Slalom in KitzbühelDer Mann mit den lackierten Fingernägeln wird emotional – Bastian Schweinsteiger kapert Leadersessel
Lucas Pinheiro Braathen schafft es auch in Tirol aufs Podest. Der Brasilianer setzt sich immer mehr fest in der Weltspitze. Clément Noël heisst der grosse Sieger.
Es schwingt immer etwas Pathos mit, wenn Lucas Pinheiro Braathen über seine Arbeit als Skifahrer redet. So ist das auch an diesem Sonntag, an dem er im Zielraum von Kitzbühel steht und nach dem Slalom noch immer etwas mit seinen Gefühlen kämpft.
Natürlich wählt er dann die ganz grossen Worte: «Das ist wirklich Wahnsinn. Für mich ist Kitzbühel ein Highlight, es ist ein Unikum. Und dieser Tag ist sehr speziell für mich. Ich war so nervös heute Morgen, es bedeutet mir so unglaublich viel.» Pinheiro Braathen ist Dritter geworden in diesem letzten Kräftemessen einer ziemlich spektakulären Woche in Tirol.
Es ist für den Mann, der ein Jahr Pause machte, ehe er sich für einen Nationenwechsel von Norwegen zu Brasilien entschied, und nun mit einem grossen Privatteam unterwegs ist, auch deshalb so emotional, weil er nicht dachte, dass es reichen würde nach diesem zweiten Lauf. Als er unten ankommt, ist Pinheiro Braathen Dritter, zwei Athleten stehen noch oben. Doch erst scheitert Steven Amiez, der Draufgänger aus Frankreich und Sohn von Skilegende Sébastien Amiez. Der 26-Jährige riskiert einmal mehr zu viel, rutscht weg und muss zurücksteigen.
Dann steht nur noch Timon Haugan oben, der einstige Teamkollege von Pinheiro Braathen. Doch der Norweger, Sieger von Alta Badia und zuletzt Zweiter in Wengen, scheitert ebenfalls auf dem eisigen Ganslernhang, auf den zeitweise heftiger Regen niederprasselt.
So also kommt Pinheiro Braathen zu seinem zweiten Slalom-Podestplatz des Winters, auch einen Riesenslalom hat er schon in den Top 3 beendet. Der 24-Jährige ist endgültig zurück in der Weltspitze und der Hingucker dieses Sports. Auch in Kitzbühel hat er wieder seine Fingernägel lackiert, einen mit weisser Farbe und schwarzen Punkten, einen anderen silbrig glänzend. Er sorgt für das gewisse Etwas, das so gut zum Nobelort passt, in den jedes Jahr die Prominenz pilgert, um die besten Skifahrer zu sehen – und vor allem, um selbst gesehen zu werden.
So ziehen im ersten Lauf Ex-Fussballer Bastian Schweinsteiger, Bayern-Star Thomas Müller sowie das einstige Slalom-Ass Felix Neureuther die Aufmerksamkeit auf sich, als sie kurzerhand den roten Sessel für den Leader kapern und für eines der vielen speziellen Bilder dieser Woche sorgen.
Clément Noël ist der neue Slalomleader
Das letzte Bild aber gehört den drei Schnellsten des Tages. Clément Noël ist mit seinen 1,91 Meter auch sportlich der Grösste. Alex Vinatzer, der 1,89 Meter misst, folgt – der Körpergrösse entsprechend – auf Rang 2. Dem Südtiroler gelingt dabei eine Aufholjagd. Mit der zweitbesten Laufzeit macht er neun Plätze gut.
Noël wiederum, der die ersten beiden Slaloms dieses Winters gewann und nach einer kleinen Baisse mit einem Sturz im Riesenslalom von Val-d’Isère auch in Adelboden triumphierte, führt jetzt auch im Slalomweltcup. Dank seines Siegs – und dank der Ausfälle von Henrik Kristoffersen und Loïc Meillard.
Der Norweger scheitert schon im ersten Lauf, der Schweizer erst im zweiten. Allerdings hatte Meillard nach einem Fehler und Zwischenrang 25 ohnehin kaum Aussichten auf einen Spitzenplatz.
Ganz im Gegensatz zu Tanguy Nef und Daniel Yule, die als Fünfter und Siebter in den zweiten Durchgang starten. Letztlich schafft es nur Nef als Siebter in die Top 10, Yule wird Elfter. Mit Marc Rochat (20.) und Ramon Zenhäusern (23.) punkten noch zwei weitere Schweizer. Die grossen Geschichten aber schreiben andere. So ist es fast immer in diesem Slalomwinter, in dem es bislang einzig Meillard aufs Podest schaffte – dafür gleich viermal. Auf einen Sieg wartet das Team von Trainer Matteo Joris noch.
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21 Ramon Zenhäusern
Gerade noch hat er am Start mit Bällen jongliert, um seine Augen und seine Reaktion auf Betriebstemperatur zu bringen. Jetzt startet der 2,02-Meter-Mann zum zweiten Lauf. Hier Punkte zu holen, wäre schon ein kleines Erfolgserlebnis für den Walliser, der sich schwertut in dieser Saison. Auch mit dem Ganslernhang hat er Mühe: Rang 6 mit 1,27 Sekunden Rückstand.
22 Alexander Steen Olsen
Der Norweger war im ersten Lauf nur acht Hundertstel schneller als Desgrippes – und dann scheidet er fast aus. Steen Olsen fährt nach dem grossen Fehler zwar weiter, ist aber chancenlos. Er ist jetzt Letzter mit 2,90 Sekunden Rückstand.
23 Hugo Desgrippes
Der Franzose hat es mit der Startnummer 57 in den zweiten Lauf geschafft und legt hier ganz stark los. Bald hat er sechs Zehntel Vorsprung, das ist ein ganz starker Auftritt. Desgrippes führt jetzt mit einer halben Sekunde Vorsprung.
24 Benjamin Ritchie
Der Amerikaner bringt 8 Hundertstel Vorsprung mit auf Muffat-Jeandet und baut diesen erst aus, ehe er noch Zeit verliert. Im Ziel ist er mit 23 Hundertsteln Rückstand Dritter – noch hinter Marc Rochat.
25 Loïc Meillard
Der Schweizer hatte im ersten Lauf grosse Probleme. Gelingt ihm wie jüngst in Wengen die grosse Aufholjagd? Nein, Meillard fädelt ein und scheidet als Erster aus.
26 Victor Muffat-Jeandet
Der Franzose hat im 1. Lauf 11 Hundertstel Vorsprung auf Rochat herausgefahren. Der Start glückt dem Routinier, dann aber verliert auch er Zeit auf Rochat. Er wird erst noch von einem Plastikbecher behindert, der die Strecke hinunterkullert und seinen rechten Ski berührt. Trotzdem reichts zur Führung mit 7 Hundertsteln Vorsprung.
27 Samuel Kolega
Dem Kroaten sind im ersten Lauf einige Fehler unterlaufen, deshalb ist er ungewohnt weit hinten gelandet. 7 Hundertstel Vorsprung hat er am Start auf Rochat. Doch es geht weiter mit den vielen Fehlern bei Kolega. Das reicht bei weitem nicht, um den Schweizer abzufangen: 1,09 Sekunden Rückstand, Zwischenrang 4.
28 Marc Rochat
Schon ist der erste Schweizer unterwegs. Rochat, einer der grossen Aufsteiger des letzten Winters, kommt in dieser Saison noch nicht so recht auf Touren. Kurz nach dem Start gerät er in Rücklage, fängt sich aber und kommt gut in den Rhythmus, Rochat führt jetzt mit 16 Hundertsteln Vorsprung.
29 Tormis Laine
Der einzige Este im Skiweltcup misst sich nun mit Read. Er bringt nur 2 Hundertstel an Vorsprung mit – verliert aber viel Zeit. Im Ziel hat er 71 Hundertstel Rückstand.
30 Erik Read
Los gehts mit dem zweiten Lauf, noch immer regnet es in Kitzbühel in Strömen. Erik Read ist der erste, der sich auf dem glatten Ganslernhang versucht. Der Kanadier schaffts mit Mühe ins Ziel und setzt eine erste Zeit: 1:43,62 Minuten.
So lief der erste Lauf
Es sind garstige Bedingungen, die die Slalomfahrer an diesen Sonntag vorfinden. Es regnet schon zu Beginn des ersten Laufs, und der Niederschlag nimmt dann auch noch zu. Auch der Ganslernhang präsentiert sich schwierig. Die Unterlage ist mitunter eisig und schmierig.
Zum Verhängnis wird das Henrik Kristoffersen, dem Führenden in der Slalomwertung. Der Norweger fädelt ein. Beinahe auch bereits im ersten Durchgang Schluss ist es für Loïc Meillard, den ersten Verfolger von Kristoffersen in der Diszplinenwertung. Der Neuenburger rutscht auf einer Eisplatte weg und schafft es nur mit viel Mühe noch ins nächste Tor. Der 28-Jährige verliert 1,91 Sekunden auf die Bestzeit.
Diese stellt der Norweger Timon Haugan auf, der mit der Nummer 1 gestartet ist und damit im zweiten Lauf (ab 13.30 Uhr hier im Liveticker) die besten Aussichten hat auf den Triumph in diesem prestigeträchtigen Rennen und die 100’000 Euro Siegesprämie. Bald flieht er vor dem Regen und ist nicht mehr im roten Leadersessel zu sehen. Dafür hat dort Ex-Fussballer Bastian Schweinsteiger Platz genommen – flankiert vom deutschen Bayern-Star Thomas Müller und dem ehemaligen Slalom-Ass Felix Neureuther.
Am nächsten kommt Haugan der Franzose Steven Amiez, der einmal mehr seine starke Form unter Beweis stellt. Direkt dahinter folgt mit nur 25 Hundertsteln Rückstand Lucas Pinheiro Braathen, der für Brasilien fährt und sich in der Startliste immer weiter nach vorne kämpft.
Eine gute Ausgangslage verschaffen sich auch Tanguy Nef und Daniel Yule. Die beiden Schweizer liegen mit 49 und 65 Hundertsteln Rückstand auf den Zwischenrängen 5 und 7. Nef, der vor einer Woche in Wengen mit Rang 4 glänzte, hätte es sogar noch weiter nach vorne geschafft, wären ihm nicht zwei Fehler unterlaufen.
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