Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Briefe retourniert
Post löscht «aus Versehen» Adresse von Stäfner

Ein Pöstler / Postbote arbeiten mit Handschuhen, nachdem der Bundesrat die "ausserordentliche Lage" ausgerufen hat und so grosse Teile des Öffentlichen Lebens still legt, am 17.03.2020 in Bern. Foto: Raphael Moser / Tamedia AG
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Ein Stäfner erfährt, dass seine Postadresse plötzlich deaktiviert ist.
  • Die Post erklärt, es handle sich um eine Verwechslung durch den Postboten.
  • Solche Fehler passieren laut Post jährlich nur in wenigen Fällen.

Verschwundene Briefe, verschollene Päckli oder falsch gelieferte Sendungen – damit wurden wohl die meisten Postkundinnen und -kunden schon einmal konfrontiert. Doch was ein Stäfner Einwohner derzeit erlebt, erreicht eine ganz andere Dimension.

Alles begann vor rund einer Woche, als seine Kollegin ihm die Kosten fürs Mittagessen per Twint-Bezahlsystem überweisen wollte und die App das Geld nicht empfangen konnte. «Da machte ich mir noch überhaupt keine Sorgen», sagt der Stäfner. Auch als er die Bezahlapp wenige Tage später nicht benutzen konnte, dachte er an nichts Böses. Er sei von einer vorübergehenden Störung des Bezahlsystems ausgegangen.

Wenig später meldete seine Zahnarztpraxis, dass die per Post gesendete Rechnung zurückgekommen sei mit dem Vermerk «Adresse ungültig, Wohnsitz unbekannt». Das könne ja mal vorkommen, fand der 47-Jährige, der seit 15 Jahren an der gleichen Adresse wohnt. «Ich sagte der Praxisassistentin, dass sie mir das Couvert nochmals zustellen solle.»

Hausverwaltung meldete sich

Doch als sich am gleichen Nachmittag die Hausverwaltung mit demselben Problem meldete, läuteten beim Stäfner die Alarmglocken. Er rief die Hotline der Post an, um zu erfahren, was mit seiner Adresse los sei. Die Auskunft des Mitarbeitenden machte ihn fassungslos: «Er sagte mir, dass meine Postadresse bereits seit einiger Zeit deaktiviert sei.»

Das geschehe beispielsweise, wenn die Adresse nicht auf dem Briefkasten aufgeführt sei. Dass dies in seinem Fall aber nicht der Grund sein kann, belegen Fotos. Sämtliche Briefkästen im Mehrfamilienhaus sind nämlich mit den gleichen metallenen Namensschildern versehen.

Der zum Wohnsitzlosen Gemachte kann sich das Ganze nicht erklären: «In den 15 Jahren, in denen ich hier wohne, habe ich nie etwas geändert und auch noch nie einen Postunterbruch beantragt während einer Ferienabwesenheit», betont er.

Bankkarte betroffen

Den Herrn bei der Post-Hotline habe er gebeten, seine Adresse raschmöglichst wieder auf aktiv zu stellen. «Er versprach, dies sofort zu tun.» Doch damit war das Problem für den Stäfner noch nicht ausgestanden. Denn nun dämmerte es ihm, dass zwischen dem «Verschwinden» seiner Adresse und den Schwierigkeiten mit der Twint-App ein Zusammenhang bestehen könnte.

Und tatsächlich: Die Bank hatte via Postverkehr erfahren, dass der Wohnsitz ihres Kunden unbekannt sei. Daraufhin setzte sie die Funktionen seiner Debitkarte – früher EC-Karte – sowie der Twint-App herab. Nur durch Zufall sei seine Kreditkarte nicht auch gesperrt worden, sagt er. «Das wäre für mich fatal gewesen, da ich während dieser Zeit Ferien im Ausland verbrachte.»

Der 47-Jährige erzählt, er habe Stunden mit Telefonaten und dem Verfassen von E-Mails verbracht, um den verursachten Schaden zu beheben. Doch dann die grosse Ernüchterung: Einen Tag nach dem Anruf auf der Post-Hotline trifft er beim Verlassen des Hauses zufällig auf die Pöstlerin. «Sie sagte mir, dass meine Adresse noch immer auf inaktiv gestellt sei.» Auf ihrem Handy habe sie diese dann nochmals neu registriert.

Die Pöstlerin habe ausserdem erzählt, dass sie nicht das erste Mal mit dieser Thematik konfrontiert sei. Im Juni machte SRF den Fall eines Modellflugladens in Bülach publik, dessen Adresse ebenfalls von der Post deaktiviert worden war. Nach dem Beitrag auf «Kassensturz Espresso» hätten sich ein halbes Dutzend weitere Betroffene gemeldet, schrieb SRF einen Monat später. «Ein Therapeut aus Basel, der Inhaber einer Softwarefirma aus Lenzburg oder eine Postkundin aus Zug.»

Namen verwechselt

Die Post schreibt auf Anfrage, dass es sich «glücklicherweise um wenige Fälle pro Jahr handelt». Die Adressdatenbank der Post umfasse 12 Millionen Adressen. Rund 12’000 Mitarbeitende in den Zustellungsteams in der ganzen Schweiz würden diese Datenbank pflegen.

Im Fall des Stäfners sei ein Fehler bei einem Postboten passiert. «Er hat den Kunden mit jemand anderem verwechselt», schreibt Mediensprecher Stefan Dauner. Gleichzeitig versagte offenbar auch der Kontrollmechanismus, den die Post vorsieht: Denn die Zustellteams erhalten wöchentlich eine Übersicht mit allfällig deaktivierten Adressen und müssen diese prüfen. «Der Kontrollprozess hat in diesem Fall leider nicht funktioniert.»

Post entschuldigt sich

Die Post sei sich bewusst, zu welchen Unannehmlichkeiten ein solcher Fehler führen könne. «Wir bitten um Entschuldigung und werden demnächst mit dem Kunden Kontakt aufnehmen», schreibt Dauner. Falls Kosten wie etwa Mahngebühren entstanden seien, werde eine allfällige Kulanzbeteiligung geprüft.

Ein Post Lieferwagen am Paradeplatz.

(Tamedia AG/Thomas Egli, 20.5.2016)

Dass die Adresse auch einen Tag nach der Meldung des Kunden noch deaktiviert gewesen sei, liegt laut dem Mediensprecher daran, dass die Reaktivierung im System bis zu zwei Tage in Anspruch nimmt. «Nun sollte der Kunde die Post wieder erhalten.»

Beim Stäfner bleibt trotzdem ein ungutes Gefühl zurück. «Dass man meine Identität einfach per Knopfdruck verschwinden lassen kann, finde ich unheimlich.»