Plan gegen 10-Millionen-Schweiz-InitiativeSondersteuer für Zuwanderer: SP findet FDP-Vorschlag «völlig fehl am Platz»
Die FDP will der Zuwanderungsinitiative der SVP mit einer drastischen Massnahme den Wind aus den Segeln nehmen. Doch die Gegner sind zerstritten.

- Parteien befürchten: Die 10-Millionen-Schweiz-Initiative der SVP könnte Erfolg haben.
- FDP-Politiker Simon Michel plant eine Einwanderungsabgabe zur Abschreckung von Zuwanderern.
- SP-Ständerätin: Einwanderungsgebühr ja, aber Arbeitgeber soll sie zahlen.
- Der Bundesrat hält die Einwanderungsgebühr für nicht kompatibel mit EU-Personenfreizügigkeitsabkommen.
In den Städten wird der Wohnraum knapper, der Verkehr dichter, und die Gesundheitskosten steigen. Viele fragen sich: Wie viel Zuwanderung verkraftet das Land noch? «Zuwanderung» und «Flüchtlinge» stehen im Sorgenbarometer der UBS an fünfter Stelle. Deshalb dürfte die 10-Millionen-Schweiz-Initiative der SVP gute Chancen haben. Sie verlangt eine Begrenzung der Bevölkerung und wenn nötig die Kündigung der Personenfreizügigkeit. Die anderen Parteien fürchten das Volksbegehren wie der Teufel das Weihwasser.
Deshalb wollen FDP-Politiker, angeführt von Nationalrat und Unternehmer Simon Michel, die Initiative mit einem scharfen Gegenvorschlag bekämpfen. Er soll die Bevölkerung so weit beruhigen, dass die Mehrheit die SVP-Initiative für überflüssig hält.
Einwanderer sollen drei Prozent des Lohns zahlen
So sieht Michels neuster Plan aus: Wer in die Schweiz zieht, soll für die Dauer von elf Jahren eine Abgabe von drei Prozent auf das Einkommen entrichten. Mit diesem Lenkungsinstrument soll die Schweiz für Zuwanderer weniger attraktiv gemacht werden. Einen ähnlichen, aber weniger konkreten Vorschlag hatte Michels Parteikollege Ständerat Andrea Caroni schon 2023 gemacht.

Laut den Zeitungen von CH-Media versuchen FDP-Politiker nun, die SP für ihren Anti-SVP-Plan zu gewinnen. Die Linken sind mindestens so stark daran interessiert, die SVP-Initiative zu verhindern. Denn mit der Annahme der Initiative wären neue Verträge mit der EU wohl definitiv vom Tisch.
SP-Ständerätin: Arbeitgeber soll die Gebühr zahlen
Trotzdem ist die SP alles andere als begeistert von Michels Vorschlag einer Einwanderungsgebühr. Co-Fraktionschefin Samira Marti sagt: «Eine Sondersteuer wäre hier völlig fehl am Platz.» Sie erinnert an die Pflegefachpersonen, die aus den Nachbarländern in die Schweiz kommen und «den Pflegenotstand in Altersheimen und Spitälern mildern» – eine «Arbeit, von der alle profitieren», sagt Marti. Statt «Spaltungen zu vertiefen», brauche es «Anerkennung für ihren Beitrag zur Gesundheitsversorgung».

Nicht so weit geht SP-Ständerätin Franziska Roth. Sie sei grundsätzlich offen für eine Diskussion über eine solche Steuer. «Wir müssen der Zuwanderungsinitiative der SVP entschieden entgegentreten.» Denn sie führe zur Kündigung der Bilateralen und zerstöre die Beziehungen zur EU.
Wichtig sei, dass eine solche Zuzügerabgabe «nicht die Falschen treffe», so Roth. Es müsse sichergestellt sein, dass sie nicht von den Angestellten, sondern von den Arbeitgebern bezahlt werde. Sie dürfe unter keinen Umständen die Verträge mit der EU verletzen. Und die Einnahmen müssten verwendet werden, um durch Einwanderung zusätzlich entstehende Infrastrukturkosten zu decken, sagt Roth.
Michel droht ein Eigentor
Selbst in der FDP ist Michels Idee umstritten. Präsident Thierry Burkart findet sie zwar «prüfenswert», sagt er auf Anfrage. Er betont aber, dass es nicht ein offizieller Vorschlag der FDP sei. Die Partei habe noch keine konsolidierte Meinung dazu. Insbesondere FDP-Mitglieder aus der Romandie sind dagegen.
Und dann gibt es noch ein ganz anderes Problem: Möglicherweise entpuppt sich nicht nur die SVP-Initiative als inkompatibel mit der Personenfreizügigkeit, sondern auch Michels Plan. Jedenfalls hat der Bundesrat zu Caronis Vorschlag einer Einwanderungsgebühr letztes Jahr festgehalten: «Solche Instrumente sind nicht mit dem Freizügigkeitsabkommen vereinbar.»
Würde die Gebühr tatsächlich zu einem Bruch mit der EU führen, wäre das für Unternehmer Michel ein Eigentor: Denn er ist ein glühender Verfechter der neuen EU-Verträge.
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