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Spionageverdacht in Meiringen
Agenten-Haus? Chinesen wollen ihr Rössli am Militär­flughafen loswerden

Flugbetrieb F/A 18 Hornet und Hotelbetrieb MeiringenUnterbach. © Markus Hubacher
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Wollen Sie einen gemütlichen Schweizer Gasthof kaufen, der zuletzt vielleicht dem chinesischen Geheimdienst gehörte? Die einmalige Gelegenheit bietet sich derzeit im Berner Oberland. In Unterbach, einem Weiler bei Meiringen, hatte eine angebliche Familie namens Wang im Oktober 2018 das Rössli gekauft.

Das Besondere am bereits etwas älteren Hotel mit Restaurant: Es liegt direkt neben dem einzigen reinen Militärflughafen der Schweiz. Bis zur Piste sind es vom Gasthof rund 50 Meter.

Seit vergangenem Juli ist das Rössli aber geschlossen. Damals gab es dort eine Razzia der Kantonspolizei Bern. Darüber und über einen Spionageverdacht gegen die Wangs berichtete diese Redaktion.

«David» führte ein Doppelleben

Dawei Wang, der sich in der Schweiz «David» nannte, bestritt damals am Telefon jegliche Agententätigkeit. Seine Familie habe das Rössli als Investment gekauft und selbst betrieben. Das mit der Spionage seien «Fake News», sagte der Mann, der nun in schweizerischen Justizunterlagen als 27-Jähriger aus Peking geführt wird.

Die Schweizer Sicherheitsbehörden gehen aber gemäss mehreren Quellen nach wie vor davon aus, dass China seinen jungen Staatsbürger und dessen angebliche Eltern vor rund sechs Jahren ins Berner Oberland schickte, um den Meiringer Militärflugplatz auszuspionieren.

Besonderes Interesse dürfte in Peking geweckt haben, dass die Schweiz im Haslital ihr neues Kampfflugzeug starten und landen lassen will: Die amerikanische F-35 ist seit Jahren Zielobjekt intensiver Geheimdienstoperationen der Volksrepublik.

Doch an den meisten Orten der Welt ist es schwierig, in die Nähe eines Militärflugplatzes zu gelangen. In Meiringen hingegen kann jedermann mit dem Auto oder dem Velo die Rollbahn queren. Und sogar ein Hotel beim Flughafen kaufen und betreiben.

«David» Wang führte in der Schweiz ein Doppelleben. Zum einem besuchte er die teure Hotelfachschule in Leysin. Dadurch erhielt er eine Schweizer Aufenthaltserlaubnis. Hoch über dem Genfersee lebte er im Internat. Zum anderen war er Mitbesitzer des Rössli in Meiringen, in dem er an Wochenenden auch arbeitete.

Eltern mal «in China», mal im Haslital

Seinen Kommilitonen in Leysin verheimlichte «David», dass er im Berner Oberland ein Hotel gekauft hatte. Für sich behielt er auch, dass seine angeblichen Eltern in der Schweiz wohnten. «David hat erzählt, dass seine Familie in China lebt», sagt ein ehemaliger Klassenkamerad aus Leysin in einer Reportage des Westschweizer Fernsehens, die auch die Deutschschweizer «Rundschau» zeigt.

Nach der Übernahme des Gasthofs 2018 schlossen die Wangs schnell das Restaurant des Rössli. Das Hotel betrieben sie aber ohne Küche weiter. Die mutmassliche Spionageoperation dauerte – mit Unterbrüchen wegen der Pandemie – fast fünf Jahre lang, bis zur Razzia während der vergangenen Sommerferien.

Der Schweizer Staat hat damals versucht, die Sache möglichst diskret zu erledigen. Der Polizeieinsatz beim Rössli am 26. Juli 2023 fand nicht wegen illegalen Nachrichtendiensts statt, sondern «im Zusammenhang mit Widerhandlungen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz und gegen das Gastgewerbegesetz», wie die Kantonspolizei Bern schreibt. Eine Person sei vorläufig festgenommen worden, eine zweite «wurde ebenfalls für weitere Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht».

Wegen illegalen Putzens verurteilt

Danach wurden Dawei «David» Wang und seine angeblichen Eltern von der Berner Staatsanwaltschaft verurteilt. Gemäss den Strafbefehlen geschah dies, weil sie im Rössli ohne Arbeitsbewilligung putzten, den Garten gossen, die Wäsche machten und Frühstück zubereiteten.

Die Verurteilten erhielten bedingte Geldstrafen: Bei «David» sind es 80 Tagessätze zu je 50 Franken, bei den angeblichen Eltern jeweils 50 Tagessätze zu je 12 Franken. Die 4000 beziehungsweise 600 Franken müssen sie allerdings nur bezahlen, wenn sie innerhalb einer Probezeit von zwei Jahren in der Schweiz in ähnlicher Weise erneut straffällig werden. Sicher entrichten muss das Trio Bussen von gesamthaft 1750 Franken und 1800 Franken Gebühren.

Ihre Unkosten scheinen die mutmasslichen Agenten nun über den Verkauf des Rössli decken zu wollen. Seit neuestem ist der Gasthof über eine Immobilienplattform zum Kauf ausgeschrieben – für 1’590’000 Franken. Es wäre ein gutes Geschäft. Erstanden hatten die Wangs das Objekt 2018 für rund 800’000 Franken.

Ein lokaler Makler schreibt aktuell im Inserat: «In den letzten Jahren wurden verschiedene Investitionen getätigt.» Zudem preist er das Rössli für die Nähe zum Flugplatz.