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Gefährliches Freund-Feind-Schema
So treiben Verschwörungstheorien rassistische Einstellungen an

Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie an einer rechtsextremen Kundgebung in Portland, USA (17. August 2019).
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In Krisenzeiten grassieren Verschwörungstheorien, falsche «Fakten» und Rassismus. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) macht Verschwörungstheorien als Treiber rassistischer Einstellungen und Diskussionen dingfest. In der am Montag erschienenen Ausgabe des Magazins «Tangram» lässt sie verschiedene Expertinnen zu Wort kommen.

Der Neurowissenschaftler Sebastian Dieguez und Sozialwissenschaftler Laurent Cordonier argumentieren, dass die allgemeine Bereitschaft, Verschwörungen als Erklärung für das Weltgeschehen zu sehen, Rassismus antreiben kann. Durch Rassismus würden Gruppen und Individuen auf ihre äusseren Merkmale und ihre Herkunft reduziert und als minderwertig angesehen. Eine Verschwörungsideologie würde sie dann auch als gefährlich präsentieren. «Sie unterstellt ihnen böse Absichten und schreibt ihnen die Macht zu, diese auch auszuführen, was im Gegenzug erklärt und rechtfertigt, dass man sie hassen und sich verteidigen muss», so Dieguez und Cordonier.

«Verschwörungserzählungen greifen auf Dichotomien zurück, die ein Freund-Feind-Denken beinhalten», hält der Soziologe Dirk Baier fest. Diese Art von Denken sei ein zentrales Element im Radikalisierungsprozess, welcher dazu führe, dass Feinde abgewertet würden und Gewalt gegenüber ihnen gerechtfertigt werde. So können Verschwörungstheorien laut Baier den Weg in den gewalttätigen Extremismus ebnen.

Seit dem Mittelalter

Die Expertinnen stellen klar, dass es sich bei Verschwörungstheorien nicht um ein neues Phänomen handle. Insbesondere antisemitische Verschwörungstheorien reichen weit zurück. «Die Vorstellung einer jüdischen Weltverschwörung entwickelte sich bereits im Mittelalter» schreibt Dina Wyler, Geschäftsleiterin der GRA-Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. Wyler hält fest, dass «die angebliche Existenz einer heimlichen Elite, die im Verborgenen agiert und das Weltgeschehen zu ihren Gunsten lenkt, während sie der Restbevölkerung gezielt schadet», eine wiederkehrende Grundkomponente verschiedenster Verschwörungstheorien bilde.

Da mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs offener Antisemitismus zu einem Tabu wurde, werde in modernen Verschwörungstheorien nur noch selten explizit von «den Juden» gesprochen, schreibt Wyler. Dies sehe man auch bei den Corona-Verschwörungstheorien, wo stattdessen von bestimmten Gruppen oder Personen gesprochen werde, «wie beispielsweise den Rothschilds, George Soros oder dem Mossad», so Wyler. Dieser antisemitischen Untertöne seien sich viele Menschen gar nicht bewusst.

Online-Mikrokosmos

Die Rolle des Internets beleuchtet ein weiterer Artikel in «Tangram». Die deutsche Netzaktivistin Katharina Nocun erklärt darin, wie Verbreiter von Verschwörungstheorien von sozialen Medien profitieren können. Algorithmen auf Facebook oder Instagram würden Beiträge, welche viele Kommentare und Likes bekämen, prominenter anzeigen als andere. So könnten auch verschwörungstheoretische Inhalte von den Plattformen propagiert werden. Auch gebe es eine ganze Online-Verschwörungsszene, welche aus Influencern, Videokanälen, Onlineshops, Festivals und Urlaubsreisen bestehe, so Nocun.

Um gegen Verschwörungsmythen und Falschinformationen vorzugehen, hält die EKR eine Förderung der Medienkompetenz für nötig. Umfassende Grundlagenarbeit müsse zur Demaskierung der Mythen und Falschinformationen führen. Auch müssten Stereotype und Vorurteile bekämpft werden, hält die Kommission fest.

SDA/jba