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Schuften für den Olympiatraum
Sie ist das neue Gesicht des Schweizer Frauenruderns

«Das Training ist manchmal etwas schwierig»: Im Skiff ist Pascale Walker immer allein unterwegs und muss jede Situation selbst meistern.
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Früh an diesem Mittwoch wird ihr bewusst, dass der Wind im Schweizer Frauenrudern gedreht hat. Als Pascale Walker auf dem Weg zu ihrer ersten Trainingseinheit des Tages auf dem Sarnersee ist, wird sie vom Reporter des Schweizer Fernsehens gebeten, eine Go-Pro-Kamera mit aufs Wasser zu nehmen, später folgt noch ein Interview mit dem gleichen Medium.

Für die Stadtzürcherin, vorher mit überschaubarer Visibilität, kam das überraschend: «Verbandsdirektor Christian Stofer hatte mir zwar gesagt, dass sich nach dem Rücktritt von Jeannine Gmelin etwas ändern werde in der Berichterstattung über das Frauenrudern, aber ich hätte nicht erwartet, dass sich nun zum Beispiel das SRF für mich interessiert.»

Als Gmelin Ende Januar nach dem tragischen Unfalltod von Coach Robin Dowell vom Spitzensport zurücktrat, hatte das Auswirkungen auf das ganze Frauenteam. Bisher war der Platz im Skiff für die Ustermerin praktisch reserviert gewesen, den anderen Ruderinnen in der offenen Klasse blieben die übrigen Boote. Bei Walker waren dies drei Versuche mit dem Doppelzweier, und nach dem Corona-Unterbruch war die 27-Jährige zuletzt das «Team-Mami» des Doppelvierers gewesen, der vergangenes Jahr eine fulminante Premierensaison gezeigt hatte.

«Ich will nicht in Jeannines Fussstapfen stehen, sondern meinen eigenen Weg gehen.»

Pascale Walker

Regelmässig wird sie nun gefragt, ob sie die Nachfolgerin Gmelins werde. Sie hat Verständnis für diese Fragen, wehrt aber klar ab und hofft, dass es diesbezüglich nicht zu extrem wird: «Ich will nicht in Jeannines Fussstapfen stehen, sondern meinen eigenen Weg gehen.»

Diese Zielsetzung ist in ihrem Fall absolut legitim. Bis auf U-23-Stufe hatte sie selbst erfolgreich im Skiff gerudert, hatte unter anderem zwei WM-Medaillen gewonnen. Auch im internen Vergleich mit Gmelin fiel sie nicht ab und hatte die Weltmeisterin von 2017 auch schon bezwungen.

Den Startplatz hart erkämpft

Diesen Winter war sie nun bei den Skiffrennen des Schweizer Kaders praktisch immer die Schnellste und überzeugte auch bei den Langstreckenprüfungen. Für die mindestens temporäre Nachfolge von Gmelin ruderte sie sich dadurch in die Poleposition und begann bald, sich damit auseinanderzusetzen: «Die Trainer machten eine Bemerkung, dass der Skiff für mich eine Option sein könnte, und so war es keine grosse Überraschung, als es an den Trials so herauskam.» Nach den internen Tests in Corgeno (ITA) wurden die Besetzungen für den Start ins Regattajahr fixiert.

Lange ist es her, dass Pascale Walker, die seit 2016 am Verbandssitz in Sarnen trainiert, das letzte Mal allein im Wettkampfeinsatz stand. International war das 2019, generell 2021 bei der Schweizer Meisterschaft. Die Rennen fahre sie sehr gern, sagt sie mit einem Lächeln: «Es ist eine schöne Herausforderung, wieder einmal im Einer anzutreten, aber das Training ist manchmal etwas schwierig.»

Physisch zugelegt: Pascale Walker auf dem Sarnersee.

Trainingsfaule Spitzenruderer gibt es nicht – nur wer sehr viel investiert, hat Chancen auf Lohn in Form von Topresultaten. Der ohnehin schon grosse Aufwand sei nun aber noch viel grösser geworden, erklärt Pascale Walker: «Im Skiff dauert alles viel länger. Der Doppelvierer, der mit uns trainiert, startet gefühlt viel später, überholt mich dann und fährt einfach vorbei. Im Einer musst du dich mit allen Situationen allein herumschlagen.» Anerkennend fügt sie an: «Ich bewundere Jeannine, dass sie das über all die Jahre so gemacht hat.»

«Pascale hat nun die grösseren Oberarme als Sie»

Cheftrainer Ian Wright sagt zum Reporter: «Sie hat auch körperlich noch einmal viel gemacht.» Und fügt scherzhaft an: «Pascale hat nun die grösseren Oberarme als Sie.» Der Athletin selbst, die noch definierter wirkt als vorher, sind die Unterschiede nicht so aufgefallen, «weil ich mich ja regelmässig sehe». Sie sagt aber: «Das Krafttraining hat sich verändert, und wir trainieren stundenmässig insgesamt mehr. Daneben nehme ich mehr Proteine zu mir als vorher.»

Der erste Wettkampftest erfolgt ab nächstem Freitag beim Weltcupauftakt in Zagreb. Mit der sehr begabten, erst 19-jährigen Aurelia-Maxima Janzen erwächst ihr dort starke nationale Konkurrenz: Die schweizerisch-deutsche Doppelbürgerin gewann gerade die deutschen Kleinboot-Meisterschaften. Die Siegerin dieses internen Duells wird dann wohl für die EM Ende Monat in Bled (SLO) selektioniert. «Es wird nicht einfach, sie zu schlagen, aber es wäre schon cool, wenn ich die EM im Einer fahren könnte», sagt Walker.

Richtig ernst gilt es anschliessend, wenn die Karten neu gemischt werden. Am 10./11. Juni finden auf dem Rotsee weitere Trials statt, danach sollen die Besatzungen für die zweite Saisonhälfte definiert werden, inklusive die WM in Belgrad, wo Anfang September das Gros der Olympiatickets vergeben wird.

Sie sei grundsätzlich eher der «Typ Mannschaftsboot», sagt Pascale Walker, für jenen zweiten Teil des Jahres hat sie aber ein klares Ziel: «Ich möchte einfach in das Boot, das die grössten Chancen hat, an Olympia dabei zu sein.» Neben dem Skiff und dem Doppelvierer könnte das auch der Doppelzweier sein. Es ist eine verheissungsvolle Ausgangslage für das neue Gesicht des Schweizer Frauenruderns.