Analyse zum TV-Interview Sind Alec Baldwins Tränen echt?
Mit einem emotionalen Gespräch zum tödlichen Filmset-Unfall will der Hollywood-Star die öffentliche Wahrnehmung steuern.
Wieso jetzt?, fragt der Journalist George Stephanopoulos zu Beginn des Interviews auf dem US-Sender ABC. Wieso äussert sich Alec Baldwin jetzt zum ersten Mal zum tödlichen Unfall am Set des Westerns «Rust»? Er wolle sich nicht als Opfer darstellen, antwortet der Schauspieler. Aber er möchte ein paar «Irrtümer» aus dem Weg schaffen.
Behörden sagen: Wir sagen nichts. Politiker sagen: Es gibt ein paar Dinge richtigzustellen. Alec Baldwin ist eindeutig in der Politikerrolle. In dem 80-minütigen Gespräch beteuert er, dass er nicht in der Verantwortung stehe für den Tod der Kamerafrau Halyna Hutchins. Irgendjemand schon, aber sicher nicht er.
Das Interview ist eine Meisterklasse in «Framing». Mit seinem Anwaltsteam hat Baldwin fraglos die Story geprobt. Die Story ist, dass er und Halyna Hutchins beide davon ausgegangen sind, dass die Pistole nicht geladen war, als er auf dem Set unter ihren Anweisungen eine Schiessszene übte und dabei in ihre Richtung zielte. Auch den Abzug habe er nicht betätigt, sondern lediglich den Schlaghebel losgelassen – worauf sich der Schuss gelöst habe.
«Wie kam die Kugel in die Kammer?», fragt Baldwin. Muss die Polizei am Ende die Pistole verhaften?
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Die Untersuchungen laufen, auf Baldwin kommen verschiedene Klagen zu, es geht um Sicherheitslücken am Dreh sowie um den Vorwurf, er habe die Waffe absichtlich betätigt. Deshalb will er jetzt die öffentliche Meinung kontrollieren.
Dazu gehört, dass er abstreitet, als Produzent von «Rust» eine Mitverantwortung für die Zustände am Set zu tragen, und stattdessen insistiert, er sei bloss ein «kreativer Produzent», der beim Casting und beim Drehbuch mitdenke – so gibts keine direkte Linie von ihm zur Crew. Über die junge Waffenmeisterin, die ihm den Revolver reichte, sagt Baldwin, er sei halt davon ausgegangen, dass sie ihren Job machen könne. Viel deutlicher kann man jemanden nicht hinhängen.
«Die Verantwortung des Schauspielers besteht darin, das zu tun, was ihm der Requisiteur sagt.»
Das heisst nicht, dass Baldwin schauspielert, wenn ihm die Tränen kommen. Dass seine Kollegin gestorben ist, macht ihm zu schaffen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass er als Produzent nichts von den Sicherheitsbedenken und von mehreren unbeabsichtigt abgefeuerten Platzpatronen mitbekommen haben will. Schliesslich haben deswegen Crewmitglieder gekündigt. Inzwischen haben Schauspielkollegen wie George Clooney Baldwin dafür kritisiert, dass er die Waffe nicht auch noch selber kontrolliert habe, wie es eigentlich üblich sei.
Worin denn die Verantwortung des Schauspielers bestehe, fragt ihn der Journalist. Baldwin antwortet, das sei eine gute Frage, und denkt nach. Dann fällt es ihm ein: «Die Verantwortung des Schauspielers besteht darin, das zu tun, was ihm der Requisiteur sagt.»
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