Streamingdienst unter Druck Der Gründer von Spotify rudert wegen umstrittenem Podcast zurück – aber nur ein bisschen
Komiker Joe Rogan hat mit seinem Podcast dem Streamingdienst viel Ärger eingebracht. Nun versucht Spotify-Chef Daniel Ek, die Wogen zu glätten.
Der Streamingdienst Spotify gerät wegen des umstrittenen Podcasts des Stand-up-Comedian Joe Rogan immer stärker unter Druck. Nun entschuldigte sich Spotify-Gründer Daniel Ek in einer internen Botschaft bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, weigert sich aber, Rogan von der Plattform zu verbannen.
«Einige der Kommentare von Joe Rogan sind nicht nur unglaublich verletzend – ich möchte auch klarstellen, dass sie nicht die Werte dieses Unternehmens repräsentieren», so Ek in der Mail an die Spotify-Belegschaft. Der «Hollywood Reporter» hat den ganzen Text veröffentlicht.
Im Podcast von Rogan kamen wiederholt Impfskeptiker zu Wort. 270 Wissenschaftlerinnen und Mediziner unterzeichneten deshalb Mitte Januar einen offenen Brief an Spotify, weil sie Rogan vorwarfen, Verschwörungsmythen und falsche Tatsachen zu verbreiten.
Doch nicht nur das: Hinzu kamen Episoden, in denen Rogan oder seine Gäste das N-Wort verwendeten oder andere rassistische Beleidigungen gesendet wurden. Spotify hat daher am Wochenende rund 70 Folgen des umstrittenen Podcasts aus der Bibliothek entfernt.
Millionen Kunden in der Schweiz
Die App ist auch in der Schweiz beliebt. Laut einer Studie der Interessengemeinschaft Elektronische Medien zählt Spotify in der Schweiz 2,2 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. 1,4 Millionen davon bezahlen für den Dienst. Bei der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen ist er besonders beliebt.
Nun ist aber der gute Ruf des Erfolgsmodells gefährdet. Als Reaktion auf die Kontroverse kündigte Ek daher am Sonntag an, er werde 100 Millionen Dollar für die «Lizenzierung, Entwicklung und Vermarktung» von Musik- und Audioinhalten aus historisch marginalisierten Gruppen ausgeben.
Die Kontroverse hat nicht nur dem Ruf von Spotify geschadet, sie hat auch Milliarden an Börsenvermögen vernichtet. Die Aktie von Spotify hatte in den letzten zwölf Monaten ohnehin einen schweren Stand und hat rund 50 Prozent ihres Werts verloren. In den letzten Tagen ging es noch einmal deutlich abwärts: rund 2 Milliarden Dollar Börsenwert verpufften wegen der Affäre um Rogan.
Das spürt auch Spotify-Gründer Daniel Ek. Denn mit dem Kursabsturz schmilzt auch sein Vermögen. Der Gründer soll laut Medienberichten rund 18 Prozent der Anteile des Unternehmens halten.
Ausgelöst wurde der Skandal durch den Rückzug von Musikern wie Neil Young oder Joni Mitchell. Sie zogen ihr gesamtes Werk vom Streamingdienst ab. Grosse Aufmerksamkeit erreichte ein Video der US-Künstlerin India.Arie. Auch sie liess ihre Werke entfernen und stellte auch gleich noch ein Video auf Instagram, in dem sie alle rassistischen Äusserungen in Rogans Podcast zusammenschnitt.
Offen ist, wie gross die Einsicht von Ek tatsächlich ist. «Ich verurteile Joe Rogans Äusserungen aufs Schärfste und stimme mit seiner Entscheidung überein, vergangene Episoden von unserer Plattform zu entfernen, aber mir ist klar, dass einige mehr wollen», so Ek. Und er ergänzte: «Ich möchte einen Punkt sehr deutlich machen – ich glaube nicht, dass die Antwort sein kann, Joe zum Schweigen zu bringen.» Womit die Aufregung wohl weitergehen wird.
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