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Wahlergebnisse in Ostdeutschland
Starke Frauen verhalfen zum Sieg

Olaf Scholz am Wahlabend zusammen mit den starken Frauen der SPD (von links): Franziska Giffey, Wahlgewinnerin in Berlin, Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, und rechts von ihm Manuela Schwesig, Wahlgewinnerin in Mecklenburg-Vorpommern.
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Im Umfeld der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat es stets geheissen, jede Wahl bringe eine Überraschung mit sich, etwas, was man nicht vorausgesehen habe. Und so ist es auch bei dieser Bundestagswahl. Die SPD war plötzlich die Partei, die in Ost wie West gleichermassen gewählt worden war. Die Sozialdemokraten seien «die einzige gesamtdeutsche Partei», sagt Carsten Schneider, der das vierte Mal in seinem Wahlkreis Erfurt-Weimar angetreten war – und das erste Mal gewonnen hat.

Die SPD hat im Osten insgesamt 24,1 Prozent der Wählerstimmen gewonnen, fast 10 Prozent mehr als 2017. Die sozialen Netzwerke waren am Montag voll von (jungen) Kandidaten, die das erste Mal gewonnen hatten. Merkels einstiger Wahlkreis ging etwa an die 27-jährige Anna Kassautzki. Auch Kanzlerkandidat Olaf Scholz, erstmals in Potsdam angetreten, gewann mit grossem Vorsprung.

Die SPD war von ganz unten gekommen, bei den vergangenen beiden Wahlen hatte sie nur jeweils ein Direktmandat erringen können. Am Montag war plötzlich von Rügen bis Erfurt fast alles rot. Aber was hatten die Sozialdemokraten, was die CDU bei dieser Wahl nicht hatte?

40 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern

Da wären die starken Frauen. Die SPD wird wohl künftig – mit Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz – drei Ministerpräsidentinnen stellen, die Union – weiterhin keine. Manuela Schwesig hat in Mecklenburg-Vorpommern mit knapp 40 Prozent der Stimmen einen deutlichen Sieg eingefahren. Bei der anderen Gewinnerin, Franziska Giffey, war der Erfolg in Berlin zwar nur knapp. Aber am Ende zählte, dass Kanzlerkandidat Scholz am Montag mit zwei ostdeutschen Frauen auf der Bühne stehen konnte. Die starken ostdeutschen SPD-Frauen, sagt Steffen Mau, Soziologe an der Humboldt-Universität, spielten «eine wichtige Rolle für den Erfolg im Osten».

Zur Ironie des Wahlergebnisses 2021 gehört ja, dass die scheidende Kanzlerin indirekt ihren Anteil daran hatte. Es sei zwar schwer zu sagen, ob die Ostdeutsche Angela Merkel einen generellen Ost-Bonus und dort auch für ihre Herkunft Stimmen eingefahren hatte, analysiert Mau. Aber es sei sicher auch kein Schaden gewesen. Die Anschlussfähigkeit ihres Nachfolgekandidaten Armin Laschet «an den ostdeutschen Habitus» sei deutlich geringer gewesen. Darauf deuten auch die Wählerwanderungen hin. Die Union hat 13 Prozent ihrer früheren Wähler an die SPD verloren, fast zwei Millionen Stimmberechtigte. Etliche davon, vor allem in den neuen Ländern, dürften den Abschied der ostdeutsch sozialisierten Kanzlerin zum Anlass genommen haben, sich auch von der CDU zu verabschieden.

Der CDU fehlte schlicht ein Kandidat mit überzeugenden Inhalten. Laschet hat die CDU im Osten zur dramatischen Verliererin gemacht. «Die SPD ist das erste Mal in ihrer Geschichte vor der CDU», twitterte Martin Dulig, SPD-Chef in Sachsen, am Montag. «Die Menschen im Osten haben genau verstanden, wen und was Olaf Scholz meint, wenn wir über Respekt reden.» Die SPD hat auch in Sachsen kräftig zugelegt, reicht aber nicht an die Ergebnisse der AfD heran. Dass die AfD in Sachsen so stark ist, hat auch einfach rechnerische Gründe: Sie hat zahlreiche Wahlkreise gewonnen, weil die CDU dramatisch abgesackt ist. Er könne aus diesem Ergebnis keinen Regierungsauftrag lesen, sagte Sachsens CDU-Regierungschef Michael Kretschmer.

«Eine Koalition von CDU, FDP und Grünen repräsentiert den Osten nicht angemessen.»

Carsten Schneider, SPD Erfurt-Weimar

Soziologe Mau räumt der SPD eine gute Chance ein, sich stärker im Osten zu verankern und an traditionelle Stärke anzuknüpfen: Ein Kanzlerkandidat, der die Leute nicht irritiert habe, starke Frauen und ein neues Interesse an sozialen Themen nennt er zur Begründung. Inzwischen gehe es «wieder mehr um typische SPD-Themen, gute Arbeit, Angleichung der Löhne, der Renten, das streichelt die ostdeutsche Seele».

Carsten Schneider leitet aus dem Ergebnis gleich noch einen Regierungsauftrag ab. Es habe sich gezeigt, dass die SPD die Gesellschaft zusammenhalten könne. Hingegen sei bei einer Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen der Osten nicht angemessen repräsentiert.