Erste Chefin in Baseball-MännerligaSie zerschmettert die gläserne Decke und schreibt Geschichte
Seit Jahrzehnten zeigt Kim Ng, dass sie von Mathematik und Männer-Baseball viel versteht – nun wird sie bei der MLB in Miami erstmals standesgemäss dafür belohnt.
Achtung, Achtung: Alle Amerikaner müssen nun dringend Schuhe tragen, damit sie sich nicht die Füsse verletzen, wenn sie auf all die Scherben treten, die da rumliegen. Ein Scherz, gewiss, er verbreitet sich gerade millionenfach in den sozialen Netzwerken.
Es geht darum, dass in den USA von einer «Glasdecke» die Rede ist, wenn jemand die Sterne sieht, sie aber wegen dieser Decke aus gesellschaftlichen Normen und altertümlichen Vorurteilen nicht greifen darf. Mit der Wahl von Kamala Harris zur Vizepräsidentin wurde kürzlich so eine gläserne Decke zerschmettert, und nun noch eine: Die Miami Marlins haben Kim Ng zur Managerin ernannt.
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Sie ist die erste Frau in dieser Rolle bei einem Club der vier bedeutenden Männerligen NFL (Football), NBA (Basketball), NHL (Eishockey) und MLB (Baseball). Und man könnte nun sagen: endlich. Oder auch fragen: Warum erst jetzt?
«Sie ist seit fünfzehn Jahren stets die beste Person für diesen Job gewesen, aber die Leute waren aus irgendwelchen Gründen nicht bereit, sie zu befördern», sagt Dan Evans. Er hatte Ng vor dreissig Jahren als Praktikantin bei den Chicago White Sox eingestellt. Er wolle nun nicht Ng beglückwünschen, sondern die Marlins.
Sogar Michelle Obama gratuliert
Wie stabil diese gläserne Decke im Sport ist, zeigt die Karriere von Ng selbst. 1995 war sie im Alter von 27 Jahren die jüngste Person in der Geschichte der MLB, die einen Gehaltsstreit (von Werfer Alex Fernandez) vor Gericht verhandelte. Nach sieben Jahren in Chicago war sie dreizehn Jahre lang stellvertretende Managerin, erst bei den New York Yankees (als damals 29-Jährige die jüngste Stellvertreterin der Geschichte) und dann bei den Los Angeles Dodgers.
Sie galt als Superhirn und war an der Eliteuniversität von Chicago eine Bekanntheit im Softball – der Baseball-Variante für, genau, Frauen. Sie war also klug, und sie kannte diesen Sport. Managerin wurde sie nicht.
«Damals erschien es unwahrscheinlich. Aber ich bin ziemlich verbissen, wenn es ums Erreichen meiner Träume geht.»
Bekannt wurde sie erst im Jahr 2003, weil sie der damalige New-York-Mets-Mitarbeiter Bill Singer bei einem Treffen der MLB-Verantwortlichen beleidigt hatte – nicht wegen ihres Geschlechts, sondern wegen ihrer asiatischen Abstammung. Die Mets warfen Singer raus (und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ihn die Washington Nationals drei Jahre später als Talentspäher nach Asien schickten).
Kurz davor wäre Kim Ng beinahe Managerin der Dodgers geworden, doch daraus wurde nichts, und schliesslich passierte, was häufig passiert: Ned Colletti, der statt Ng den Job bekam, stellte sie als seine Stellvertreterin ein – weil er sie, wie er später sagte, für klüger hielt als sich selbst. «Nicht nur eine historische, sondern eine grandiose Wahl», schrieb Colletti nun bei Twitter. Michelle Obama ergänzte: «Ich bin zwar ein Fan der Chicago Cubs, aber ich werde dich anfeuern.»
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General Manager im Baseball ist ein Beruf, dessen Eigenheiten weltweit bekannt wurden durch den Film Moneyball, in dem Brad Pitt den genialischen Billy Beane verkörpert, der achtzehn Jahre lang Manager der Oakland A’s war und mittlerweile auch Miteigentümer des Vereins ist. Es braucht aufgrund der zahlreichen finanziellen und strukturellen Regeln im Baseball eher Doktortitel in Mathematik und Informatik als eine Vergangenheit als Spieler für diese Position, und es ist deshalb interessant, wer Ng eingestellt hat: Derek Jeter, als einstiger Profi eine Yankees-Legende und nun Miteigentümer der Miami Marlins.
Jeter war der Star bei den drei aufeinanderfolgenden Meisterschaften der Yankees (1998–2000), als Ng die stellvertretende Managerin des Vereins war. «Sie bringt einen reichen Schatz an Wissen und Erfahrung im Titelgewinnen mit», sagt Jeter nun. Und Ng selbst? «Ich habe in dieser Liga als Praktikantin angefangen. Damals erschien es unwahrscheinlich, dass eine Frau mal Managerin eines Vereins werden könnte – aber ich bin ziemlich verbissen, wenn es ums Erreichen meiner Träume geht. Mein Ziel ist es nun, eine Meisterschaft nach Miami zu holen.»
Der letzte Titel der Marlins, die erst 1993 gegründet worden sind, liegt siebzehn Jahre zurück, in den vergangenen zehn Jahren hatte der Club stets mehr Spiele verloren als gewonnen. 2019 lautete die Bilanz gar 57:105. In diesem Jahr jedoch schaffte das Team 31 Siege in der auf 60 Spiele verkürzten Saison, das Kader gilt bereits als kluge Mischung aus Veteranen und Talenten. Es ist nun an Ng und Trainer Don Mattingly (den sie aus ihrer Zeit bei den Dodgers sehr gut kennt), ein Team aufzustellen, das um die Meisterschaft spielen kann.
Als Frau hatte sie es schwierig
Ng ist die erste Managerin, so wie Jackie Robinson im Jahr 1947 der erste afroamerikanische Profi in der MLB gewesen ist, und sie ist sich der Dimension bewusst: «Es ist eine Aufgabe, die ich nicht leichtfertig annehme. Es war bisweilen schwierig für mich, eine Frau in diesem Sport zu sein.»
Die gläserne Decke ist also zerstört, und in Miami werden T-Shirts in den Farben der Marlins (Hellblau und Rot) feilgeboten, auf denen genau das steht: «Glass Ceiling Shattered». Ng will nun dafür sorgen, dass auf den Scherben weitere Frauen zu den Chefbüros im Sport werden gehen können: «Es ist besser geworden, aber wir haben noch viel Arbeit vor uns.»
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