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Slalom in Madonna di Campiglio
Er stürzte 300 Meter in die Tiefe, sein Trainer starb – jetzt steht Popov ganz oben

Albert Popov aus Bulgarien jubelt nach seinem zweiten Lauf im Slalom beim FIS Ski-Weltcup in Madonna di Campiglio am 8. Januar 2025.

Ein Athlet schreit oben an diesem Hang von Madonna di Campiglio. Er nimmt den linken Stock und versucht, ihn mit voller Kraft über seinem massiven Oberschenkel zu zerbrechen. Als das misslingt, nimmt er den rechten Stock und wirft ihn kurzerhand Richtung Sicherheitsnetze.

Der Frust sitzt tief bei Atle Lie McGrath, dem jungen Norweger, für den eigentlich alles angerichtet war an diesem Abend in Norditalien. Als der 24-Jährige an der ersten Zwischenzeit diese 2. Laufs vorbeirauscht, leuchten 1,21 Sekunden in Grün auf. Seinen dritten Sieg im Weltcup kann sich McGrath nur noch selbst nehmen. Und das tut er dann auch, ein paar Stangen später ist das Rennen vorbei für ihn, hat er eingefädelt – und müssen seine Stöcke büssen für seinen Fehler.

Zu der Zeit schreit auch unten im Ziel einer. Aus anderem Anlass. Albert Popov hüpft da vor der Menge hin und her, streckt einen seiner Ski in die Höhe, während seine Betreuer hinter der Abschrankung ausgelassen jubeln. Der Bulgare hat auch dank des McGrathschen Maleurs erstmals in seiner Karriere ein Weltcuprennen gewonnen. Einmal ist er Dritter geworden, vor zwei Jahren im Slalom von Palisades Tahoe. Und nun also steht er mit seinen 27 Jahren und nach seinem 87. Rennen auf höchster Stufe erstmals ganz oben; ist er, der nur 1,64 Meter misst und entsprechend einem Gummiball gleich durch die Stangen hüpft, der Grösste seines Sports.

Genau 45 Jahre nach seinem bulgarischen Landsmann

Auf den Tag genau 45 Jahre nach dem Sieg von Peter Popangelov, der im Slalom im deutschen Lenggries triumphierte, ist er der zweite Bulgare, dem dieses Kunststück in einem Weltcuprennen gelingt.

Mit der Startnummer 20 ist Popov im ersten Lauf auf Rang 8 vorgestossen, von dort startet er zu seiner fulminanten Aufholjagd. Mit Laufbestzeit gelingt ihm der grosse Coup. «Es ist brutal», sagt er gegenüber SRF. «Ich hätte es bis zum letzten Athleten nicht gedacht. Aber ich habe gespürt, dass ich richtig schnell unterwegs war, ich wollte alles riskieren – und hatte doch keinen Fehler dabei. Dieser Steilhang ist meiner. Ich wollte auch danach Vollgas geben, das habe ich gemacht, das macht mich stolz.» Seine Geschichte hat aber einen traurigen Beginn.

Popov erlebt in jungen Jahren einen Start in den Weltcup, wie er tragischer kaum sein könnte. Im November 2015 ist er ein aufstrebender Jungfahrer, als das Unglück passiert. Popov, 18-jährig, sitzt in einem Auto mit seinem Trainer Drago Grubelnik und mit Dimitar Hristov, dem Co-Trainer – als dieses von der Gletscherstrasse von Sölden abkommt, den Abhang hinunterstürzt und erst 300 Meter in der Tiefe zu liegen kommt. Grubelnik, der Slowene, einst selbst Slalomspezialist, verstirbt wenig später im Spital; Hristov wird schwer verletzt; Popov kommt mit gebrochenem Sprunggelenk und Knochenbruch in der Wange davon.

Popov, gerade erst im Weltcup angekommen, verpasst eine Saison, der Unfall setzt ihm lange zu. Und doch schafft er den Aufstieg in die Weltspitze. 2019 wird er bei den Slalomklassikern von Kitzbühel und Schladming Neunter und Sechster. 2023 in Palisades Tahoe schafft er es auf Rang 3. Und nun also steht er ganz oben.

Die Schweizer Uhr zwischen den Überraschungsmännern

Es ist eine dieser wunderbaren Geschichten, die der Sport schreibt. Eine andere ist die von Samuel Kolega, dem Kroaten, der jüngst in Alta Badia mit Rang 5 sein bestes Resultat erzielte. Und nun als Dritter an der Seite von Popov seinen ersten Podestplatz feiert.

Zwischen die beiden Debütanten setzt sich ein Athlet, der in dieser Slalomsaison einem Schweizer Uhrwerk gleich sein Programm abspult. Loïc Meillard wird Zweiter und steht zum vierten Mal im fünften Slalom des Winters auf dem Podest. Es ist in dieser Hüst-oder-hott-Disziplin eine Konstanz, die ihresgleichen sucht. Der Mann, der so schön Ski fährt, dass man ihn in der Szene Skilehrer nennt, analysiert nach seinem nächsten Glanzstück nüchtern wie immer. «Im ersten Lauf war ich stabil, da fehlten nur Kleinigkeiten. Im zweiten hatte ich dann immer das Gefühl, zu spät dran zu sein. Das Vertrauen war nicht so gut, es war nicht perfekt. Und Popov ist ganz stark gefahren.»

Vielleicht spart sich der Neuenburger, der schon lange im Wallis wohnt, ja die grossen Emotionen nur auf für nächsten Samstag. Wegen eines befürchteten Wetterumschwungs haben die Veranstalter von Adelboden den Slalom vorverlegt und den Riesenslalom auf Sonntag angesetzt. Für einmal gehört also den Slalomfahrern die ganz grosse Bühne im Berner Oberland. Und Meillard, der beide Disziplinen fährt, wird dieses Rennen erst noch mit der roten Startnummer des Disziplinenführenden in Angriff nehmen.

Auch für Daniel Yule, der in Madonna di Campiglio schon dreimal gewonnen hat, sich in dieser Saison aber schwertut, gibt es eine positive Nachricht: Der Walliser landet auf Rang 7. Mit Tanguy Nef auf Platz 15 schafft es noch ein weiterer Schweizer in die Punkte.

Einen erst erfreulichen und dann bitteren Abend erlebt Noel von Grünigen. Der Sohn von Ski-Legende Michael von Grünigen schafft es mit der Nummer 45 auf Rang 20 des ersten Laufs – scheidet dann aber aus. Den zweiten Lauf verpassen Ramon Zenhäusern und Marc Rochat, Luca Aerni scheidet mit starker Zwischenzeit aus.

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21 Dave Ryding

Der routinierte Brite kommt in diesem Winter noch nicht so richtig in Fahrt. Auch in diesem 1. Lauf lief es dem 38-Jährigen nicht nach Wunsch. Doch jetzt attackiert er richtig. Es wird Zwischenrang 3 für Ryding mit 68 Hundertsteln Rückstand auf Ritchie.

22 Benjamin Ritchie

Der Amerikaner legt stark los, ist noch einmal 22 Hundertstel schneller als der Franzose Rassat. Dann verliert er allerdings etwas Zeit auf den starken Rassat. Es reicht dennoch zur Führung für Ritchie. Mit 53 Hundertsteln Vorsprung liegt er nun an der Spitze.

23 Fabian Ax Swartz

Der Schwede ist schon im letzten Winter immer wieder aufgefallen mit starken Fahrten. Mit Rang 11 in Alta Badia hat er jüngst sein bestes Weltcupergebnis herausgefahren. In Madonna unterläuft ihm ein grosser Fehler, Ax Swartz liegt auf Rang 3.

24 Antoine Azzolin

Zweites Weltcuprennen für den Franzosen, erstmals im zweiten Lauf. Doch dann scheitert er an diesem schwierigen Hang und scheidet aus.

25 Paco Rassat

Der Franzose ist zum dritten Mal in Madonna di Campiglio und zum ersten Mal in einem zweiten Lauf. Er schlägt sich ordentlich und übernimmt deutlich die Führung. Rassat liegt 1,09 Sekunden vor Maes.

26 Sam Maes

Der Belgier gehört seit Jahren zur erweiterten Weltspitze im Slalom. In dieser Saison hat er allerdings in seiner Paradedisziplin noch keine Punkte geholt. Das ändert sich heute. Maes führt mit 35 Hundertsteln Vorsprung.

27 Gustav Wissting

Der Schwede fährt seine erste Weltcupsaison – und macht das ordentlich. Wissting übernimmt hier die Führung mit 6 Hundertsteln Vorsprung. Das gibt die ersten Punkte für den 19-Jährigen.

28 Stefano Gross

Der erste und tatsächlich einzige Italiener in diesem 2. Lauf ist Stefano Gross. Er muss also für etwas Stimmung sorgen beim Heimpublikum. Und das gelingt dem Sieger von Adelboden 2015 lange Zeit – ehe ihm ein grosser Fehler unterläuft, gerade vor dem Flachstück. Er liegt mit 11 Hundertsteln Rückstand auf Rang 2.

29 Sebastian Foss-Solevaag

Der erste von vier Norwegern ist unterwegs. Vor drei Jahren hat er hier noch gewonnen, jetzt hat er es mit der Startnummer 51 gerade so in den 2. Lauf geschafft. Und scheidet dann aus. Das ist bitter für Foss-Solevaag.

30 Victor Muffat-Jeandet

Der Franzose eröffnet den zweiten Lauf. Im ersten Durchgang verlor er 2,39 Sekunden auf Leader Atle Lie McGrath. Muffat-Jeandet kommt durch und setzt eine erste Zeit: 1:48,17 Minuten.

So lief der erste Lauf

Der Auftritt neben der Piste lag Atle Lie McGrath nicht. Derjenige auf der Piste tut es dann umso mehr.

Der junge Norweger wird bei der Nummernauslosung in Madonna di Campiglio gebeten, zum Song «Candy Shop» von 50 Cent zu rappen. Er tut das eher widerwillig und sagt hinterher, das sei so ziemlich das Schlimmste gewesen, was er je gemacht habe.

Beim Sport, zwischen den eng gesteckten Stangen bei diesem Nachtspektakel in Norditalien, fühlt sich der 24-Jährige dann deutlich wohler, ja glänzt er so richtig. McGrath tänzelt auf diesem Kurs, der so manchem Mitfavoriten Mühe bereitet, geradezu Richtung Ziel, meistert auch den fordernden Steilhang vorzüglich und setzt eine Zeit, die niemand unterbietet.

McGrath hat damit beste Aussichten, es im zweiten Lauf (ab 20.45 Uhr im Liveticker) zu seinem vierten Podestplatz im fünften Slalom des Winters zu schaffen. Ja gar, zum dritten Mal in seiner Karriere einen Slalom zu gewinnen. Denn der Vorsprung, den er herausfährt, ist ordentlich, die Gegner verlieren 62 Hundertstel und mehr.

Wieder einmal ist Loïc Meillard allein an der Spitze

Am nächsten kommt dem Nordländer Loïc Meillard, der in diesem Winter schon öfter die Bilanz des Schweizer Slalomteams gerettet hat. In drei von vier Slaloms hat er es bereits in die Top 3 geschafft, heute Abend könnte es zum vierten Streich des Wallisers kommen.

Manch anderer Spitzenfahrer kommt mit der Piste Canalone Miramonti, die im Ziel auch die italienische Slalom-Legende Alberto Tomba im Blick hat, gar nicht zurecht. Clément Noël, Sieger der ersten beiden Slaloms der Saison, leidet nach seinem Sturz im Riesenslalom von Val-d’Isère noch immer unter Schmerzen an seinem rechten Fuss. Das ist in den ersten Toren unübersehbar. Weiter kommt der Franzose auch nicht, bald schon rutscht er weg und scheidet aus. Das passiert auch dem Norweger Timon Haugan, der zuletzt in Alta Badia noch dominant triumphiert hat.

Mühe mit diesem 1. Lauf haben – abgesehen von Meillard – auch die meisten Schweizer. Daniel Yule, in Madonna di Campiglio immerhin schon dreimal der Schnellste überhaupt, hat zur Halbzeit einen Rückstand von 1,64 Sekunden auf McGrath. Noch drei Hundertstel langsamer ist Teamkollege Tanguy Nef.

Und gleich dahinter, auf Rang 20, klassiert sich ein Schweizer, der in diesem ersten Durchgang positiv überrascht. Noel von Grünigen, Sohn von Ski-Legende Michael von Grünigen, schafft es erstmals seit über zwei Jahren im Weltcup in einen zweiten Lauf. Damals ist dem 29-Jährigen das ebenfalls in Madonna di Campiglio geglückt.

Marc Rochat, der nach seiner bislang besten Saison im Vorwinter zuletzt verunsichert wirkte, verliert gar über 3 Sekunden und verpasst den zweiten Lauf. Luca Aerni wiederum ist schnell unterwegs, liegt bei der letzten Zwischenzeit noch in den Top 15 – und fädelt dann ein. Ramon Zenhäusern schliesslich, in diesem Winter gar aus den Top 30 des Slaloms gefallen, verliert zweieinhalb Sekunden und ist am späten Abend ebenfalls nicht mehr dabei.