Änderungen bei der MehrwertsteuerSteuer auf Tampons und Binden soll sinken
Der Nationalrat berät über Änderungen bei der Mehrwertsteuer. Die Senkung des Satzes für Hygieneartikel für Frauen auf 2,5 Prozent nimmt eine wichtige Hürde.
Regula Müller ist SP-Parlamentarierin in Luzern und hat mit einem Vorstoss die Zentralschweizer Stadt zu einer Vorreiterin gemacht. Sie brachte die Gratisabgabe von Tampons und Binden durch. Künftig werden in Luzerner Schulen gratis solche Hygieneartikel abgegeben. «Es ist einfach nicht okay, dass wir das selber bezahlen müssen. Mädchen und Frauen wählen nicht aus, ob sie menstruieren wollen oder nicht», sagt Müller.
Rund 27’000 Franken investiert die Stadt im ersten Jahr, danach werden die jährlichen Kosten bei ungefähr 22’000 Franken liegen. Für Müller ist klar: Mit ihrem Vorstoss ist nur ein Teilziel erreicht. «Toll wäre, wenn zum Beispiel vermehrt auch Private wie Restaurants und Bars gratis Tampons anbieten würden. Vor allem aber sollte der Kanton Luzern nachziehen.»
Das Fernziel von Müller: Gratishygieneartikel in der ganzen Schweiz – staatlich gefördert.
Davon ist die Schweiz noch weit entfernt. Doch einen Schritt in diese Richtung hat der Nationalrat am Dienstag beschlossen. Die Mehrwertsteuer auf solchen Produkten soll gesenkt werden. Für Regula Müller eine positive Entwicklung: «Es ist eine überfällige Entscheidung, dass die Steuer gesenkt wird.»
Die Mehrwertsteuer auf Tampons beträgt heute 7,7 Prozent. Auf Kaviar und Viagra hingegen erhebt der Bund nur eine Steuer von 2,5 Prozent. Das eine – Luxus-Fischeier und Potenzmittel – wird in die gleiche Kategorie eingeordnet wie Essen, Medikamente, Zeitungen und Bücher.
Bei diesen Produkten profitieren die Konsumentinnen und Konsumenten von einem verminderten Steuersatz, weil sie als täglicher Bedarf gelten. Tampons hingegen sind in die gleiche Kategorie wie Autos, Uhren oder Dienstleistungen eingeordnet, die dem Normalsatz unterstellt sind.
Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Produkte der Monatshygiene bringt nur eine kleine Einsparung mit sich. Ein Beispiel dazu: Eine grosse Packung eines bekannten Herstellers mit insgesamt 54 Tampons kostet heute 6.95 Franken. Mit dem neuen Mehrwertsteuersatz würde der Preis auf rund 6.60 Franken sinken.
Andere Länder gehen voran
Wie umkämpft das Thema ist, zeigt die Tatsache, dass ein erster Vorstoss von SP-Nationalrat Jacques-André Maire aus dem Jahr 2016 abgelehnt wurde. Erst der zweite Vorstoss, den Maire 2018 einreichte, schaffte es durchs Parlament. Mit der laufenden Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes wird die Motion nun konkret umgesetzt. Der neue Mehrwertsteuersatz wird frühestens ab dem 1. Januar 2023 gelten. Als Nächstes befindet der Ständerat über das Geschäft.
Kommt dieses endgültig durch, vollzieht die Schweiz einen Schritt, der in anderen Ländern bereits erfolgt ist. So senkten Frankreich und Deutschland die Mehrwertsteuer auf Binden und Tampons. Andere Länder wie Grossbritannien kennen gar keine Steuer darauf. Schottland hat gar ein Gesetz erlassen, das besagt, dass solche Produkte künftig gratis sein sollen.
Die Stadt Luzern ist also nicht allein mit der Idee, Produkte der Monatshygiene gratis abzugeben. Auch in der Schweiz nicht. So hat der Gemeinderat von Zürich erst kürzlich entsprechende Vorstösse überwiesen. Tampons sollen künftig gratis in öffentlichen WCs und in Schulen abgegeben werden. Auch in der Westschweiz gibt es Initiativen, die in diese Richtung gehen.
Vorstösse für kostenlose Tampons haben es schwer
Doch nicht immer kommen solche Vorstösse durch. Das zeigte sich etwa im Kanton Luzern, wo die Regierung einen Vorstoss ablehnte, Tampons in WCs von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Vor zwei Jahren lehnte der bernische Grosse Rat eine Einführung von Gratisbinden an öffentlichen Schulen ab.
Eines der Argumente, mit denen die Gegnerinnen und Gegner in Bern das Vorhaben verhinderten: Die Produkte seien gar nicht so teuer, entsprechend seien Frauen nicht auf eine kostenlose Abgabe angewiesen.
Nationalrat beschliesst weitere Änderungen
Neben der Senkung des Steuersatzes bei Hygieneartikeln beriet der Nationalrat weitere Änderungen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer. Knapp gescheitert ist dabei ein Antrag, der den Mehrwertsteuersatz ausser bei Tampons und Binden auch bei Windeln und Einlagen für inkontinente Menschen von heute 7,7 auf 2,5 Prozent senken wollte.
Ebenso hat der Nationalrat das Vorhaben des Bundesrats abgelehnt, ausländische Reisebüros von der Mehrwertsteuer zu befreien. Dafür sollen ausländische Onlinehändler neu auf ihrem Schweizer Umsatz eine Mehrwertsteuer entrichten müssen.
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