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AboGletscherunglück in den Dolomiten
Steigende Temperaturen und immer mehr Alpin-Tourismus – kommt das gut?

Beliebtes Skigebiet im Winter: der Gletscher der «Königin der Dolomiten», der Marmolata.
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Ist das hier das Hochgebirge oder der Strand? Neben der Marmolata-Hütte sonnen sich junge Frauen im Bikini. Es ist 20 Grad warm auf 2000 Metern. Rennradler schälen sich schwitzend aus ihren triefnassen Trikots. Hunde liegen hechelnd im Schatten unter den Bierbänken. Der Stausee neben der Hütte ist fast leer. Von der sonnigen Terrasse am Fedaia-Pass hat man einen Panoramablick auf den 3343 Meter hohen Gipfel und die graublau in der Sonne schimmernden Eisflächen. Knapp unterhalb des höchsten Punktes aber klafft ein riesiges Loch: Hier ist am vergangenen Sonntag eine gewaltige Masse Eis und Gestein vom Marmolata-Gletscher abgebrochen. Die Lawine raste mit Tempo 300 in Richtung Tal und riss mindestens zehn Menschen in den Tod.

Die Atmosphäre dort ist ein paar Tage danach sehr seltsam. Einerseits ist bestes Sommerwetter, es sind scharenweise Wanderer, Motorradfahrer, Radler und andere Bergtouristen in der Gegend unterwegs. Andererseits hängt da dieses offene Maul aus blauem Eis am Nordhang des Berges, das bedrohlich wirkt. Tatsächlich ist es äusserst gefährlich in der Nähe der Marmolata, denn wegen der anhaltenden Hitze ist der Gletscher weiterhin instabil. Ein haushoher Eisblock ragt vertikal in die Höhe, darunter ein Abgrund. Experten befürchten, dass sich weitere Brocken lösen und ins Tal donnern könnten. Die Wanderwege in Richtung des Gletschers sind mit rot-weissem Flatterband abgesperrt. Polizisten bewachen den Wanderparkplatz und passen auf, dass sich niemand ausser den Bergrettern in die Gefahrenzone begibt. Das Hochgebirge hier: in diesen Tagen eine Hochsicherheitszone.

Vom Pass aus kann man durchs Fernglas beobachten, wie Einsatzkräfte von Hubschraubern an der Longline auf den Gletscher abgelassen werden. Wenn sich das Eis bewegt, können sie sofort hochgezogen werden. Aber es gibt wohl nicht mehr viel zu retten. Am Mittwoch haben sie noch Körperteile und Kleidungsstücke zweier Personen gefunden, die nun mittels DNA-Analyse mutmasslichen Opfern zugeordnet werden sollen. Auch für Profis eine belastende Kleinarbeit. Grössere, grundsätzlichere Fragen werden laut: Hätten die Behörden den Zugang zum Berg angesichts der hohen Temperaturen nicht sperren müssen, wie Angehörige der verstorbenen und vermissten Bergsteiger nun nachträglich fordern? Und wie soll es überhaupt weitergehen mit dem Alpinismus, wenn die Berge aufgrund der steigenden Temperaturen mehr und mehr zerbröseln?

Es ist ein Problem, das sich in Sommern wie diesem im ganzen Alpenraum zeigt: Hochtouren oberhalb von 3000 Metern sind über die Jahre immer heikler geworden. Wenig Schnee im Winter, sehr hohe Temperaturen schon im Frühjahr – diese fatale Kombination führt dazu, dass Schneebrücken über Gletscherspalten nicht mehr fest genug sind, um sie zu überqueren. Grate, die Anfang Juli normalerweise von Firn bedeckt sind, sodass man sie sicher mit Steigeisen begehen kann, weisen nur noch Blankeis auf. An Steilwänden wächst die Eis- und Steinschlaggefahr, weil weiter oben der Permafrost taut.

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