Oster-Krawalle in St. GallenPolizei weist 500 Personen weg
Die Polizei reagierte am Ostersonntag mit massiven Personenkontrollen auf die Ausschreitungen vom Freitag und auf Ankündigungen in sozialen Medien. So konnten weitere Krawalle verhindert werden.
Die 60 Personen, die am Sonntagabend bei umfangreichen Polizeikontrollen in der Stadt St. Gallen auf den Polizeiposten gebracht worden sind, sind alle wieder auf freiem Fuss. Neuerlicher Sachschaden habe verhindert werden können.
Das sagte Stadtpolizei-Sprecher Roman Kohler am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Kohler bezeichnete das Vorgehen der Polizei als richtig. Es sei gelungen, weitere Ausschreitungen und Sachbeschädigungen zu verhindern. Die rund 500 Wegweisungen würden noch analysiert. Weggewiesene Personen, die sich ungerecht behandelt fühlten, hätten die Möglichkeit, sich schriftlich bei der Polizei zu beschweren.
Die Polizei hatte nach den Ausschreitungen vom Freitag den Sachschaden auf rund 50'000 Franken beziffert. Diese Summe könnte sich noch erhöhen. Die Stadtpolizei nimmt laut ihrem Sprecher weiterhin allfällige Anzeigen von Geschädigten entgegen.
Die St. Galler Polizei hat am Sonntagabend in der Innenstadt und am Bahnhof zahlreiche Personen kontrolliert und Wegweisungen ausgesprochen. Trotz erneuten Gewaltaufrufen in den sozialen Medien blieb die Lage ruhig.
Es gebe keine Personenansammlungen, sagte Stadtpolizei-Sprecher Klaus-Dieter Mennel kurz vor 22 Uhr der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Polizei war erneut mit einem Grossaufgebot präsent – Polizisten in Vollmontur, mit Gittern geschützte Fahrzeuge und ein Helikopter, der über der Stadt kreiste.
Am Bahnhof und beim Blumenmarkt wurden Personen kontrolliert und zum Teil weggewiesen. Am Roten Platz zwischen Bahnhof und Altstadt verhinderte die Polizei Ansammlungen von Menschen. Laut Mennel kam es zu keinen Zwischenfällen. Die Kontrollen waren nach 22 Uhr noch im Gang. Auch Krawalltouristen wollte die Polizei nicht tolerieren.
Insgesamt wiesen die Ordnungshüter zwischen 18.00 Uhr und 01.00 Uhr in der Nacht 500 Personen weg, wie die Stadtpolizei St. Gallen am frühen Montagmorgen mitteilte. Nach Personenkontrollen wurden 60 Personen verhaftet und auf mögliche Straftatbestände abgeklärt.
Vermummungsmaterial sichergestellt
Eine Personengruppe hielt die Polizei an, weil sie 2,5 Liter Brennsprit und kleine, leere Flaschen mit sich führte, die zum Bau von Molotow-Cocktails hätten verwendet werden können. Ferner stellte die Polizei diverse Pyros, Vermummungsmaterial und ein Messer sicher.
Die Polizei habe weder Gummischrot noch Reizgas einsetzen müssen. Es habe weder Ausschreitungen gegeben noch seien Personen verletzt worden oder Sachschaden entstanden. Der Polizei sei es gelungen, die Dynamik um Gewaltaufrufe für die Stadt St. Gallen vorerst zu stoppen.
Keine Verstösse gegen Covid-19
Bei den jüngsten Ausschreitungen habe es sich nicht um Verstösse gegen die Covid-19-Verordnung gehandelt, sondern um eine gezielt vorbereitete Gewalt gegen die Einsatzkräfte der Polizei und dem Ziel, Sachschaden zu verursachen, betonte die Polizei.
Der Stadtrat und die Stadtpolizei St. Gallen seien sich bewusst, dass die vielen Wegweisungen auch Fragen aufwerfen würden. Wegen der Aufrufe zur Gewalt und den massiven Ausschreitungen in den vergangenen Tagen seien die Wegweisungen in der ausserordentlichen Situation als verhältnismässig erachtet worden.
Die Abwägung, Personen aus der Stadt wegzuweisen oder erneut verletzte Personen oder Sachschäden in Kauf zu nehmen, sei sorgfältig erfolgt. Die Personenkontrollen und die Wegweisungen seien darüber hinaus im Voraus klar kommuniziert worden.
Eltern sollen Kinder nicht in die Stadt lassen
Die Stadtregierung und die Polizei appellierten am Ostersonntag an die Bevölkerung, den Aufrufen zu Gewalt nicht zu folgen, auch nicht als Schaulustige. Der Appell richtete sich auch an Eltern. Diese sollten ihre Kinder am Sonntagabend nicht nach St. Gallen lassen. (Lesen Sie dazu unseren Artikel: «Die Bereitschaft, sich einzuschränken, wird immer kleiner»).
Die Stadträtin und Polizeivorsteherin Sonja Lüthi (GLP) rief erneut öffentlich zu Gewaltverzicht auf. Es gebe zielführendere Wege, Aufmerksamkeit für Anliegen zu erhalten, erklärte sie am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter.
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Auch Bundespräsident Guy Parmelin hatte zuvor in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» die Ausschreitungen vom Freitagabend scharf verurteilt. Ausschreitungen würden angesichts der Ungeduld in der Pandemie-Situation nicht helfen. Der Bundesrat appellierte an alle, dass sie die Disziplin, die sie bisher gezeigt hätten, beibehalten.
Am Samstagabend hatte die Polizei ebenfalls eine starke Präsenz gezeigt, wie eine Korrespondentin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete. Patrouillen kontrollierten in der Innenstadt am späten Abend viele junge Männer. Zu Zwischenfällen kam es nicht.
Zwei Verletzte und Sachschaden
Am Freitagabend war es in St. Gallen eine Woche nach ersten Randalen am Rand der Altstadt und beim Bahnhof erneut zu Ausschreitungen zwischen Jugendlichen und der Polizei gekommen. Ein Teil der 200 bis 300 versammelten Personen griff die Einsatzkräfte mit Flaschen, Knallkörpern und einem Molotowcocktail an. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Gummischrot und Reizgas.
Mindestens zwei Menschen wurden verletzt. Es gingen Scheiben zu Bruch, und Velos wurden angezündet. Bis Samstagmittag gingen bei der Polizei sieben Anzeigen wegen Sachbeschädigungen im Umfang von total rund 50'000 Franken ein. Ein 25-jähriger Mann wurde festgenommen. 21 Personen wurden für Abklärungen auf den Polizeiposten gebracht. 33 Personen wurden polizeilich aus der Stadt weggewiesen.
Nach dem Vorfall entbrannte in der Öffentlichkeit eine Diskussion unter anderem über die Folgen der Coronavirus-Pandemie für die Jugendlichen. Dabei hiess es etwa, diesen fehle aufgrund der behördlichen Massnahmen eine Perspektive. (Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Es reicht jetzt mit dem Lockdown für die Jugend).
SDA/fal/chk
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