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Genug von Fifa und Bierverbot
Steff Fischer bricht Public Viewing aus ethischen Gründen ab

«Die Fifa und Katar zeigen der Welt den Stinkefinger», sagt Unternehmer Steff Fischer. Katars Versprechen, sich anzupassen, sei scheinheilig. Deshalb macht er sein Public Viewing dicht.
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Für den Verein «Zum Glatten Köbi» endet die WM in Katar, bevor sie richtig angefangen hat.

Zwei Tage nach dem Eröffnungsspiel vom Sonntag hat Steff Fischer die geräumige WM-Bar in der Sihlhalle am Fluss gestoppt, wie die NZZ zuerst berichtete. Der Unternehmer und der Verein «Zum Glatten Köbi» hatten das Public Viewing im Kreis 5 gemeinsam aufgezogen. Fischer ist Pächter der ehemaligen Fabrik, die gegenüber der Badi Unterer Letten liegt, und betreibt dort ein Eventlokal. Er stellte den Ort zur Verfügung, der Verein entwickelte das Konzept und gestaltete die Einrichtung. Dazu haben die Mitglieder eigene Videos produziert, Möbel geschreinert und Künstler engagiert, die Werke für die Halle anfertigten. Der Verein veranstaltet seit 2006 an verschiedenen Zürcher Orten Public Viewings während grosser Fussballturniere.

Von Anfang an gezweifelt

Steff Fischer sagt, dass er und die Vereinsmitglieder im Vorfeld lange gezaudert hätten, ob sie das Public Viewing wagen sollten oder nicht. «Vor der WM gab es einige positive Anzeichen. Ich hoffte, dass die Fifa endlich Haltung zeigen würde», sagt Fischer. Darum habe er sich zu einer Übertragung in seinem Lokal durchgerungen.

Die Ereignisse des vorangehenden Wochenendes hätten ihn aber zum Umdenken gezwungen: das Alkoholverbot, die Rede von Gianni Infantino, die Eröffnungszeremonie und vor allem das Verbot der «One Love»-Captainbinde. «Die Fifa hat ihr zynisches Machtgehabe voll offenbart. Und ich sehe keine Anzeichen mehr, dass sich etwas verbessern könnte», sagt Fischer. Der Abbruch sei ihm schwergefallen, es sei persönlich schwierig, Partnern so etwas mitzuteilen. «Aber ich kann meine Seele nicht dem Teufel verkaufen», sagt Fischer. Und inhaltlich könnten die Vereinsmitglieder seine Argumentation wohl nachvollziehen.

Michael Vonplon vom «Glatten Köbi» sagt, der Verein sei «freundschaftlich enttäuscht» über Fischers überraschenden Rückzug. «Wir bedauern diesen sehr, aber wir müssen ihn akzeptieren.»

Zumindest soll der Verein keinen finanziellen Schaden davontragen durch das erzwungene Ausscheiden. «Ich übernehme die Kosten mehrheitlich, die deswegen anfallen», sagt Steff Fischer. Ein Grossteil des Personals, das während der Spiele hätte arbeiten sollen, hätte er selber zur Verfügung gestellt. «Es handelte sich um Angestellte der Sihlhalle am Fluss.» Der Gastrobetrieb werde nun einen Monat früher in die Winterpause gehen. Die Halle ist auf den Seiten offen und lässt sich nicht beheizen.

Im Umfeld des Vereins «Zum Glatten Köbi» ist Konsternation zu spüren über das abrupte Ende der WM-Bar. «Es zeigt, dass der Druck, sich von dieser WM fernzuhalten, in gewissen Kreisen sehr gross geworden ist», sagt Mämä Sykora. Er ist Chefredaktor des Fussballmagazins «Zwölf», das die WM-Bar in der Sihlhalle bei der Einrichtung unterstützt hat. Sykora sagt, dass er selber ebenfalls mehrere Aufforderungen zum Boykott erhalten habe. Er entschied dagegen. Daran hätten auch die Ereignisse des letzten Wochenendes nichts geändert. «Man wusste von Anfang an, worauf man sich einlässt.»

Steff Fischer sagt, dass es vielleicht naiv gewesen sei, auf eine positive Entwicklung der WM in Katar zu setzen. «Aber manchmal muss man Dinge wagen, die man im Nachhinein als falsch erkennt.»

Der Verein «Zum Glatten Köbi» verzichtet nach dem Rauswurf aus der Sihlhalle darauf, einen alternativen Standort in der Stadt zu suchen. Man habe keine Energie mehr, etwas Neues aufzugleisen, sagt Michael Vonplon.

Halbes Happy End für verbotenes Public Viewing

Fündig geworden sind hingegen die Betreiber eines geplanten Public Viewing an der Europaallee. Dieses hat Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) letzte Woche nicht bewilligt, was für Kritik von bürgerlicher Seite sorgte. Nun hat der Pächter des Restaurants Dörfli in Uitikon Waldegg den beiden eine Zusammenarbeit vorgeschlagen bei seinem Public Viewing. Die von der Stadt abgewiesenen Unternehmer können ihre Mitarbeitenden, denen sie bereits ein Engagement versprochen haben, also in Uitikon einsetzen. 

Anmerkung: Der Text wurde am späteren Nachmittag umfassend überarbeitet und aktualisiert.