Analyse zum Abgang des Geheimdienstchefs So nicht, Frau Amherd!
Die Verteidigungsministerin macht Fehler bei der Entlassung des Nachrichtendienstdirektors Jean-Philippe Gaudin.
Schweizer Verwaltungschefs arbeiten auf Schleudersitzen. Es ist das gute Recht jeder Bundesrätin und jedes Bundesrats, direkt Untergebene rauszuschmeissen. Amtsdirektorinnen und -direktoren des Bundes kann gemäss Arbeitsverträgen gekündigt werden bei einem «Wegfall der gedeihlichen Zusammenarbeit mit dem Departementsvorsteher». Also jederzeit. Wenn es einer Bundesrätin oder einem Bundesrat gerade so passt.
In der Praxis sieht es anders aus. Die Schweiz kennt keine Rücktritts- und Entlassungskultur. Selbst bei Skandalen braucht es viel, bis ein Amtsträger abdankt. Oder bis eine Amtsleiterin in die Wüste geschickt wird.
Amherd behauptete, dass Mitarbeitende sich über Rassismus beklagt hätten – was schlicht nicht stimmt.
Doch nun muss der Direktor des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), Jean-Philippe Gaudin, gegen seinen Willen gehen. Skandale hat er keine verursacht. Handfeste Verfehlungen werden ihm nicht vorgeworfen. Aber das Arbeitsklima im Schweizer Geheimdienst ist schlecht, wie eine Personalumfrage ergab. Amherd nahm dies zum Anlass, um sich vom international bestens vernetzten Gaudin zu trennen.
Gegen aussen betont ihr Departement, der Abgang erfolge «einvernehmlich». In der Sicherheitskommission des Nationalrats hingegen sprach die Mitte-Bundesrätin von «katastrophalen Ergebnissen» der Befragung. Vor den Abgeordneten, die oft mit Gaudin zu tun hatten, behauptete sie sogar, dass Mitarbeitende sich bei der Befragung über Rassismus im NDB beklagt hätten – was schlicht nicht stimmt. Gemeldet worden waren sexuelle Belästigung und Mobbing.
Amherd verschwieg in der Kommission, dass Gaudin auf die Umfrageergebnisse intern sofort mit schonungsloser Aufklärung und mit Reformen reagiert hatte. Auch den Hauptgrund für die Trennung, der in der zwischenmenschlichen Chemie zu suchen ist, nannte sie nicht: Der forsche langjährige Berufsmilitär passte nicht zur bedachten Verteidigungsministerin. Dies offen zu sagen, wäre ehrlicher gewesen. Und auch nur fair gegenüber dem loyalen Waadtländer Haudegen.
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