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Kampfjet-Beschaffung
Spionieren die USA gegen die Schweiz – so wie 2015 gegen die Dänen?

«Wir sind für einen fairen, transparenten Wettbewerb.» Der US-Botschafter in der Schweiz, Edward T. McMullen, spricht vor einem F-35-Kampfjet in Payerne mit Schweizer Journalisten. 
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Der amerikanische Nachrichtendienst NSA hat 2015 und in den Jahren zuvor offenbar das dänische Aussenministerium sowie das Verteidigungs- und das Finanzministerium ausgespäht. Systematisch. Die USA wollten sich damit Vorteile verschaffen im damaligen dänischen Kampfjet-Beschaffungsprozess, wie Medien berichten.

2016 entschied sich Dänemark für das Angebot von Lockheed Martin und bestellte 27 Stück des Modells F-35. Der Spionageskandal in Nordeuropa, der wegen eines dänischen Whistleblowers ans Licht kam, erscheint aus Schweizer Sicht von Interesse. Denn heute ist es die Eidgenossenschaft, die im Begriff ist, neue Kampfjets zu kaufen.

Und wie damals in Dänemark stehen von US-Seite her die Super Hornet von Boeing und der F-35 von Lockheed Martin im Wettbewerb. So liegt die Frage auf der Hand, ob die USA gegenwärtig auch den Schweizer Kampfjet-Beschaffungsprozess ausspionieren.

«Kein öffentlicher Kommentar»

Eine erste Anfrage dieser Redaktion vor Weihnachten lässt die US-Botschaft in Bern unbeantwortet. Erst auf Nachhaken hin antworten die Amerikaner per E-Mail. Die für Public Affairs zuständige US-Botschaftsmitarbeiterin Gaby Bloem richtet aus: «Die USA kommentieren angebliche Geheimdienstoperationen nicht öffentlich.»

Wie diese Antwort zu werten ist, weiss Erich Schmidt-Eenboom, der bekannte deutsche Nachrichtendienst-Experte und Autor. Gestützt auf Funde auf der Enthüllungsplattform Wikileaks sagt er unumwunden, «die Verantwortlichen für die Schweizer Sicherheitspolitik müssen davon ausgehen, dass die US-Dienste alle Kommunikation, die die Beschaffung der Kampfflugzeuge betrifft, ausspähen und via NSA auch über die kryptologische Kompetenz verfügen, verschlüsselte Nachrichten mitzulesen».

Dass US-Geheimdienste auch in befreundeten Staaten in Europa wirtschaftliche Interessen ihrer Auftraggeber in Washington verfolgen, dazu hat Schmidt-Eenboom diverse Beweise. Schmidt-Eenboom verweist auf Wikileaks-Unterlagen, die belegen, wie die USA auch in Deutschland Industrie- und Bankenspionage betrieben haben.

Und auch der deutsche Bundesnachrichtendienst hielt bereits seit 1997 in einer Studie fest: «In den USA besteht Einigkeit darüber, dass die amerikanischen Nachrichtendienste in Zukunft durch verstärkte Wirtschaftsaufklärung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie beitragen sollen (...)»

Schweiz gibt sich bedeckt

Die Schweiz hat kürzlich ihre Kräfte aufgestockt, um fremde Spionage zu erkennen und diese abzuwehren. Was der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in der laufenden Kampfjet-Evaluation tut, ist geheim. NDB-Sprecherin Isabelle Graber sagt deshalb auf Anfrage nur, zu konkreten Fällen nehme der NDB keine Stellung.

Er äussere sich zu seinen operationellen Aufträgen und Tätigkeiten nur gegenüber der Chefin VBS und dem Bundesrat sowie gegenüber seinen Aufsichtsorganen, darunter die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments.

Dreistes Vorgehen in Dänemark

Die nach dänischem Recht verbotene Spionageaktion um das Jahr 2015 war Medienberichten zufolge breit angesetzt. Ausspioniert wurde demnach neben mehreren Ministerien und Entscheidungsträgern gleich auch die gesamte Konkurrenz. Also namentlich Deutschland und Schweden sowie diverse andere Länder, in denen Militärindustriebetriebe tätig sind.

Der dänische Fernsehsender DR kam letztes Jahr in seinen Recherchen zum Schluss, dass die Spionage zwischen 2012 und 2015 indirekt dazu beitrug, dass Dänemark letztlich den F-35 kaufte. Ausgenutzt hat die NSA offenbar eine hoch geheime Überwachungskooperation zwischen den USA und Dänemark. Die Anschuldigungen an die Amerikaner führten letztes Jahr in Dänemark zu parlamentarischen Untersuchungen, die noch andauern.

Basis dafür bilden klassifizierte Unterlagen des dänischen Geheimdienstes. Ein Whistleblower machte diese publik, nachdem er sich zuerst vergeblich an Vorgesetzte gewendet hatte. Die Motivation des dänischen Geheimdienstlers, der als «der dänische Snowden» bezeichnet wird: Das Vorgehen der US-Dienste verstosse eklatant gegen die Interessen Dänemarks.

Und die anderen?

Aus Schweizer Sicht stellt sich schliesslich auch die Frage: Was ist mit Frankreich, das den Rafale verkaufen will, und Deutschland, das den Eurofighter anpreist? Schmidt-Eenboom hält dazu fest, zum Auftragsprofil der französischen Dienste zähle ebenfalls die Aufgabe, das wirtschaftliche Wohl des Landes zu befördern. Im Rahmenauftrag des deutschen BND fehle eine solche Bestimmung. «Dass diese europäischen Dienste in der Lage sind, Schweizer Verschlüsselungstechnik zu knacken, würde ich jedoch eher bezweifeln», sagt der Nachrichtendienst-Experte.