Handynummer der verantwortlichen Schulsozialarbeiterin ins Netz stellte. An diesem Tag, so die Absicht der Schule, soll all das vermittelt werden, was Teenager über Sexualität und das Zusammenleben der Geschlechter interessiert. Und dazu gehört naturgemäss auch die aktuelle Genderdiskussion. 

Während Köppel nur zündelt, geht Glarner den entscheidenden Schritt zu weit.

Entdeckt hat den «skandalösen» Anlass sein Parteikollege Roger Köppel. Aber während Köppel, selbst Vater von Teenagern, nur zündelt und sich von diesem Anlass fast schon sexuell belästigt fühlt, geht Glarner den entscheidenden Schritt zu weit. Er setzt die Einladung zum Anlass samt Name und Handynummer der Schulsozialarbeiterin ins Netz. Es kommt, wie es kommen musste: Die Frau wird massiv bedroht, offenbar bis hin zu Gewaltdrohungen. Der Anlass wird abgesagt, und alle reden wieder einmal von Andreas Glarner. 

Nun könnte man sich auch über Köppel aufregen, der ein superkonservatives Weltbild propagiert, an das er selber kaum glaubt. Aber kritisieren darf man in der Politik alles, die Gedanken sind frei, auch wenn sie noch so absurd sind. Was allerdings Glarner macht, ist Hetze gegen Andersdenkende. Damit ist er nicht nur Provokateur, sondern ein potenzieller Brandstifter. Hinzu kommt: Glarner ist ein Wiederholungstäter, bereits vor vier Jahren tat er dasselbe mit einer Lehrerin, die sich erlaubt hatte, muslimische Schüler daran zu erinnern, dass sie zum Fest des Fastenbrechens freinehmen können. Die Junglehrerin, gerade mal ein Jahr im Beruf, wurde daraufhin mit Dutzenden gehässigen Anrufen eingedeckt und konnte nicht mehr zur Arbeit erscheinen.

Man fragt sich, ob es die SVP nötig hat, mit solchen Aktionen auf Stimmenfang zu gehen.

Immerhin entschuldigte sich Glarner damals bei der Lehrerin, doch nun sind Zweifel angebracht, ob dies ehrlich gemeint war. Denn diesmal sieht er keinen Anlass dazu: «Ich bin doch nicht verantwortlich dafür, was nach einem Post von mir geschieht», sagt er. Das stimmt selbstverständlich nicht, und das weiss er genau. Es ist nun an seiner Partei, ihn in die Schranken zu weisen.

Man fragt sich tatsächlich, ob es die SVP nötig hat, mit solchen Aktionen auf Stimmenfang zu gehen, immerhin hat sie auch sonst im Moment Oberwasser in den Umfragen.  

Bei dieser Gelegenheit sei aber auch kurz gesagt, dass die Linken beim Genderthema ebenfalls weit über das Ziel hinausschiessen können – und ihnen die Ideologie oft wichtiger ist als die Fakten. Dieses Gefühl bekam ich jedenfalls, als wir letzte Woche die Umfrage von Margit Osterloh und Katja Rost zur Gleichstellung publizierten. Wie danach auf unseren Journalisten eingeschossen wurde, der die unangenehme Botschaft überbrachte, das suchte seinesgleichen. Gleich erging es den beiden Frauen, beides renommierte Professorinnen. Von Frauensolidarität war hier plötzlich nichts mehr zu sehen. Und besonders gerne erklärten in den sozialen Medien linke Männer den beiden Frauen ihren Job, jene Männer, die solches Verhalten sonst gerne als «Mansplaining» kritisieren.