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Pappeln statt Parkplätze
So sieht die neue Zürcher Promenade am See aus

Die Autos sind weg, der neue Kiosk rückt in die Mitte: die geplante Seepromenade beim Hafen Enge.
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Dieser Handel klingt so gut, dass man ihn für einen Schwindel halten könnte.

Die Stadt Zürich erhält einen neuen Park an bester Lage, direkt am See. Selber zahlen muss sie aber nicht einmal einen Drittel davon – etwa 4,5 Millionen Franken von rund 14,6 Millionen. Und die 127 Parkplätze, die dem Park im Weg stehen, kann die Stadt in ein privates Parkhaus auslagern. Ohne Geld dafür auszugeben. 

Aber es ist kein Schwindel. 

Ab 2026 wird die neue Promenade zwischen Hafen Enge und Mythenquai entstehen. Letzten Herbst hat die Stadt dafür einen Wettbewerb ausgeschrieben. Die Anforderungen legte sie unter anderem in Workshops sowie Befragungen von Nutzerinnen und Nachbarn fest. 

Nun sind die Sieger bestimmt. Die zwei Zürcher Büros Schmid Kuhn Landschaftsarchitekten und Loeliger Strub Architektur GmbH haben sich gemeinsam gegen 46 Mitbewerbende durchgesetzt. Ihr Projekt «Porto Stretto» verleihe dem Ort durch seine «kräftige gestalterische Ausprägung» und durch das markante neue Kioskgebäude eine eigene Identität.

Die Flanierzone soll vielfältige Nutzungen möglich machen. 

Von einem «wunderschönen, speziellen Projekt» sprach Tiefbauchef Richard Wolff (AL) an einer Pressekonferenz am Dienstag. Dank einer geschickten Bepflanzung mit Pappeln und Sträuchern werde der Blick zwischen See und der dahinterliegenden «Versicherungsmeile» nicht verstellt. Die Kiespromenade lasse sich vielfältig nutzen und soll zur Entlastung des benachbarten Arboretums beitragen. Zugleich erinnere das Projekt an den Industriehafen, den es an dieser Stelle lange gab.

Ermöglicht wird es durch Verträge mit zwei wohlhabenden Nachbarn. Die Zurich Insurance Group und die Swiss Re residieren gleich hinter dem Hafen Enge, auf der anderen Strassenseite des Mythenquai. Die beiden Versicherungen haben ihre Hauptsitze neu gebaut oder werden dies bald tun. Dadurch erhält die Stadt einen Hebel. 

So sieht es jetzt aus: Parkplatz für 127 Fahrzeuge.

Der Zürich Versicherung genehmigte die Stadt ein Gebäude, das deutlich höher und grösser ausfällt, als es die Bau- und Zonenordnung erlauben würde. Dazu war ein Gestaltungsplan nötig, den auch der Gemeinderat bewilligen musste. Als Gegenleistung für diese zusätzliche Fläche zahlt die Versicherung 8,2 Millionen an den geplanten Park. Das vereinbarten die Stadt und das Unternehmen bereits 2015.

Parkplätze verschwinden in den Boden

Auch die Swiss Re baut am Mythenquai, auch sie brauchte dafür einen Gestaltungsplan. Dabei einigten sich Stadt und die Rückversicherung darauf, dass die 127 öffentlichen Parkplätze vom Hafen Enge ins Parkhaus dieses Neubaus verlegt werden. Die Swiss Re wird ausserdem bis zu zwei Millionen Franken an den neuen Kiosk beisteuern. Beide Unternehmen eröffnen öffentliche Cafés in den Neubauten. 

«So etwas entsteht, wenn private Bauherrschaften und die Stadt konstruktiv zusammenarbeiten»

Hochbauvorsteher André Odermatt (SP)

«Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass etwas Stimmiges entstehen kann, wenn Private und die Stadt zusammenarbeiten», sagte Hochbauvorsteher André Odermatt (SP). Alle würden profitieren: das Quartier, die Stadtbevölkerung, die Versicherungen. 

Dies bestätigte ein anwesender Vertreter der Zurich: Durch den Park erhalte der Hauptsitz eine grünere Umgebung. Das hebe das Wohlbefinden von Anwohnern und Mitarbeiterinnen. «Wir haben das von Beginn weg unterstützt.» 

Die Vereinbarungen mit den Versicherungen stammen aus einer Zeit, als es noch keine rechtliche Grundlage gab für solche Gegengeschäfte. Die Bürgerlichen kritisierten sie damals als «Erpressung». Seit Anfang Jahr aber steht ein solcher Mehrwertausgleich im kantonalen Gesetz. Die Regelung erlaubt es den Gemeinden, sich am Gewinn zu beteiligen, den sie durch Ein- und Aufzonungen für Private schaffen. 

Kritik schon im Vorfeld

Doch nicht alle sind glücklich mit der geplanten Flanieranlage. Die private Gruppe «IG Seepärke Zürich» möchte ein grösseres Areal vom Strandbad Mythenquai bis zur Rentenanstalt in einen zusammenhängenden Park umwandeln. Den Mythenquai würden sie für den Autoverkehr sperren. Dazu hat die IG kürzlich eine Volksinitiative lanciert.

Allee vor den drei Versicherungen: Modellfoto des Siegerprojekts «Porto Stretto».

Als «zu isoliert» bezeichnet Walter Wäschle, Architekt und Mitglied der IG, daher das Vorhaben der Stadt. Es fehle der Gesamtblick. Man müsse auch die Sukkulenten-Sammlung sowie den Belvoir- und den Rieterpark miteinbeziehen. 

Die Stadt habe die IG Seepärke in die Planung involviert, sagte Richard Wolff. Deren Ideen bezeichnet er als «gut und spannend». Eine Koordination habe sich nicht angeboten, da das Parkprojekt schon viel weiter fortgeschritten sei. Die neue Promenade würde sich aber gut in eine grössere Anlage einfügen lassen, sagt Wolff. «Das schliesst sich nicht aus.» 

Die Unterschriftensammlung ist laut der IG Seepärke «grossartig» angelaufen.