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Wohnraumfonds: Abstimmung in Zürich
Statt 10 Millionen Franken kostet das Haus nur noch 8,7

Das Land in der Stadt Zürich ist umkämpft. Um mehr davon zu bekommen, möchte der Stadtrat 300 Millionen Franken ausgeben. 
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Sie wollen mehr vom Zürcher Boden. Doch oft gehen sie leer aus. Dies soll der Wohnraumfonds ändern, über den die Stadtzürcherinnen am 18. Juni abstimmen.

Die Zürcher Wohnbaugenossenschaften, die städtische Stiftung PWG und die Stadt Zürich sind ständig auf der Suche nach neuen Liegenschaften und Grundstücken. Bei vielen Verkäufen werden sie von gewinnorientierten Anlegern überboten. Zwar hätten sie meist kein Problem, das nötige Geld aufzutreiben. Aber ein hoher Kaufpreis bedeutet automatisch hohe Mieten. Gemeinnützige Bauträger können und wollen nicht zu viel verlangen für ihre Wohnungen. Das begrenzt ihren Spielraum beim Mitbieten.

Die insgesamt 300 Millionen Franken, die der geplante Wohnraumfonds enthalten würde, sollen diesen Spielraum erweitern. Gemeinnützige Bauträger könnten von diesem Geld sogenannte Abschreibungsbeiträge beantragen. Diese ermöglichen tiefere Mieten trotz hohem Kaufpreis.

Ein durchschnittlicher Abschlag von 13 Prozent

Wie das funktioniert, zeigt die Stiftung PWG. Sie bekommt schon länger solche Unterstützung von der Stadt. Die PWG kauft vor allem bewohnte Häuser. Ihr Ziel ist es, bei den Mieten nicht aufzuschlagen. Regelmässig erhält die PWG aber den Zuschlag zu einem Preis, den die bisherigen Mieten nicht decken. «Weil dann die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, setzen wir einen Abschreibungsbeitrag ein», sagt Neslihan Aydogan-Zierer, die bei der PWG für den Kauf von Liegenschaften zuständig ist. Ein Beispiel, wo dies nötig wurde, ist die Schärenmoosstrasse 115, die die PWG der SRG abkaufte.

Durchschnittlich mache der Abschreibungsbeitrag 13 Prozent des Kaufpreises aus, sagt Aydogan-Zierer. Das heisst theoretisch: Wenn eine Liegenschaft 10 Millionen kostet, muss die PWG nur 8,7 Millionen Franken dafür ausgeben. Die restlichen 1,3 Millionen überweist die Stadt. Dieses Geld wird nicht zurückgezahlt. Pro Jahr bekommt die PWG maximal 5 Millionen für solche Abschreibungen. 2021 und 2022 hat sie diesen Betrag voll ausgeschöpft. Die Stiftung setzt Abschreibungsbeiträge im Durchschnitt in weniger als der Hälfte aller ihrer Erwerbe ein.

Die grosse Frage: Was bietet die Konkurrenz?

Die Kaufprozesse bei Millionengeschäften sind komplex. So erfahre die Stadt Zürich auf unterschiedliche Weisen von Angeboten, sagt Philipp von Babo, der für die Stadt kaufbare Liegenschaften und Grundstücke ausfindig macht. Vor allem bei grösseren Objekten werde die Stadt von Immobilienmaklern zu einem Bieterverfahren eingeladen. Manchmal wenden sich Eigentümerinnen direkt an die Stadt. Umgekehrt geht diese auch auf Hausbesitzerinnen zu, deren Liegenschaften zu ihrer Strategie passen. «Zusätzlich prüfen wir die öffentlichen Inserate», sagt von Babo.

Ob sich die Stadt um ein Haus oder ein Grundstück bemüht, hänge stark vom Quadratmeterpreis und von der Höhe der Mieten ab, sagt von Babo. Man berücksichtige zudem den baulichen Zustand, mögliche Altlasten wie Asbest oder die Besitzverhältnisse in der Nachbarschaft. «Besonders interessant wird es, wenn wir daneben schon ein Grundstück besitzen. Das eröffnet Entwicklungsmöglichkeiten.»

Falls sich die Stadt Zürich zu einem Kaufangebot entscheidet, schlägt die städtische Schätzungskommission einen Preis vor. Dieser stellt die Obergrenze des Einsatzes dar. «Aber wir berücksichtigen auch, was die Konkurrenz bieten könnte», sagt von Babo.

In Situationen, wenn von Babo vermutet, dass das eigene Höchstgebot nicht ausreichen dürfte, käme das Geld aus dem Wohnraumfonds ins Spiel. Über die Vergabe von Beiträgen bis zu 10 Millionen Franken würde der Stadtrat bestimmen. Details zum Verfahren hat dieser noch nicht festgelegt. Beim Kauf von einzelnen Häusern werde die Unterstützung wohl ähnlich funktionieren wie heute bei der PWG, heisst es beim zuständigen Finanzdepartement von Daniel Leupi (Grüne).

Höchstens 20 Prozent günstiger

Wie viele Käufe der Wohnraumfonds – falls es ihn schon gegeben hätte – in den letzten Jahren ermöglicht hätte, lässt sich kaum abschätzen. Denn in den Bieterverfahren erfahren die Unterlegenen meist nicht, um wie viel zu tief ihr Angebot ausfiel. Der Kaufpreis bleibt geheim. «Wir wissen jeweils nur, dass es nicht gereicht hat», sagt Philipp von Babo.

Manchmal sickert der Endpreis trotzdem durch. Reto Klink, Geschäftsführer des Verbandes der Zürcher Wohnbaugenossenschaften (WBG ZH), führt ein Beispiel aus Leimbach an. 2021 wurde dort ein Areal von über 5000 Quadratmeter Grösse versteigert. Gemäss Schätzungen des WBG hätte dort eine Genossenschaft rund 60 Wohnungen bauen können.

Der Wohnraumfonds würde nur Projekte unterstützen, bei denen die Mieten unter dem Schnitt des Quartiers liegen. Innerhalb dieser Grenze wäre für das Grundstück in Leimbach laut Reto Klink ein Preis von höchstens 30 Millionen Franken drin gelegen. Doch dieser Betrag hätte bei weitem nicht gereicht. «Unseres Wissens zahlte der Meistbietende über 42 Millionen Franken.» Das heisst: Um sich den Boden zu sichern, hätte eine Genossenschaft mindestens 12 Millionen Franken abschreiben müssen. Einen Teil davon hätte der Wohnraumfonds decken können, sagt Reto Klink.

In diesem Beispiel hätte der Abschreiber 29 Prozent der Kaufsumme ausgemacht. Das ist viel. Bei der PWG darf der städtische Zustupf den Kaufpreis um maximal 20 Prozent verbilligen. Beim Wohnraumfonds würde die gleiche Obergrenze für Wohnhäuser gelten. 

Die bürgerlichen Gegner der Vorlage lehnen solche staatlichen Eingriffe ab, diese seien marktverzerrend und ungerecht. Ausserdem würden sich die Stadt und die Genossenschaften gegenseitig konkurrenzieren. 

PWG und Stadt sind erfolgreich unterwegs

Aber auch ohne Wohnraumfonds gelingen den Gemeinnützigen immer wieder Kaufabschlüsse. Die Stadt Zürich sicherte sich letztes Jahr sechs Liegenschaften und Grundstücke für 70 Millionen Franken. Die PWG hat dieses Jahr schon für 60 Millionen Franken Häuser erworben, bisher ohne Abschreibungsbeitrag. «Manche Eigentümer suchen gezielt eine Käuferin, die nicht die Maximalrendite anstrebt», sagt Philipp von Babo.

Wie viele von ihren Kaufbemühungen die Stadt Zürich erfolgreich abschliesst, sagt von Babo nicht. Geschäftsgeheimnis. «In der Branche gilt aber eine Erfolgsquote von 30 Prozent als sehr erfolgreich.»