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Meinung

Pro und Kontra Mediengesetz
Soll die Schweiz Medien mit Millionen fördern?

Mit dem Medienpaket soll neu die Frühzustellung gedruckter Abozeitungen gefördert werden.
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Ja 

Arthur Rutishauser,
Chefredaktor Redaktion Tamedia

Ich bin überzeugt, dass wir das tun sollten. Die Schweiz ist das Land, das weltweit am stärksten auf informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist. Dies, weil wir nicht einfach nur ein Parlament wählen, sondern weil wir über unzählige Abstimmungen bei fast allen bedeutenden politischen Geschäften mitbestimmen. Damit wir dies mit der nötigen Kompetenz tun können, brauchen wir eine Vielfalt von Meinungen und geprüften Informationen.

Diesen Service, den es zum Funktionieren unserer Demokratie braucht, leisten, neben der gebührenfinanzierten SRG, die privaten Verlage mit ihren Zeitungen. Ganz egal, ob die nun gedruckt sind oder online auf dem Smartphone. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig geprüfte Informationen sind. Wenn sich die Leute nur noch auf den sozialen Medien informieren, dann bekommen sie nur die Ansichten ihrer Freunde vorgesetzt. Dass da Verschwörungstheorien blühen, ist unvermeidlich.

Bis vor zehn Jahren wurde der grösste Teil einer Zeitung über Werbung finanziert.

Beim grössten Teil des Medienpakets geht es um die sogenannte indirekte Presseförderung, das heisst um die Subventionierung der Zustellung der gedruckten Zeitungen. Die gibt es schon lange, und sie ermöglicht keine staatliche Einflussnahme. Es gibt gute Gründe, sie für eine begrenzte Übergangszeit auszubauen. Dies, weil in den nächsten Jahren immer weniger Zeitungen verteilt werden und sich immer mehr Leute ihre Zeitung aufs Handy oder aufs iPad laden. 

Mit den sinkenden Printauflagen wird die Dichte der Abonnentinnen und Abonnenten aber immer geringer, und es wird vor allem auf dem Land immer teurer, die Zeitungen den Leuten nach Hause zu bringen. Hinzu kommt, dass bis vor zehn Jahren der grösste Teil einer Zeitung über Werbung finanziert wurde. Darum lohnte es sich, den Leserinnen und Lesern die Zeitung selbst dann nach Hause zu liefern, wenn die Abopreise die Zustellkosten nicht deckten. 

Zusammen stellen die beiden Fördermethoden den Übergang ins digitale Informationszeitalter sicher.

Heute ist das nicht mehr der Fall. Wenn das Medienpaket abgelehnt wird, dann wird es auf dem Land bald keine Frühzustellung von Tages- und Sonntagszeitungen mehr geben. Dies unabhängig davon, ob sie einem Grossverlag oder einem kleinen lokalen Verleger gehören. Gleichzeitig ist aber ein grosser Teil der Landbevölkerung noch nicht auf die digitalisierte Information umgestiegen. Das führt auch dazu, dass sich die Herstellung von lokaler Information, die sich über die Leser finanzieren muss, digital noch nicht lohnt. Hier setzt die vorgeschlagene direkte Förderung von Onlinemedien an. Zusammen stellen die beiden Fördermethoden den Übergang ins digitale Informationszeitalter sicher.

Fazit: Wenn das Medienpaket nicht durchkommt, fehlt einem beträchtlichen Teil der Landbevölkerung bald die unabhängige Information. In den USA gibt es ganze Landstriche, die keine Zeitung mehr haben. Dafür haben sie eine stark polarisierte Bevölkerung, die kein Verständnis mehr hat für die Standpunkte des politischen Gegners. Wer das nicht will, der muss, wie ich, am 13. Februar ein Ja zum Medienpaket einlegen. 

Nein  

Edgar Schuler,
Inlandredaktor

Der Schweiz drohe eine Informationswüste, tönt es von Befürwortern des Medienpakets, die direkte Demokratie sei in Gefahr – allein zu retten mit 151 zusätzlichen Subventionsmillionen.

Nur: Die drohende Informationswüste ist eine Legende, das Absterben der politischen Debatte ein Trugbild. Nie zuvor konnte man sich schneller, umfassender, besser informieren. Nie wurde mehr über Politik diskutiert, auf traditionellen Plattformen, aber auch auf neuen. Dafür genügt der Blick aufs eigene Handy. Und neben NZZ, «Tages-Anzeiger» oder dem «Bund» gibt es in der Schweiz eine hochvitale Szene von lokalen Blättern und Informationsportalen, manche davon kostenpflichtig, viele kostenlos.

Klar, die «Obersee-Nachrichten», «Fricktal.info» oder die «Wochen-Zeitung für das Emmental» kommen in den Sonntagspredigten auf die staatstragende Rolle der Medien in der direkten Demokratie nie vor. Aber für die lokale Bevölkerung sind sie zentrale Marktplätze von Nachrichten und Meinungen.

Das Vorurteil «Gratismedien sind nichts wert» verseucht die geplanten neuen Subventionen für den Onlinejournalismus.

Noch wichtiger ist aber: Anders als von den Befürwortern beschworen, kommen die zusätzlichen Millionen weder vor allem der lokalen Presse noch in erster Linie der Digitalisierung der Branche zugute. Allein 60 Millionen wollen die Befürworter des Medienpakets in den Transport gedruckter Bezahlzeitungen stecken. Der Geldregen fällt neu auch auf NZZ, «Blick», «Tages-Anzeiger» und die Sonntagszeitungen. Also alles Produkte grosser Verlage. Gratisblätter hingegen gehen weiterhin leer aus.

Das Vorurteil «Gratismedien sind nichts wert» verseucht auch die geplanten neuen Subventionen für den Onlinejournalismus. Von diesen 30 Millionen profitieren nur Portale, die von ihrem Publikum mitfinanziert werden.

Damit bevorzugt der Staat einseitig ein einzelnes Geschäftsmodell. Und zwar ausgerechnet eines, das sich bisher als wenig erfolgversprechend erwiesen hat. Von Aboeinnahmen und Gönnerbeiträgen lebt hier kaum ein Onlineportal. (Und die, die schon davon leben können, brauchen kein Geld vom Staat.)

Sein Geschäftsmodell zwingt «20 Minuten», sich konsequent auf sein Publikum auszurichten.

Eine Erfolgsgeschichte ist dagegen «20 Minuten». Dessen Redaktion setzt aufs Gratismodell. Mit drei Millionen Leserinnen und Lesern im Print und online ist «20 Minuten» laut Bundesamt für Kommunikation das einflussreichste Massenmedium der Schweiz

Das hat gute Gründe. Sein Geschäftsmodell zwingt «20 Minuten», sich konsequent auf sein Publikum auszurichten. Darum setzte das einstige Pendlerblatt früh auf eine Internet-, dann auf eine Smartphone- und jetzt auf eine Social-Media-Strategie. Anders gesagt: «20 Minuten» geht konsequent dorthin, wo die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger von heute – und von morgen! – zu finden sind.

Relevant – oder, wenn man so will: staatstragend – sind also längst nicht nur die Pressetitel, die jetzt schon mit 50 Millionen Franken jährlich unterstützt werden, sondern auch solche, die nie subventioniert wurden und wohl auch nie werden.

Wenn Politikerinnen und Politiker nicht gerade Staatsmillionen verteilen, wissen sie das durchaus zu würdigen: Sie lassen sich immer gern in «20 Minuten» zitieren, um ihre Botschaften breit zu streuen. Etwa gerade Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die für das Medienpaket warb.

Besser lässt sich kaum demonstrieren, dass die 151 neuen Subventionsmillionen an der Medienwirklichkeit und am Bedürfnis des Publikums vorbei investiert wären.