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Energiewende mit Abstrichen
Ständeräte greifen Naturschutz frontal an

«Energiewende: Wildnisverträglich!» Umweltschützer protestierten gegen das geplante alpine Solarkraftwerk Gondosolar. 
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Die Schweiz muss die erneuerbaren Energien ausbauen, rasch und massiv: Diese Botschaft sendet Simonetta Sommaruga ins ganze Land, seit Beginn des Ukraine-Kriegs lauter und öfter denn je. Dahinter steckt nicht zuletzt die Absicht, im Parlament Mehrheiten für den geforderten Effort zu schaffen. 

Die Ständeräte der Umweltkommission haben den Ruf der Energieministerin gehört: Nach insgesamt neuneinhalb Sitzungstagen haben sie am Freitag ihren Plan zur Stärkung der inländischen Versorgungssicherheit veröffentlicht. Es ist ein Plan mit Sprengkraft. 

Beim Ausbau der neuen erneuerbaren Energien schlägt die Kommission ein deutlich forscheres Tempo an als der Bundesrat. Bis 2035 sollen Sonne, Wind und Biomasse 35 Terawattstunden Strom pro Jahr liefern, das ist mehr als doppelt so viel, wie die Regierung vorschlägt, und mehr als die Hälfte des heutigen Stromverbrauchs in der Schweiz. Auch die Produktion von Wasserkraft will die Kommission stärker als der Bundesrat ausbauen. 

Umfragen: Bevölkerung ist bereit, Einschränkungen beim Umweltschutz zu akzeptieren

Um diese Ziele zu erreichen, will die Kommission teils massive Abstriche beim Natur- und Umweltschutz machen. Bei Wasserkraftwerken etwa sollen bis voraussichtlich 2035 «gewisse Bestimmungen» zu den gesetzlich vorgeschriebenen Restwassermengen ihre Gültigkeit verlieren. Auch soll es zum Beispiel möglich werden, in Biotopen von nationaler Bedeutung neue Anlagen für Strom aus Wind, Sonne oder Wasser zu erstellen. Das nationale Interesse an der Realisierung solcher Projekte soll insbesondere für Anlagen überragend sein, die einen grossen Beitrag an die Stromproduktion im Winterhalbjahr leisten – dann also, wenn die Schweiz auf Importe angewiesen ist. 

Die bürgerliche Kommissionsmehrheit, dem Vernehmen nach angeführt von Ruedi Noser (FDP) und Beat Rieder (Mitte), geht mit ihren Vorschlägen sehr weit, und das durchaus kalkuliert. Neue Umfragen zeigen: Die Bevölkerung fordert nicht nur eine schnellere Energiewende, sie ist auch bereit, dafür Einschränkungen unter anderem beim Umweltschutz zu akzeptieren. Hinzu kommt: Je weiter die Vorschläge der Kommission gehen, desto wahrscheinlicher ist es, dass am Ende der Beratung im Parlament mehr als ein zahnloser Kompromiss übrig bleibt. So zumindest das Kalkül der Bürgerlichen. 

WWF und Greenpeace sprechen von einem «Kahlschlag an der Natur»

In Sommarugas Departement zeigt man sich dem Vernehmen nach konsterniert über den unverhohlenen Angriff auf den Umweltschutz: Der Ausbau der erneuerbaren Energien sei auch anders möglich. Die Vorlage – das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien – wird voraussichtlich am 22. September im Ständerat beraten.

Die Wogen dürften hochgehen. Die Umweltverbände Pro Natura, Birdlife, WWF und Greenpeace sprechen von einem «Kahlschlag an der Natur». Der Schaden an der Natur stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Stromproduktion. «Klimawandel und Biodiversitätskrise sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern verlangen Lösungen, die beide Krisen angehen.»