Reportage aus SomalilandDas Wunder von Ostafrika
Friedlich, stabil und jetzt der Deal mit Äthiopien: Ihr kriegt Zugang zum Meer, dafür erkennt ihr uns als Staat an. In der Region träumen sie schon vom Wirtschaftsboom.

Ali Aden Naleye ist fertig für heute. Um vier Uhr ist er aufgestanden, um zu beten. Dann ist er zum Hafen gefahren, um einen Container in Empfang zu nehmen, den Papierkram zu erledigen und die Fracht auf einen LKW verladen zu lassen. Jetzt ist es früher Nachmittag und drückend heiss, also eigentlich Zeit für Naleyes Mittagsschlaf.
Mit 62 Jahren steckt man die kurzen Nächte nicht mehr so leicht weg. Aber für einen Cappuccino – süss und mit Kamelmilch, wie es sich gehört in Somaliland – nimmt er sich dann doch Zeit. Es ist ja auch für ihn ziemlich aufregend, was gerade passiert mit seinem Land.
Mehr Business erwünscht
Naleye, ein kleiner Mann mit grauem Bart und wilden schwarzen Augenbrauen, lehnt sich mit einem Seufzer in die Lehne seines Plastikstuhls. Der Container am Morgen war ein kniffliger Auftrag. Er kam aus der Türkei in den Hafen von Berbera und hatte die Kompletteinrichtung für zehn Häuser geladen. Unter den Möbeln waren auch Spiegel, die sie sicher verstauen mussten, und zwar sicher genug für eine 20-Stunden-Fahrt auf der ungeteerten Landstrasse.
Doch knifflig oder nicht, Naleye hätte gern mehr zu tun. Mehr Business. In manchen Wochen haben sie jeden Tag einen Auftrag. Und in manchen gar keinen.

Naleye hat das gute Gefühl, dass diese Zeiten vorbei sind. Es gibt da ja diesen Deal, den Somaliland mit Äthiopien abgeschlossen hat. In seiner Firma reden sie über nichts anderes. Das Abkommen wird Berbera, Somalilands zweitgrösste Stadt, dem Hafen und auch Naleyes Transportfirma einen Boom bescheren, davon ist er überzeugt.
Einen Boom!
Und nicht nur das, davon ist er mindestens genauso überzeugt: Das Abkommen wird aus Somaliland – dem Land, für dessen Freiheit er gekämpft und geblutet hat – endlich das machen, was es längst sein könnte, wenn die Welt gerecht wäre, ein echter Staat.
Ganz sicher? «Ganz sicher», sagt Naleye.
Somaliland ist kein Staat. Aber ein kleines ostafrikanisches Wunder mit rund fünf Millionen Einwohnern. 1991 erklärte die Region, am Golf von Aden gelegen und etwas kleiner als Italien, nach einem mörderischen Bürgerkrieg ihre Abspaltung von Somalia. Seitdem regiert sie sich selbst – und zwar ziemlich erfolgreich. Somaliland ist arm, doch kein Land am Horn von Afrika ist in den vergangenen Jahrzehnten stabiler, sicherer und friedlicher gewesen. Schon gar nicht der «failed state» Somalia.
All das schaffte Somaliland weitgehend ohne Hilfe von aussen, die gab es nämlich lang nur für Staaten. Und in den Augen der Welt ist Somaliland bis heute kein Staat, sondern ein Teil Somalias.
Ein historischer Triumph
Den Kampf um Unabhängigkeit hat Somaliland gewonnen, den Kampf um Anerkennung verliert es seit 33 Jahren. Bis jetzt. Am Neujahrstag hat das kleine Somaliland mit seinem grossen Nachbarn Äthiopien ein Abkommen geschlossen, das seitdem ganz Ostafrika aufwühlt. Was genau drinsteht, ist noch geheim. Doch so wie Somaliland es darstellt, erfüllt das Abkommen beiden Seiten ihre grössten Wünsche. Äthiopien – mit 125 Millionen Menschen das bevölkerungsreichste Land der Welt ohne Zugang zum Meer – bekäme einen zwanzig Kilometer breiten Streifen der Küste Somalilands für seine Marine.
Und Somaliland – das vielleicht unabhängigste abhängige Land der Welt – würde von Äthiopien offiziell anerkannt.
Somalilands Regierung verkauft den Deal als historischen Triumph. Auch die Wirtschaftsbeziehungen sollen gestärkt und der äthiopische Handel über Berbera ausgebaut werden. Doch der Deal könnte sich auch als historischer Fehler erweisen. Zum einen, weil Äthiopien zur Anerkennung Somalilands längst nicht so entschlossen zu sein scheint, wie Somaliland das gern hätte. Und zum anderen, weil der vermeintliche Win-win-Deal zwei wütende Verlierer hervorbringt: Somalia, das von einer Aggression spricht und seine Verbündeten um sich schart. Und die Menschen, die an der Küste von Somaliland leben, wo bald die äthiopische Flagge wehen könnte.

Somaliland war schon mal ein Staat, für fünf Tage. Am 26. Juni 1960 erklärte es seine Unabhängigkeit von Grossbritannien und wurde von mehr als 30 Staaten anerkannt. Am 1. Juli sagte sich Somalia von Italien los, und die beiden Gebiete vereinigten sich. Der neue Staat übernahm den Namen des südlichen Teils – Somalia – und dessen Hauptstadt Mogadiscio.
Umso wichtiger ist den Einwohnern von Somaliland die historische Reihenfolge: Somalia habe sich Somaliland angeschlossen, nicht umgekehrt.
Im Widerstand
«Wir wurden betrogen», sagt Ali Aden Naleye im Café in Berbera. Einen Staat für alle Somalier hätten die Menschen im Norden gewollt – und bekommen hätten sie einen, in dem der Süden alles bestimme. «Wer studieren wollte, wer einen Pass brauchte, wer mit einem Flugzeug fliegen wollte – all das gab es nur in Mogadiscio», sagt Naleye. 1960 war er noch nicht geboren, aber er hat erlebt, wie sich der Traum von der Einheit für Somaliland unter dem Diktator Siad Barre in einen Albtraum verwandelte.
Wer dem Clan der Isaaq angehörte, dem mit Abstand grössten in Somaliland, «konnte auf der Strasse einfach erschossen werden», sagt er.
Naleyes Bruder schloss sich Anfang der Achtzigerjahre dem Widerstand gegen Barre an – und starb im Kampf gegen die Armee. Da beschloss Naleye, selbst in den Untergrund zu gehen und zu kämpfen. Mitte zwanzig war er da und Vater von zwei Kindern. Er war dabei, als die Rebellen von Äthiopien aus über die Grenze marschierten.
Als sie Hargeisa, die Hauptstadt von Somaliland, eroberten. Als sie Schutz suchten vor den Luftangriffen. Als sie die Hafenstadt Berbera einkreisten, die letzte Bastion der Armee, und vom Strand aus sahen, wie die Kommandanten auf Schiffen Richtung Jemen flohen. «Wir waren eine kleine Miliz gegen eine ganze Armee», sagt Ali Aden Naleye. «Aber wir kannten das Land. Und wir wussten, wofür wir kämpfen.»
Die Clans definierten Frieden
1991 hatten die Rebellen gewonnen, nach zehn Jahren Krieg. Doch das Land war zerstört. Hargeisa habe ausgesehen «wie Gaza heute», sagt Naleye. Er kann noch immer nicht fassen, dass Flugzeuge mit der somalischen Flagge auf den Flügeln – ein weisser Stern vor blauem Grund – somalische Städte in Schutt und Asche bombten. Eines dieser Flugzeuge haben sie heute im Zentrum von Hargeisa auf ein Podest geschraubt, als Erinnerung daran, was ihnen passiert ist und wer ihnen das angetan hat.
Naleye hat im Krieg nur einen Schuss in den Oberschenkel abbekommen, Zehntausende überlebten ihn nicht.
Dass es in Somaliland seitdem weitgehend friedlich und sicher zugeht – anders als in Somalia –, führen viele auf eine Konferenz zurück, die im April 1991 in der Stadt Burao begann. Die Chefs der Clans setzten sich zusammen und berieten, wie es weitergehen soll – und wie sie Konflikte lösen können, ohne sich gleich an die Gurgel zu gehen. Am 18. Mai endete die Konferenz mit der Unabhängigkeitserklärung.
Seitdem haben sie Somaliland wieder aufgebaut, seit einigen Jahren auch mit Entwicklungshilfe und Investitionen aus dem Ausland. Doch die Armut ist noch immer gross, so wie die Gegensätze. In Hargeisa strecken einem Bettler Pappschilder mit Telefonnummer entgegen – in der Hoffnung auf eine Spende über das Handy-Zahlungssystem, das hier alle benutzen, weil so gut wie niemand mehr Bargeld in der Tasche hat. In Berbera gibt es kaum geteerte Strassen, aber einen Hafen, der mit Millionen aus Abu Dhabi auf Hochglanz poliert wurde.
«Jetzt wird alles anders»
Ali Aden Naleye sagt, dass das Geschäft am Hafen sich lang gut entwickelt habe. Möbel aus der Türkei, Rikschas aus Indien, Wasserrohre aus China – die Container, die sie verladen, kommen aus der halben Welt. Aber inzwischen, sagt er, hätten sie eine Grenze erreicht. Das Geschäft stagniert. Somaliland, glaubt Naleye, ist so weit gekommen, wie man als Staat kommen kann, den die Welt nicht anerkennt. Der nicht mehr ausgeschlossen ist, aber eben auch nicht angeschlossen. Doch jetzt, dank Äthiopien, werde es vorangehen. «Jetzt wird alles anders», sagt er.
Somaliland hat eigentlich alles, was ein Staat braucht: ein Volk, ein Land, eine Hymne, eine Regierung – und Unabhängigkeit. Aber ein Staat ist kein Verein, den man anmelden kann, sobald sieben Erwachsene sich auf Satzung, Vorstand und Namen geeinigt haben. Ein Staat ist ein Staat, wenn andere Staaten das auch so sehen. Nur dann kann aus einer abtrünnigen Provinz irgendwann ein Mitglied der Vereinten Nationen werden – so wie zuletzt Osttimor, der Südsudan oder Montenegro. Und so wie bald Somaliland, da gibt sich die Regierung siegessicher – jetzt, wo der erste Schritt geschafft ist. «Für diese Anerkennung haben wir dreiunddreissig Jahre lang gekämpft», sagt Rhoda Elmi, die stellvertretende Aussenministerin von Somaliland. «Und das ist erst der Anfang.»
Statt eines Treffens im Ministerium hat Elmi ein Mittagessen in einem Hotel in Hargeisa vorgeschlagen. Der Aussenminister ist auf Reisen – natürlich in Äthiopien –, sie springt ein. Sie kommt fast pünktlich und allein, ohne Leibwächter oder Pressesprecherin, und bestellt Mango-Lassi und Hähnchenspiesse. Ihr Kopftuch ist rosa, ihre Fingernägel schwarz lackiert – bis auf die der Mittelfinger, die sind lila.
Ihr Alter? Nächste Frage bitte, sagt sie lächelnd.

Rhoda Elmi ist wie so viele hier ein Kind der Diaspora. Sie wuchs in Schweden auf, wohin ihr Vater geflohen war. In Göteborg studierte sie Pharmazie und machte Lokalpolitik für die liberale Partei. 2013 gründete sie in Hargeisa einen Vertrieb für Medikamente und Hygieneartikel, die sie aus Schweden importierte.
Schon ein Jahr zuvor war sie zur Botschafterin in Schweden ernannt worden. Fünf Jahre lang habe sie in Stockholm und Brüssel an Türen geklopft, sagt Elmi, und immer das Gleiche gehört: Wenn ihr unsere Anerkennung wollt, dann müsst ihr in Afrika anfangen. «Genau das», sagt Elmi, «tun wir gerade.»
Eine Küste wird vermietet
Was genau ihre Regierung mit Äthiopien ausgehandelt hat, verrät Elmi nicht. Aber sie dementiert ein paar Gerüchte. Dass Äthiopien den zwanzig Kilometer breiten Küstenstreifen von Somaliland kaufe. Dass Äthiopien einen eigenen Hafen bauen und damit dem Hafen in Berbera Konkurrenz machen werde.
Beides nicht wahr, sagt sie: Äthiopien werde den Handel über Berbera sogar ausbauen und das Gebiet an der Küste für fünfzig Jahre mieten, um dort einen Marinestützpunkt zu errichten. Im Gegenzug erkenne Äthiopien Somaliland an. Ganz einfach. Dass der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed das in seinen bisherigen Auftritten keineswegs als Tatsache präsentiert hat, sondern als Option, die man in einer nicht näher definierten Zukunft prüfen werde, hat sie natürlich mitbekommen. Aber das entspreche nicht ihrem Informationsstand, sagt sie kühl.
Dass Äthiopien einen Zugang zum Meer brauche und bekommen werde, so oder so, das hatte Abiy Ahmed vor dem 1. Januar so oft betont, dass am Horn von Afrika die Kriegsangst umging – vor allem in Eritrea, das sich 1993 von Äthiopien losgesagt und dessen gesamte Küste mitgenommen hatte. Wozu der Premier – 2019 noch Friedensnobelpreisträger – fähig ist, das wissen sie hier in der Region seit 2020, als er seine Armee auf das Volk der Tigray losliess.

Jetzt hat Abiy einen gewaltlosen, aber nicht unbedingt friedlichen Weg ans Meer gefunden. Das Abkommen mit Somaliland ist eine Kampfansage für das Land Djibouti, das bislang den Löwenanteil des äthiopischen Seehandels abwickelt. Und für die Regierung in Somalia ist es schlicht nicht hinnehmbar. Denn völkerrechtlich ist es ihr Territorium, das Somaliland da an eine fremde Macht vermieten will.
Mogadiscio protestierte und kündigte an, die eigene Souveränität mit allen legalen Mitteln zu verteidigen. Das Abkommen sei illegal und gefährde die Sicherheit der ganzen Region. Rückendeckung bekam Somalia von der UNO und den USA, von der Afrikanischen und der Europäischen Union, von Eritrea und Ägypten. Ganz schön viel Gegenwind für das kleine Somaliland, doch Rhoda Elmi gibt sich unbeeindruckt. «Das zeigt doch, dass wir etwas in Bewegung gesetzt haben», sagt sie.
«Wir sind viel zu lange viel zu nett gewesen.»
Somalias Störmanöver
Ein Einmarsch Somalias in Somaliland ist nicht zu befürchten, die Armee ist mit dem Kampf gegen Islamisten und Piraten schon heillos überfordert. «Somalia kontrolliert ja nicht mal sein eigenes Territorium», sagt Elmi fast ein bisschen gehässig. Doch das heisst nicht, dass Somalia Somaliland nicht das Leben schwer machen kann. Mogadiscio kontrolliert zum Beispiel den Luftraum über Somaliland – und könnte das Land vom internationalen Flugverkehr abschneiden. Als Kostprobe zwang Somalia am 17. Januar ein Flugzeug zur Umkehr, das äthiopische Regierungsvertreter nach Hargeisa bringen sollte. Ja klar, das sei kein Bluff gewesen, sagt Elmi. «Aber wir haben Schlimmeres überstanden.»
Apropos Schlimmeres: Die Geschichte vom friedlichen Somaliland hat zuletzt ein paar hässliche Flecken bekommen. Im Osten wird die Regierung selbst von abtrünnigen Rebellen herausgefordert. Vergangenes Jahr kam es immer wieder zu Kämpfen mit Hunderten Toten. Jetzt droht auch im Westen ein Aufstand, in Lughaya. Er richtet sich gegen den Deal mit Äthiopien.
Besuch in Lughaya
Lughaya ist der Name einer Provinz und eines Dorfes mit etwa 3500 Einwohnern an Somalilands Küste, auf halber Strecke zwischen Berbera und Djibouti. Von Hargeisa aus sind es nur 150 Kilometer, aber für die braucht man fünf Stunden und ein Auto mit Allradantrieb. Die Schotterpiste schlängelt sich die Berge hinunter, dann wird es flach und sandig und heiss. Je näher das Meer rückt, desto mehr Tiere säumen die Strasse. Ziegen, Schafe, Esel und vor allem: Kamele. Viele Kamele. Ihre Milch verkaufen die Hirten in Kanistern direkt durchs Autofenster.
Die Häuser Lughayas sind aus Stein oder Wellblech gebaut und verteilen sich in grossen Abständen zwischen dem Marktplatz am Eingang des Dorfes und dem menschenleeren Strand. Die meisten Menschen hier gehören nicht dem grossen Isaaq-Clan an, sondern den Clans der Gaadabuursi oder der Isse. Als sich herumspricht, dass ein Auto mit einem Besucher aus dem Ausland ins Dorf gekommen ist, strömen die Männer auf dem Marktplatz zusammen. Zu Äthiopien wollen sie alle ihre Meinung sagen, auch einander.

Ein junger Mann im Trikot von Juventus Turin wartet, bis die Debatten abebben, dann setzt er sich auf einen Plastikstuhl im Schatten der Bäume und stellt sich vor: Sahal Bashe Haji, 29 Jahre alt, geschieden, ein Kind, arbeitslos. Aber hoffentlich nicht mehr lang. Er habe Agrartechnik studiert, sagt er, und er habe einen Job bei der Regierung in Aussicht. Haji ist dagegen, dass Äthiopien das Land hier bekommt, ihr Land. Fast alle hier sind dagegen. Er war dabei, als sie Anfang Januar protestiert haben, das ganze Dorf war auf der Strasse. Aber er wirkt eher besorgt als wütend.
Dass Äthiopiens Marine hierherkommen soll, nach Lughaya, ist nicht bestätigt. Aber Äthiopiens Regierung hat offen ihr Interesse bekundet. Sollte Somaliland dem nachkommen, glaubt Haji, wird es kein gutes Ende nehmen. «Das ist unser Land», sagt er. «Wenn jemand es uns wegnehmen will, gibt es Krieg.» Er sagt das nicht wie eine Drohung, sondern wie eine Tatsache, bedauerlich, aber unvermeidlich.
Seit 30 Jahren Frieden
Die Älteren hier erzählen mit ernsten Gesichtern, dass sie schon ihre Gewehre aus dem Schrank geholt haben, falls eine äthiopische Delegation sich hier blicken lassen sollte. Aber bis jetzt ist niemand gekommen, um mit ihnen zu sprechen, auch aus der Hauptstadt nicht. In Somaliland herrsche seit dreissig Jahren Frieden, sagt einer der Dorfältesten, weil die Clans miteinander geredet und Lösungen gefunden hätten. Doch das sei jetzt vorbei. Somalilands Verteidigungsminister, ebenfalls aus der Region, trat aus Protest gegen das Abkommen mit Äthiopien zurück.
Ein Mann im grünen T-Shirt will etwas sagen. Was haben wir denn zu verlieren?, fragt er. Was gibt es denn hier? Lasst die Äthiopier doch kommen. Vielleicht verlieren wir unser Dorf und unser Land, aber dafür bekommen wir Jobs und Strassen. Er sei Fischer, sagt der Mann, aber seit ein Hurrikan sein Boot zerstört hat, kann er nicht mehr rausfahren aufs Meer. Er kann nur noch ins Wasser waten und seine Netze direkt am Ufer auswerfen. «Stimmt, wir sind arm», sagt Sahal Bashe Haji. «Aber wenn wir unsere Freiheit verlieren und unser Land, werden wir nie wieder so glücklich sein wie jetzt.»
«Es gibt kein Zurück»
Fragt man Rhoda Elmi nach den Protesten in Lughaya, verdreht sie die Augen. «Alle Standorte für die äthiopische Marinebasis, die jetzt genannt werden, sind Spekulation», sagt sie. Und die Menschen in Lughaya würden sich so oder so beschweren. Wenn es ihr Land ist, das die Regierung vermietet – und erst recht, wenn es nicht ihres ist. Dann, sagt Elmi, würden sie klagen, dass die Hauptstadt die lukrativen Projekte immer ihren Anhängern zuschustere. «Es gibt kein Zurück», sagt sie. «Wir werden diesen Deal durchziehen.»
Ali Aden Naleye, der Hafenarbeiter aus Berbera, hofft jedenfalls darauf. Container, die für Äthiopien bestimmt sind, fertigt seine Firma bislang kaum ab, anders als viele andere. Es gibt nur ab und zu Lieferungen des Welternährungsprogramms, die sie über die Grenze fahren. Das geht schnell und ruckelt nicht, die Strasse von Berbera nach Hargeisa wurde gerade neu gebaut, kurz nach der Renovierung des Hafens.
Alles hier ist bereit für den Boom, auch Ali Aden Naleye. Und anders als in Lughaya waren die Äthiopier selbst auch schon da, am Vortag haben sie sich durch den Hafen führen lassen.
Zum Abschied sagten sie: Bis bald.
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