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Meinung

Kolumne von Laura de Weck
Grasskifahren mit Albert Rösti

Auf der Suche nach etwas Schnee für die nächste Abfahrt.
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Eine Kundin betritt ein Sportgeschäft in Kandersteg. 

Kundin: Grüezi.

Verkäufer: Grüezi.

Kundin: Ich würde gern ein Paar Ski kaufen.

Verkäufer: Sehr gern, Schneeski oder Grasski?

Kundin: Grasski?

Verkäufer: Ja, das sind Ski, die funktionieren wie ein kleines Kettenfahrzeug …

Kundin: Hat es denn gar keinen Schnee auf den Pisten?

Verkäufer: Noch hat es ein wenig, aber Sie müssen in die Zukunft denken. Vielleicht hat es schon nächstes Jahr null Schnee mehr.

Kundin: Jetzt seien Sie nicht so pessimistisch!

Verkäufer: Realistisch bin ich, realistisch. Die Wissenschaft prognostiziert für 2023 ein globales Hitzerekordjahr, die Gletscher gibt es bald nicht mehr, und jetzt mit unserem neuen Bundesrat Rösti war mir sofort klar, wir müssen unser Sortiment auf schneefreien Sport umstellen.

Kundin: Was hat denn der Rösti mit Ihrem Sortiment zu tun?

Verkäufer: Der Rösti leitet in Bern das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation. 

Kundin: Ja, und?

Verkäufer: Er entscheidet jetzt über unsere Klimapolitik. Doch da ihm das Klima egal ist …

Kundin: Jetzt seien Sie nicht so pessimistisch.

Verkäufer: Realistisch bin ich, realistisch. Rösti will bei der Energie Versorgungssicherheit um jeden Preis, auch wenn sich die Erde weiter erhitzt.

Kundin: Na, ja …

Verkäufer: … und er war eben noch Präsident von Auto Schweiz, der Lobby der Automobilimporteure. 

Kundin: Ah, ja?

Verkäufer: Bis Mai 2022 war er Präsident von Swissoil, dem Dachverband der Brennstoffhändler.

Kundin: Ja?

Verkäufer: Er hat erfolgreich das CO₂-Gesetz bekämpft.

Kundin: Ja …

Verkäufer: In einem Interview mit «24 heures» bezweifelte Rösti, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

Kundin: Oh.

Verkäufer: Vor ein paar Jahren, das weiss ich noch, sagte er in einer Rede, Massnahmen zum Umweltschutz seien «kontraproduktiv und teuflisch», man solle sich lieber «über das schöne Wetter freuen». Aber wie soll ich mich über das schöne Wetter freuen, wenn in meinem Laden lauter Ski und Snowboards stehen. Das Wintergeschäft ist katastrophal. Ich habe bereits eine Ladung Wanderschuhe bestellt. Und die Ski kann ich definitiv aussortieren, wenn der Rösti jetzt das Klimazepter übernimmt.

Kundin: Aber der Rösti hält sich doch ans Kollegialitätsprinzip. Sie sehen das wirklich arg pessimistisch.

Verkäufer: Realistisch, glauben Sie mir, realistisch. Der Rösti hat das Referendum gegen den Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative ergriffen, den er jetzt als Bundesrat theoretisch befürworten muss. Sie glauben nicht im Ernst, Rösti zeigt seinen Öl- und Autofreunden, die ihn jahrelang hofiert und mit guten Honoraren charmiert haben, plötzlich die kalte Schulter? Wer jetzt nicht handelt, hat verloren. Der Rösti handelt nicht, also handle ich. 

Kundin: Ja … also … Vielleicht zeigen Sie mir doch die Grasski. 

Verkäufer: Gern. Wir haben allerdings auch gerade den ersten Prototyp der Matschski. Wegen der milden Temperaturen wird es vermehrt regnen, hinzu kommt die Gletscherschmelze. Wir gehen für die kommenden Jahre eher von Matschpisten als von Graspisten aus. Haben Sie Interesse an Matschski?