Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Russische Agenten im Land
Geheimdienst verschärft Warnung vor Putin-Spionen

Streit Botschaftsquartier rund um die Russische Botschaft und Konsulat am 09.01.2023 in Bern. Foto: Raphael Moser / Tamedia AG
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Abhöraffäre in Deutschland ist das beste Beispiel: Russland hat seine Spionage in Europa nach Rückschlägen zu Beginn des Ukraine-Krieges wieder intensiviert. Jetzt reagiert der Nachrichtendienst des Bundes (NDB): «Die grösste aktuelle Bedrohung durch Spionage geht von russischen Nachrichtendiensten aus», teilt Sprecherin Sonja Margelist auf Anfrage mit.

Damit verschärft der NDB seine Warnung. Im letzten Lagebericht, der Mitte 2023 herauskam, hiess es zwar auch, dass die Bedrohung der Schweiz durch Spionage hoch sei. Ebenso wurden die Russen als Hauptakteure erwähnt, damals aber noch auf einer Stufe mit den Chinesen.

«Putin hat das Ziel, Westeuropa zu destabilisieren»

«Europa ist im Krieg», sagt Peter Regli, ehemaliger Chef des Nachrichtendienstes. Die erhöhte Spionagetätigkeit sei Teil der hybriden Bedrohung. «Putin hat das Ziel, Westeuropa zu destabilisieren. Dazu ist eine umfassende Informationsbeschaffung nötig.»

So konnte der russische Geheimdienst ein Gespräch von deutschen Soldaten belauschen, die über einen Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern in der Ukraine sprachen. Der Mitschnitt wurde kürzlich veröffentlicht, was in Deutschland grossen Wirbel auslöste.

Die englische Tageszeitung «Financial Times» berichtete diese Woche, dass die russischen Geheimdienste sich neu organisiert hätten und ihre Aktivitäten unterdessen höher sein könnten als während des Kalten Krieges – obwohl nach Ausbruch des Ukraine-Krieges die Russen einen herben Rückschlag erlitten. Viele europäische Staaten wiesen damals eine grosse Zahl an russischen Spionen, die als Diplomaten getarnt waren, aus.

Genf steht im Mittelpunkt

Die Schweiz verzichtete darauf. Die Abwehr der russischen Spionageaktivitäten ist aber nach wie vor ein Schwerpunkt der nachrichtendienstlichen Arbeit, wie der NDB betont. Nebst Cyberspionage erfolge ein erheblicher Teil der Informationsbeschaffung in der Schweiz mit menschlichen Quellen. «Für diese Aktivitäten werden vor allem die russischen diplomatischen Vertretungen genutzt.»

Die «Financial Times» schreibt, die als Diplomaten getarnten russischen Agenten würden jetzt vor allem aus den neutralen Ländern Schweiz und Österreich operieren. Unter Berufung auf einen Geheimdienstmitarbeitenden heisst es in der Zeitung, dass fast ein Drittel der russischen Missionen in Europa mittlerweile von den «sicheren Knotenpunkten» Genf und Wien aus gesteuert würden.

Auch der ehemalige russische Diplomat Boris Bondarew glaubt, dass Genf «einer der wichtigsten Knotenpunkte für russische Geheimdienste ist», wie er gegenüber den Tamedia-Zeitungen sagt. Viele Spione würden in die liberale Schweiz geschickt.

Kritik am Bundesrat

Allerdings ist die Zahl der russischen Diplomatinnen und Diplomaten in der Schweiz seit Kriegsausbruch vor zwei Jahren stabil. Zurzeit sind 218 Personen akkreditiert, wie das Aussendepartement (EDA) auf Anfrage bekannt gibt. Laut NDB-Lagebericht ist «mindestens ein Drittel» des diplomatischen Personals in der Schweiz für die russischen Nachrichtendienste tätig. Das wären demnach über 70 Personen.

«Das ist nur die Spitze des Eisberges», sagt Ex-Geheimdienstchef Regli. Es sei bekannt, dass die meisten russischen Diplomaten im Sold der Nachrichtendienste stünden. Der 79-Jährige äussert deshalb Kritik. «Der Bundesrat könnte mehr gegen die Spionagetätigkeit Russlands auf Schweizer Boden tun.» Doch die Landesregierung halte sich lieber an einem veralteten Neutralitätsbild fest. Regli: «Wer heute neutral ist, steht auf der Seite des Aggressors.»