Geldsorgen bei Zürcher Volksfesten570’000-Franken-Geschenk: Stadt erlässt Knabenschiessen und Sechseläuten die Gebühren
Weil die beiden Traditionsanlässe Verluste einfahren, kommt ihnen die Stadt bei den Gebühren entgegen. Die Street Parade geht bislang leer aus.
- Der Stadtrat von Zürich erlässt dem Knabenschiessen und dem Sechseläuten die Gebühren.
- Andere Veranstalter wie die Street Parade fordern ähnliche Gebührenerleichterungen.
- Bereits in früheren Jahren haben Veranstaltungen von Gebührenreduktionen profitiert.
Die frohe Kunde erreichte die Organisatoren kurz vor Weihnachten: Der Zürcher Stadtrat erlässt dem Knabenschiessen und dem Sechseläuten für das Jahr 2024 die Gebühren und Kosten für die städtischen Leistungen im Umfang von insgesamt über 570’000 Franken.
Dies geht aus zwei Stadtratsbeschlüssen vom 4. Dezember und 11. Dezember hervor.
Das Knabenschiessen profitiert von 106’000 Franken, das Sechseläuten von 467’000 Franken, weil ihnen die Stadt Leistungen von Entsorgung + Recycling Zürich, Schutz & Rettung, Feuerpolizei, Dienstabteilung Verkehr und Grün Stadt Zürich ebenso wenig verrechnet wie Gebühren für Strom und Wasser.
Zürich erlässt Gebühren nicht zum ersten Mal
Der Stadtrat reagierte damit auf Gesuche der Schützengesellschaft der Stadt Zürich und des Zentralkomitees der Zünfte Zürich. Beide Organisatoren verwiesen auf die grosse gesellschaftliche Bedeutung der Traditionsanlässe – und auf klamme Kassen. Die Schützengesellschaft erwartet für das Knabenschiessen 2024 einen Verlust von 180’000 Franken. Das Zentralkomitee der Zünfte rechnet mit einem Verlust von 13’000 Franken beim letztjährigen Sechseläuten.
Bei der Stadtregierung stiessen die Hilferufe auf offene Ohren – nicht zum ersten Mal. Bereits seit Jahren profitieren die beiden Grossanlässe von Gebührenerlassen, wie Katharina Schorer, Sprecherin des zuständigen Sicherheitsdepartements, auf Anfrage sagt.
Knabenschiessen und Sechseläuten von öffentlichem Interesse
Gemäss ihren Veranstaltungsrichtlinien kann die Stadt im Einzelfall auf Gesuch hin auf die Verrechnung von Gebühren und Kosten verzichten, wenn die Veranstaltung öffentlich zugänglich, nicht gewinnorientiert und von besonderem öffentlichem Interesse ist.
All dies trifft laut dem Stadtrat auf das Knabenschiessen und das Sechseläuten zu. Beides seien Anlässe mit einer weit zurückgehenden Geschichte und grosser Strahlkraft, die jedes Jahr Hunderttausende von Besuchenden nach Zürich lockten. Beide Anlässe seien zudem Teil der lebendigen Traditionen der Unesco.
Erleichtert reagiert Max Hickel vom Knabenschiessen-Organisationskomitee: «Dank den über 300 Personen, die jeweils rund 8000 Stunden an Eigenleistung in Form von Freiwilligenarbeit erbringen, und dank dem Gebührenerlass der Stadt sind wir in der Lage, das Knabenschiessen auch weiterhin auszurichten.»
Sehr dankbar zeigt sich auch Victor Rosser, Sprecher des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs. Der Gebührenerlass widerspiegle die Bedeutung des Sechseläutens für Zürich und die langjährige gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Organisatoren. Er erlaube es, das Sechseläuten jedes Jahr wieder als Frühlingsfest für die ganze Zürcher Bevölkerung und Tausende von Gästen durchzuführen.
Street Parade wünscht Gleichbehandlung
Doch weckt der Gebührenerlass nun Begehrlichkeiten bei anderen Veranstaltern von Grossevents? Beim Verein Street Parade ist die Gebührenfrage ein Dauerbrenner. Bislang profitiert der Verein von keinem Gebührenerlass der Stadt. «Im Gegenteil, die Rechnungen steigen von Jahr zu Jahr», sagt Sprecher Stefan Epli. «Wir werden später entscheiden, ob wir aufgrund dieser Beschlüsse nun ebenfalls einen Erlass fordern.» Schön wäre eine Gleichbehandlung sämtlicher städtischen Anlässe, sagt Epli.
Bei «Weltklasse Zürich» ist ein Gesuch um einen Gebührenerlass entsprechend dem Knabenschiessen und dem Sechseläuten «kein aktuelles Thema», sagt Co-Meetingdirektor Andreas Hediger. Die Veranstaltungen in Zürich seien sehr vielfältig und daher schlecht vergleichbar. Die Stadt sei für «Weltklasse Zürich» ein wichtiger Partner für die Umsetzung des jährlichen Grossevents. Im Rahmen dieser Partnerschaft arbeite man gut zusammen.
Veranstalter muss Abrechnung offenlegen
Laut Katharina Schorer vom Sicherheitsdepartement kann jeder Veranstalter eines Anlasses in Zürich bei der Stadt ein Gesuch um Gebühren- und Kostenerlass stellen – sofern die Veranstaltung öffentlich zugänglich und nicht gewinnorientiert ist. Jedes Gesuch werde einzeln geprüft, die Veranstalter müssen das Budget beilegen und nach dem Anlass die Abrechnung offenlegen.
Derzeit ist laut Schorer kein weiteres derartiges Gesuch von einem Veranstalter eines Grossevents hängig.
Neben dem Knabenschiessen und dem Sechseläuten haben in der Vergangenheit auch schon andere Grossveranstaltungen in Zürich von einem Gebührenerlass profitiert. Im letzten Jahr waren es etwa der Silvesterzauber und das Jugendmusikfestival. Von der Gebührenpflicht für die Benützung des öffentlichen Grundes befreit sind zudem die Bundesfeier, Jugendpartys, eigene Veranstaltungen der Stadt, gemeinnützige Anlässe sowie Quartierfeste mit Verkaufsständen mit bis zu 150 Quadratmetern Fläche, die von Quartiervereinen oder im Quartier ansässigen Vereinen durchgeführt werden.
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