Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Serie «Ein Tag im Leben»
«Ich schaue von den Erfolgreichen ab»

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Mein Wecker klingelt um 5 Uhr, ab 6 Uhr bin ich im Büro in Zürich und arbeite konzentriert. Eigentlich bin ich kein Morgenmensch, aber seit einem halben Jahr stehe ich früh auf. Einfach weil ich herausfinden will, was am besten zu mir passt. Wenns keinen Spass mehr macht oder ich nicht mehr mag, hör ich wieder auf damit. Ich bin ja noch jung und kann viel ausprobieren. Und wenn man alles immer gleich macht, bekommt man auch immer dieselben Ergebnisse, oder?

Ich glaube, wir von Kaltes Wasser waren unter den Ersten, die sich Tiktok-Agentur nannten; mittlerweile gibt es viele wie uns. Vor kurzem haben wir unser tausendstes Tiktok-Video fertiggestellt. Wir produzieren gegen hundert im Monat, vor allem Recruiting-Videos, in denen es darum geht, für Firmen motiviertes Personal zu finden.

Vor einem Jahr kannte uns noch kaum jemand, aber seither konnten wir schon viele Aufträge von bekannten Schweizer Firmen an Land ziehen. Es ist wie ein Videospiel, in dem man immer ein Level weiterkommt. Wir könnten uns schon länger einen Lohn auszahlen, das machen wir Gründer aber nicht, sondern reinvestieren alles. So können wir weiterwachsen. Da ich noch zu Hause wohne, brauche ich nicht viel Geld. Für meine Lebenskosten komme ich aber selber auf.

Es ist cool, ein Büro zu haben: Du kannst einladen, wen du willst. Die Videos drehen wir entweder draussen, wenn wir zum Beispiel eine Strassenumfrage machen, vor Ort beim Kunden oder hier im Büro. Einen Regisseur, einen Videografen und jemanden, der koordiniert, dazu Kamera, Licht, Ton – mehr braucht es nicht. Mittlerweile arbeiten sechs Leute für Kaltes Wasser, alle zwischen neunzehn und siebenundzwanzig. Meine Mitarbeitenden sind auch meine Freunde, darum fühlt es sich meist gar nicht wie Arbeiten an.

Damit ein Tiktok-Video viral geht, muss es informativ und unterhaltsam sein. Zum Beispiel indem es eine Frage beantwortet, die man sich schon oft gestellt hat. Die Firmen engagieren uns dafür, dass wir sie ausfragen, Empfehlungen abgeben und die Videos umsetzen. Wir stellen uns vor allem die Frage: Was würde uns oder andere interessieren? In diesem Zusammenhang hilft ein beginner’s mindset, also wenn wir selbst gar nicht viel über das Thema wissen. Es läuft gut, wir lehnen sogar Anfragen ab.

Oft gehe ich mit Leuten mittagessen, von denen ich etwas lernen kann. Ich betreibe da quasi Kaltakquise, schreibe einfach jemanden an. Ich will zum Beispiel erfahren, wie man die besten Mitarbeitenden findet oder wie man die Work-Life-Balance hält. Mein Mindset ist: Ich spreche mit jenen, die bereits dort sind, wo ich hinwill. Ich schaue also von den Erfolgreichen ab. Und sage mir: Wer nicht fragt, erfährt auch nichts.

Seit kurzem studiere ich an der Hochschule St. Gallen Betriebswirtschaft. Studieren und eine Firma führen – wieso soll das nicht gehen? Bereits am Gymi war es unser Ziel, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel zu erreichen. Wir haben zum Beispiel die Lernzeit minimiert, indem wir unsere Zusammenfassungen untereinander ausgetauscht haben. Oder wir haben uns die Regel gesetzt, dreimal pro Lektion aufzustrecken, um gute Mündlichnoten zu bekommen. Auch waren wir schon während der Schule Unternehmer: mit limitierten Turnschuhen. Stundenlang sind wir vor dem Laden angestanden, haben Sneakers gekauft und dann online für das Doppelte verkauft.

Meine persönliche Challenge ist es, zehntausend Schritte am Tag zu machen. Häufig gehe ich dazu noch ins Gym. Abends esse ich mit meiner Familie, sitze noch etwas auf dem Sofa, aber um 21 Uhr liege ich im Bett. In meinem Zimmer bin ich nur zum Schlafen. Was ich besitze, passt in einen Rucksack. Meine Familie unterstützt mich in meinem Schaffen und findet spannend, was ich tue.

Protokoll: Reto Hunziker