Sexuelle Belästigung am ArbeitsplatzBund kassiert Rüffel wegen fristloser Entlassung
Zu seinem Urteil kam das Bundesverwaltungsgericht unter anderem wegen einer «schlampig durchgeführten Untersuchung». Eine Expertin ordnet ein.
«Was für einen schönen grünen Tanga du trägst», soll ein Bundesangestellter zu seiner Arbeitskollegin gesagt haben. Er soll versucht haben sie zu küssen, ihr ungefragt ein Bild seines Penis gezeigt und sie am Po berührt haben. Das sind nur einige der Vorwürfe gegen den Mann, die eine interne Untersuchung des Arbeitgebers im Sommer 2023 zutage brachte.
Der Arbeitgeber kündigte dem beschuldigten Angestellten daraufhin fristlos – aus «wichtigen Gründen». Dagegen erhob der Angestellte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er sei Opfer einer Verschwörung seiner Arbeitskolleginnen und -kollegen und es gebe keinen schwerwiegenden Grund, der seine fristlose Entlassung rechtfertige. Der Entlassene beantragte eine Entschädigung von 65’000 Franken, wollte seinen Job aber nicht zurück.
Beweise genügen nicht
Das Bundesverwaltungsgericht heisst seine Beschwerde nun teilweise gut. Im am Freitag publizierten Urteil heisst es, dass sexuelle Belästigung zwar grundsätzlich eine fristlose Entlassung aus «wichtigem Grund» rechtfertige, das Beweismass für eine solche in diesem Fall aber nicht erreicht sei. Das Gericht begründet seinen Entscheid damit, dass nach der Gesamtwürdigung der eingereichten Beweise Zweifel an den Anschuldigungen bestünden.
Bei dem Beweismaterial handelt es sich vor allem um Protokolle der Gespräche, die im Rahmen der internen Untersuchung des Arbeitgebers mit den Angestellten geführt wurden. Darin berichten mehrere Mitarbeiter sowie die betroffene Arbeitskollegin selbst von Fehlverhalten des Beschuldigten. Einige berichten von sexistischen Witzen gegenüber der Arbeitskollegin. Ein Zeuge sagt aus, gesehen zu haben, wie der Angeschuldigte die Arbeitskollegin am Po berührt und sie befummelt habe. Allerdings verwendet er Ausdrücke wie «so schien es mir» oder «ich hatte den Eindruck».
Die Aussagen bleiben dem Gericht zu vage. Zudem kommt es zum Schluss, dass die «Verschwörungsthese» des Beschuldigten «nicht absolut auszuschliessen» sei. Die fristlose Entlassung sei folglich nicht gerechtfertigt.
«Schlampig durchgeführte Untersuchung»
Brisant: Im Urteil steht auch, dass die Zweifel des Gerichts auch auf eine «schlampig durchgeführte Untersuchung» zurückzuführen seien. Es heisst: In Anbetracht der schwerwiegenden Vorwürfe hätte die Behörde mehr Beweise liefern müssen.
Monika Hirzel, Expertin für Arbeitsrecht und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, sagt: «Der Entscheid des Gerichts ist für mich nachvollziehbar.» Die im Urteil beschriebenen Aussagen der Zeuginnen und Zeugen reichten nicht, um den Nachweis einer sexuellen Belästigung zu erbringen.
«Das Urteil zeigt wieder mal, wie wichtig es ist, dass Arbeitgeber Vorwürfe der sexuellen Belästigung ernst nehmen und die Untersuchungen dazu in professionelle Hände geben», sagt die Anwältin. Denn bereits da entscheide sich, ob die Beweislast schliesslich vor Gericht standhalte.
So fehlt Hirzel im vorliegenden Fall beispielsweise eine saubere Analyse der Aussagen der Beschuldigenden und des Beschuldigten. «Wenn es keine ausreichenden Aussagen von Augenzeugen gibt – was bei sexueller Belästigung meist der Fall ist – dann ist es Aufgabe des Untersuchungskomitees, anhand einer Aussageanalyse festzustellen, ob die Anschuldigungen zutreffen oder nicht», sagt Hirzel. Ob eine solche Analyse hier im internen Bericht fehlt oder ob sie das Gericht schlicht nicht beachtet hat, sei aber unklar, so Hirzel.
Entschädigung tiefer als beantragt
Das Bundesverwaltungsgericht sprach dem entlassenen Bundesangestellten einen Ersatz des Lohnes bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist und zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von drei Monatslöhnen zu. Das ist weniger als das, was der Beschuldigte forderte. Im Urteil heisst es, das Gericht trage damit «dem nicht vorbildlichen Verhalten» des Angestellten Rechnung. Das Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.
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