Super-G in GarmischLara Gut-Behrami feiert ihren ersten Saisonsieg – aber sie macht sich Sorgen
Die Schweizerin zeigt eine perfekte Fahrt und schliesst mit ihrem 46. Sieg im Weltcup zu einer Legende auf. Zu reden geben die vielen Verletzungen.
100 Weltcuppunkte und 47’000 Franken Preisgeld, aber Lara Gut-Behrami erhält für ihren Sieg im Super-G von Garmisch ein Geschenk obendrauf: ein typisch bayerisches Dirndl.
Darauf angesprochen, grinst die Tessinerin im TV-Interview nur, ihre gute Laune ist schon fast ansteckend. Endlich hat es gereicht zum ersten Saisonsieg, nach zuvor fünf Podestplätzen in drei verschiedenen Disziplinen. Sie sei nicht gerade erleichtert, resümiert die 33-Jährige, «aber wenn man gewinnt, spürt man schon andere Freude». In den vergangenen Wochen habe sie einmal mehr realisiert, wie wenig selbstverständlich es sei, ganz oben zu stehen. «Aber mein Selbstvertrauen ist zuletzt viel grösser geworden. Es funktioniert nun wieder vieles so, wie ich es mir vorstelle.»
Zum fünften Mal schon triumphiert Gut-Behrami im Super-G von Garmisch, nach 2016, 2017 und zweimal 2021. Und wenn wir schon bei eindrücklichen Zahlen sind, sollten diese nicht fehlen: Es ist ihr 23. Sieg in dieser Sparte, einzig Lindsey Vonn (28) hat mehr vorzuweisen. Insgesamt handelt es sich um den 46. Erfolg im Weltcup, sie schliesst damit zur Österreicherin Renate Götschl auf und liegt in der Allzeitwertung auf Platz 5. Nur Mikaela Shiffrin (99), Vonn (82), Annemarie Moser-Pröll (62) und Vreni Schneider (55) liegen noch vor ihr.
Im Speedteam fehlt die Breite
Vor allem aber zahlt sich Gut-Behramis perfekte Fahrt auf stark gesalzener Piste in den Saisonwertungen aus: Im Disziplinenweltcup baut sie ihre Führung aus, Federica Brignone liegt drei Rennen vor Schluss 75 Punkte zurück. Im Kampf um die grosse Kristallkugel allerdings bleibt die Italienerin vorne, die Reserve auf Gut-Behrami beläuft sich aber nur noch auf 70 Zähler. Brignone schafft es 24 Stunden nach ihrem Abfahrtssieg auf Rang 3, geschlagen wird sie auch noch von der Norwegerin Kajsa Vickhoff Lie.
Das Schweizer Teamresultat hingegen ist bescheiden. Corinne Suter, am Samstag noch Dritte, muss sich nach einer konservativen Fahrt mit Platz14 begnügen. Michelle Gisin und Joana Hählen scheiden aus. Die Breite fehlt derzeit im Speedteam, nur ein Quartett hat die WM-Selektionsnorm (einmal Top 7 oder zweimal Top 15) zumindest in einer Sparte erfüllt.
Gut-Behrami, Suter, Gisin und Aufsteigerin Malorie Blanc, die wegen leichter Knieschmerzen auf die Rennen in Garmisch verzichtet hat, werden kommende Woche an die Titelkämpfe in Saalbach reisen. Ob die Trainer Gnade vor Recht walten lassen und doch noch eine weitere Athletin selektionieren, wird sich zeigen. Eine Kandidatin könnte Janine Schmitt sein: Die 24-Jährige überrascht am Sonntag trotz ungünstiger Startnummer mit Platz 17 – es ist ihr Bestergebnis.
Eine Lösung hat auch die Siegerin nicht
Nach ihrem Triumph spricht Gut-Behrami auch über die vielen schlimmen Stürze, die sich in Garmisch ereignet haben. Die Tschechin Tereza Nova wurde gar in ein künstliches Koma versetzt, sie soll aber stabil sein. Nina Ortlieb brach sich am Samstag den Unterschenkel am rechten Bein, die Österreicherin wird sich zum 23. (!) Mal operieren lassen müssen.
«Es ist hart, mittlerweile passieren solche Unfälle fast bei jedem Rennen», sagt Gut-Behrami und macht sich Sorgen. «Wir hatten in den letzten vier Tagen viermal unterschiedliche Verhältnisse, für die Serviceleute ist es enorm schwierig, die richtige Abstimmung zu finden. Ich gebe niemandem die Schuld für die vielen Verletzungen, ich habe auch keine Lösung, wie wir das in den Griff kriegen. Aber wir müssen uns alle bewusst sein, wie schwierig es momentan ist.» Während Sofia Goggia (4.) resümiert, jede Skimarke versuche, das Beste herauszuholen, aber mittlerweile seien es fast keine Ski mehr, sondern Waffen, sagt Gut-Behrami: «Manchmal stehe ich am Start und habe nur ein Ziel: sicher unten anzukommen.»
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Startnummer 11 – Sofia Goggia
Und gleich der nächste Ski-Star aus Italien: Gestern fuhr Goggia mit ausgekugelter Schulter auf Rang 2, und auch heute ist sie wieder Zweite – nur 11 Hundertstel hinter Landsfrau Brignone. Wir haben nun also eine italienische Dreifach-Führung.
Startnummer 10 – Federica Brignone
Die Italienerin ist mit 34 die älteste Siegerin im Weltcup, gestern entschied sie die Abfahrt für sich. Brignone greift an, sie fährt mit voller Überzeugung. Bei der zweiten Zwischenzeit liegt sie 44 Hundertstel zurück, im Ziel sind es dann knapp vier Zehntel Vorsprung. Und doch scheint sie unzufrieden zu sein, weil ihr der eine oder andere kleine Fehler unterlaufen ist.
Startnummer 9 – Lauren Macuga
Vor zwei Wochen glänzte die Amerikanerin mit ihrem Sensationssieg im Super-G von St. Anton. Die Spektakelfahrerin aber kommt schon im oberen Streckenabschnitt mehrmals von der Ideallinie ab, weil die Führende Pirovano unten nicht die Schnellste war, kann sie ebenfalls noch etwas Zeit gut machen. Platz 5 für Macuga.
Startnummer 8 – Elena Curtoni
Es scheint ein wenig, als seien die ganz frühen Nummern eher ein Vorteil gewesen. Curtoni aber hält den Schaden in Grenzen und holt ganz unten noch etwas Zeit an. Die Italienerin reiht sich direkt vor Suter auf Platz 4 ein.
Startnummer 7 – Corinne Suter
Zuletzt in Cortina schaffte sie es aufs Super-G-Podest, die Form der Schwyzerin wird immer besser. Heute aber tut sie sich schwer, erst im Schlussteil stimmt der Speed. Mit 83 Hundertsteln Rückstand fährt sie «nur» auf Zwischenrang 4. Die Fahrt war wohl etwas zu konservativ.
Startnummer 6 – Mirjam Puchner
Die gesundheitlich angeschlagene Österreicherin verpasst das exakt gleiche Tor wie Michelle Gisin und scheidet ebenfalls aus.
Startnummer 5 – Laura Pirovano
2017 holte die Italienerin Junioren-WM-Gold im Riesenslalom, im Weltcup allerdings wartet sie noch immer auf den ersten Podestplatz. Heute zeigt sie eine starke Leistung: Die 27-Jährige übernimmt die Spitze mit 35 Hundertsteln Vorsprung.
Startnummer 4 – Michelle Gisin
Die WM-Qualifikation hat die Schweizerin im Super-G gerade so geschafft, in der Abfahrt hingegen steht sie nur mit halber Limite zu Buche. Es läuft ihr nicht, und so passt der Ausfall in Garmisch ins triste Bild. Nach rund 40 Sekunden verschätzt sie sich nach einem Sprung und fährt an einem Tor dabei. Sie verwirft die Hände.
Startnummer 3 – Alice Robinson
Am Dienstag triumphierte sie am Kronplatz im Riesenslalom, doch Robinson orientiert sich je länger je mehr auch Richtung Speed-Disziplinen. Nach einer etwas unruhigen Fahrt im Mittelteil muss sie sich mit Zwischenrang 3 begnügen (+0,77 Sekunden).
Startnummer 2 – Romane Miradoli
Vor drei Jahren gewann die Französin auf der Lenzerheide ihr einziges Weltcuprennen, es war ein Super-G. Mittlerweile 30, gehört sie noch zumindest zur erweiterten Weltspitze. Sie büsst vier Hundertstel auf Weidle-Winkelmann ein. Da werden wir noch schnellere Fahrten sehen.
Startnummer 1 – Kira Weidle-Winkelmann
Los geht’s in Garmisch. Das Rennen eröffnet die einheimische Kira Weidle-Winkelmann, die 2021 in Cortina überraschend WM-Silber in der Abfahrt gewann. Mittlerweile läuft es der Deutschen im Super-G aber fast besser. Mit 1:16:03 setzt sie die erste Richtzeit.
Schlimme Stürze
Die Woche in Garmisch wird bisher überschattet von diversen Unfällen. Im Training verletzte sich die Schweizerin Stephanie Jenal am Knie, in der Abfahrt von gestern brach sich Nina Ortlieb den Unterschenkel, sie wird sich zum 23. (!) mal in ihrem Leben einer Operation unterziehen müssen. Die grössten Sorgen betreffen jedoch die Tschechin Tereza Nova. Nach einem schweren Sturz wurde sie ins künstliche Koma versetzt. Die Hirnschwellung soll reduziert werden.
Das Wetter macht Probleme
Der Start ist um eine Viertelstunde auf 11.15 Uhr verschoben worden. Schneeregen kombiniert mit schlechter Sicht sind der Grund für die Verzögerung.
Die Favoritinnen
Italien gegen die Schweiz – zu diesem Duell könnte es auch heute kommen. Gesamtweltcup-Leaderin Federica Brignone ist in den Speed-Disziplinen in Hochform, auch Sofia Goggia, die gestern in der Abfahrt trotz ausgekugelter Schulter Zweite wurde, ist ebenfalls einiges zuzutrauen. Das trifft natürlich auch auf Lara Gut-Behrami zu, die in ihrer Karriere schon 22 Super-Gs gewonnen hat und in der Disziplinenwertung führt. Auch Corinne Suter, am Samstag Dritte, gehört zum Kreis der Favoritinnen. Chancen hat gewiss auch die Österreicherin Cornelia Hütter.
Herzlich willkommen
In Garmisch steht der fünfte von acht Super-Gs in dieser Saison auf dem Programm. Um 11.15 Uhr soll es los gehen. Verfolgen Sie das Rennen bei uns im Liveticker.
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