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Wahlen in Rheinland-Pfalz
Der Malu-Effekt

Fröhlich, warmherzig, beliebt: Die deutsche Sozialdemokratin Malu Dreyer hat nach den Wahlen an diesem Sonntag gute Chancen, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz zu bleiben.
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Wer Malu Dreyer begegnet, dem fallen gleich drei Dinge auf: Die 60-Jährige kann lachen wie wenige Politikerinnen: schallend, mit weit offenem Mund, gekräuselter Nase und blitzenden Augen. Sie trägt gern starke Farben, am liebsten Rot. Und sie braucht Hilfe beim Gehen, manchmal auch einen Rollstuhl.

Die gute Laune ist quasi Dreyers Markenzeichen. Bei ihr zu Hause, in Rheinland-Pfalz, gilt die warmherzige Frau als «Königin der Herzen». Dass die Juristin und gläubige Katholikin auch kühl sein kann, weiss man aus ihrer Biografie: Sie führt ihre Ämter diszipliniert und rational, in heiklen Situationen auch hart. Beides zusammen, glauben Beobachter, habe ihren Erfolg erst ermöglicht.

Den Trend gedreht

Wie vor den Landtagswahlen 2016 lag ihre Partei zuletzt weit hinter dem stärksten Gegner, den Christdemokraten. Aber wie vor fünf Jahren kippten die Umfragen am Ende zu Dreyers Gunsten: Kurz vor der Wahl an diesem Sonntag steht die SPD wieder bei über 30 Prozent – doppelt so hoch wie im deutschen Schnitt.

Es scheint, als ob die vier Millionen Rheinland-Pfälzer ihre Ministerpräsidentin gern behalten möchten. Laut jüngster Umfrage wünschen sich das fast 60 Prozent der Befragten, ihren Herausforderer von der CDU kennen 40 Prozent nicht einmal. Wenig überraschend kommt es Dreyers Anhängern nicht so darauf an, mit wem diese regiert: ob wieder mit Grünen und FDP wie seit 2016 oder allein mit den Grünen wie davor.

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Was vom Wahlkampf in Zeiten der Pandemie übrig geblieben ist, ist denn auch radikal auf sie zugeschnitten: Dreyers Wahlkampfplakate – «Wir mit ihr» – verzichten sogar auf ihren Namen. Auch die SPD kommt nur ganz klein vor.

Dreyers Bilanz der vergangenen fünf Regierungsjahre gilt als ziemlich gut. Es ist ihr gelungen, eine ungewöhnliche Koalition von Grün bis FDP zusammen- und – bei nur einer Stimme Mehrheit im Landtag – regierungsfähig zu halten. Der einzige Skandal betraf eine grüne Ministerin. Ihre eigenen Problemfälle hatte Dreyer bereits 2014 gelöst, indem sie drei Minister entliess.

Beim Kampf gegen Corona vermittelte die Sozialdemokratin geschickt zwischen den vorsichtigen Grünen und den wirtschaftsfreundlichen, lockerungswilligen Liberalen. Die regionale Seuchenbilanz fällt im deutschlandweiten Vergleich jedenfalls recht gut aus, auch beim Testen und Impfen ist man in Mainz schneller als anderswo.

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Dreyer, die ihren Eltern als 13-Jährige eröffnete, dass sie ab nun nicht mehr Marie-Luise, sondern Malu heisse, trat erst mit Mitte 30 in die SPD ein. Da hatte sie bereits Erfahrungen als Staatsanwältin gesammelt. In der Folge machte sie schnell Karriere: Bürgermeisterin von Bad-Kreuznach, Sozialdezernentin von Mainz, ab 2002 Sozialministerin ihres Vorgängers als Ministerpräsident, Kurt Beck. Auch Dreyers Ehemann ist Sozialdemokrat; 2007 bis 2015 war er Oberbürgermeister von Trier, wo Dreyer lebt.

Die schlimme Diagnose

Fast zeitgleich mit ihren Anfängen als Politikerin erhielt die Mittdreissigerin aber auch eine Diagnose, die ihr ganzes Leben durcheinanderbrachte: multiple Sklerose (MS), eine bislang unheilbare Erkrankung des Nervensystems. Schockiert sei sie gewesen, erinnerte sich Dreyer kürzlich, voller Ohnmacht. Zum Glück habe sie nicht auf die Ärzte gehört, die ihr gesagt hatten, sie müsse sich von jetzt an schonen.

Dreyer hatte insofern Glück, als ihre MS nicht in Schüben voranschreitet, sondern graduell und langsam. Als es 2006 dennoch immer mehr Leuten auffiel, dass die Sozialministerin schwer ging, entschied sie sich, ihre Krankheit öffentlich zu machen. Von da an traute sie sich auch, den Rollstuhl zu benutzen, um sich zu entlasten.

Dank viel Gymnastik und eiserner Disziplin kann Dreyer bis heute bei Reden oder Besuchen stehen, auch für längere Zeit. Andere Einschränkungen als solche ihrer Bewegungsfreiheit kennt sie nicht. Dennoch hat sie in den vergangenen Jahren einsehen müssen, dass ihre Kraft nur für Rheinland-Pfalz reicht.

Lieber nicht nach Berlin

2018 und 2019, als ihre Partei in Berlin wieder mal eine neue Chefin suchte, hätten sich viele Genossen Dreyer als Vorsitzende gewünscht. Doch sie winkte ab. 2019 führte sie die Geschäfte der SPD während einiger Monate kommissarisch. Aber schon das war ihr zu viel. Nicht nur wegen ihrer eingeschränkten Kräfte, sondern auch weil sie die Parteizentrale als Ort von Streit und Intrigen wahrnahm. Als «Schlangengrube», wie einer ihrer Vertrauten unverblümt sagte.

Malu Dreyer kehrte immer gern nach Rheinland-Pfalz zurück. Den meisten Menschen in ihrer Heimat ist das ganz recht.