Letzte WM von Lara Gut-BehramiEnde einer Ära: Von «zwei Scheisswochen» bis zu den besten ihres Lebens
Medaillengewinne, schwere Stürze und reichlich Kritik: Die Schweizer Ausnahmefahrerin hat an Weltmeisterschaften viel erlebt. Ein Rückblick.
![Lara Gut-Behrami und Wendy Holdener aus der Schweiz feiern ihre Silbermedaille bei der Medaillenzeremonie der FIS Ski-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm.](https://cdn.unitycms.io/images/6Gkkne3Ia4w8ylBfVpCgdU.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=mWR867a8kus)
Noch einmal atmet Lara Gut-Behrami tief ein, das letzte Mal WM-Luft schnuppern. Dann atmet sie aus und stösst sich aus dem Starthaus von Saalbach-Hinterglemm. Zum allerletzten Mal jagt die 33-Jährige an diesem Donnerstag WM-Medaillen.
Die Ausgangslage ist gut nach dem ersten Riesenslalom-Lauf, Vierte ist sie, 16 Hundertstel Rückstand sind es auf die Podestplätze. Gut-Behrami riskiert, kämpft sich ins Ziel, fünf Hundertstel fehlen ihr zur Bestzeit, letztlich sechs zur Bronzemedaille. Die Tessinerin nimmt die Brille vom Gesicht, schliesst die Augen, es ist ein Moment der leisen Enttäuschung.
Mit diesem 5. Rang endet die WM-Geschichte der Frau, die mit neun Medaillen so erfolgreich war wie keine Schweizerin vor ihr – in zwei Jahren in Crans-Montana wird sie nicht mehr dabei sein. Mit der Silbermedaille am Dienstag in der Teamkombination zusammen mit Wendy Holdener hat sie mit Pirmin Zurbriggen gleichgezogen, der ebenfalls neun WM-Medaillen gewann.
Es gab einige Höhepunkte an Weltmeisterschaften für sie. Aber nicht nur. Ein Rückblick.
2009: Der Teenager schlägt zu
![Lara Gut aus der Schweiz mit ihrer Silbermedaille bei der Abfahrtsveranstaltung in Val d’Isere, Frankreich, 2009.](https://cdn.unitycms.io/images/F3-ve6fwKoM884qV506RHs.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=BQCbXvZonrA)
Lara Gut ist noch keine 18, als sie an die WM in Val-d’Isère reist. Und doch tut sie das schon als Hoffnungsträgerin der Schweiz. Im Winter davor ist sie ins Ziel von St. Moritz gestürzt, auf Rang 3, in ihrer allerersten Weltcupabfahrt. In diesem Frühjahr 2009 ist sie schon dreifache Podestfahrerin und gar Weltcupsiegerin, Ende Dezember hat sie den Super-G in St. Moritz gewonnen. Und auch an ihrem ersten Grossanlass schlägt die Tessinerin gleich zu, gewinnt Silber in Abfahrt und Kombination – sonst holt keine andere Schweizerin eine Medaille.
2011: Vom Glück verlassen
Während der Titelkämpfe titelt eine deutsche Zeitung im Zusammenhang mit der Schweizerin: «Ist die Schöne das Biest?» Nun, Gut wird im Super-G Vierte, in der Abfahrt ebenfalls – kurz: in Garmisch wird sie vom Glück verlassen.
![Lara Gut aus der Schweiz stürzt beim Frauen Super-Kombination Slalom während der Alpinen FIS Ski-Weltmeisterschaften 2011 in Garmisch-Partenkirchen.](https://cdn.unitycms.io/images/9LJFYz_AKK79Ywgy1GvTX6.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=RC0XvgAAudY)
Viel schlimmer noch: Im Slalom der Super-Kombination stürzt sie spektakulär und überschlägt sich mehrmals, danach hat sie Schmerzen am ganzen Körper, im abschliessenden Riesenslalom ist sie chancenlos. Mittlerweile hat sie in Garmisch fünf Weltcuprennen gewonnen, nach den Titelkämpfen aber sagt die Tessinerin einmal: «Ich hasse diese Strecke.»
2013: Die Journalisten-Allergie
Gleich im Auftaktrennen der WM in Schladming holt Gut Super-G-Silber und bewahrt die in einer fundamentalen Krise steckende Ski-Schweiz vor dem Nuller. Sie umarmt danach Trainer Hans Flatscher herzhaft und sagt: «Seit Hans da ist, gibt es im Verband keine Wand mehr, gegen die ich kämpfen muss, sondern einen Menschen, der mir hilft.»
![Lara Gut von der Schweiz feiert ihre Silbermedaille mit Hans Flatscher, Cheftrainer des Swissski Damenteams, bei der Blumenzeremonie der FIS Alpinen Ski-WM in Schladming, Österreich, am 5. Februar 2013.](https://cdn.unitycms.io/images/3yFfMr3o4jSBr4eoFkaeWE.jpg?op=ocroped&val=1600,1067,1000,1000,0,0&sum=adIs5RanT4w)
Ihre Sonderstellung und die Differenzen mit dem Schweizer Skiverband sind rund um die WM in Schladming das dominierende Thema. Gut wirkt oft schlecht gelaunt; als sie während eines Interviews hustet, erkundigt sich der Reporter, ob sie krank sei, Gut aber antwortet: «Nein, das ist nur meine Journalisten-Allergie.»
2015: Keine Freude über Bronze
Auch in Vail/Beaver Creek holt Gut eine Medaille, in der Abfahrt reicht es hinter Tina Maze und ihrer Freundin Anna Fenninger auf einer Strecke, die ganz auf sie zugeschnitten ist, zu Bronze.
![Anna Fenninger, Tina Maze und Lara Gut halten ihre Medaillen bei der Siegerehrung der Damen-Abfahrt bei der FIS Alpinen Ski-Weltmeisterschaft 2015 in Vail.](https://cdn.unitycms.io/images/6OWw9pzTqOkB-JZhgLhfaM.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=AROpsgGbm8g)
Jubeln aber mag sie deswegen nicht, vielmehr hadert sie mit dem Fehler, den sie begangen hat, und der verpassten Goldmedaille. Gut sagt: «Es ist okay, eine Medaille zu haben. Aber ich will eigentlich mein bestes Skifahren zeigen. Ich bin einfach enttäuscht, weil ich das Rennen mit einem dummen Fehler verloren habe.» Daheim in der Schweiz wird Gut kritisiert, weil sie an der Medaille keine Freude zeigt.
2017: Die willkommene Verletzung
Heim-WM in St. Moritz, Höhepunkt für die Schweizer Skifahrer und Skifahrerinnen. Lara Gut ist der Star des Teams, Gesamtweltcupsiegerin des Vorwinters, Medaillenanwärterin in gleich vier Disziplinen. Im Super-G hat sie Bronze geholt, ehe sie in der Kombinationsabfahrt auf Rang 3 rast und sich über Mittag für den Slalom einfährt. Da passiert es: ein Rechtsschwung auf einer Kuppe, Guts linkes Knie knickt ein, sie sackt zusammen, das Kreuzband reisst.
![Lara Gut wird nach einem Unfall während des Aufwärmens für den Slalom bei den FIS Alpinen Ski-Weltmeisterschaften 2017 in St. Moritz, Schweiz, von einem Helikopter transportiert.](https://cdn.unitycms.io/images/0CkE6Y3iax78NmcQJdbe3B.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=FOAN8QW8qnk)
Was erst als grosses Drama wirkt, wird für Gut zum Glücksfall. Ihr Körper hat getan, was ihr Kopf nicht zuliess: Er hat die Reissleine gezogen. Die Ausnahmefahrerin hat erstmals Zeit, zu reflektieren und zu sich selbst zu finden. Sie sagt später: «Ich habe über Monate mehr Zeit gefordert, jetzt hat mein Instinkt sie mir gegeben.»
2019: Mit neuem Namen
Es ist ihre sechste WM, aber irgendwie doch eine Premiere. Nach ihrer Heirat im Sommer davor mit Valon Behrami bestreitet die Tessinerin im schwedischen Åre erstmals als Lara Gut-Behrami einen Grossanlass.
![Lara Gut-Behrami im Ziel beim Riesenslalom der Ski-WM 2019 in Åre, Schweiz, mit Skistöcken und Winterkleidung.](https://cdn.unitycms.io/images/3zlvnf0ra4-B98bLtwUZYy.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=rPVP1nktcUg)
Doch auch der Doppelname garantiert keine Wunderdinge: Es reicht für die Ränge 8, 9 und 14 in der Abfahrt, im Super-G und im Riesenslalom. Erstmals ist sie an einer WM chancenlos, was nur bedingt überrascht, weil die Saison 2018/19 ihre schlechteste ist im Weltcup. Vor Beginn der Titelkämpfe noch wird Gut-Behrami gefragt, ob sie für einmal weniger Druck hat. Sie antwortet: «Sicher nicht. Ich glaube, dass ich jetzt allen beweisen muss, dass ich noch Ski fahren kann.»
2021: Das grosse Schaulaufen
Es ist eine spezielle WM in Cortina d’Ampezzo: Es ist Coronazeit, Zuschauer sind nicht zugelassen, Masken allgegenwärtig. In diesem Umfeld setzt Gut-Behrami zum grossen Schaulaufen an. Sie gewinnt im Super-G Gold, steht in der Abfahrt zusammen mit Siegerin und Freundin Corinne Suter als Dritte auf dem Podest und lässt die Krönung schlechthin folgen: Sie wird Weltmeisterin im Riesenslalom. Es ist der vielleicht grösste Sieg ihrer Karriere, bedeutet ihr der Riesenslalom doch so viel und hat sie in den Jahren davor das Selbstverständnis in dieser Disziplin verloren.
![Lara Gut-Behrami aus der Schweiz mit Goldmedaille bei den FIS Alpinen Skiweltmeisterschaften im Riesenslalom, Cortina d’Ampezzo, Italien, 2021.](https://cdn.unitycms.io/images/9cUb-zgq4GP8r9gD0eH8Iy.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=bOOX3qtOJR0)
Gut-Behrami ist die erste Schweizerin seit Maria Walliser, die zwei Goldmedaillen an einer WM gewinnt – und insgesamt drei. Walliser hatte an der Schweizer Wunder-WM 1987 in Crans-Montana Gold im Super-G und der Abfahrt geholt sowie Bronze im Riesenslalom.
2023: Zwei «Scheisswochen»
Es musste fast so kommen für Lara Gut-Behrami: noch ein Tiefschlag zum Abschluss dieser WM in Méribel und Courchevel, 4. Platz im Riesenslalom, um neun Hundertstel neben dem Podest. Eigentlich will sie gar nichts sagen, als sie mit hängendem Kopf durch den Zielraum läuft. Ein Journalist des Tessiner Fernsehens fragt doch nach, die Antwort: «Due settimane di merda.» Zwei Scheisswochen.
![Zuschauer in Courchevel während des Ski Alpin Riesenslaloms der Frauen bei der WM 2023. Eine Person trägt eine grüne Jacke und eine rote Mütze.](https://cdn.unitycms.io/images/Bgb0OIhmq_nAwaiHh8S0jE.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=mdMSDxD2i4w)
Im Super-G ist sie Sechste geworden, in der Abfahrt Neunte, es sind Enttäuschungen, die gut sind für den Schweizer Skiverband. Denn so will Gut-Behrami ihre Karriere nicht beenden. Sie entscheidet sich, auch in Saalbach 2025 an den Start zu gehen. Und verlässt Österreich mit einer Silbermedaille.
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