Historische GemüsegärtenSelbstversorgung war einst wichtiger als Schönheit
Ein neues Buch zeigt: In früheren Jahrhunderten hatten die bäuerlichen Pflanzblätze wenig gemein mit den schön angelegten, üppig blühenden Bauerngärten von heute.

Beim Begriff «Bauerngarten» denken heute die meisten wohl sofort an einen reich bestandenen, üppig blühenden, schön eingefassten Blumen- und Gemüse-Pflanzplatz neben einem Bauernhaus. Die Lebenswirklichkeit vergangener Jahrhunderte sah jedoch anders aus: Der Pflanzplatz war – wenn vorhanden – ein eher unscheinbarer Teil einer kargen Selbstversorgung und barg vor allem Gemüse sowie ein paar Kräuter und Heilpflanzen.
Schon früh und besonders weitverbreitet war zum Beispiel Kohl. Dass demgegenüber Kartoffeln in der Schweiz erst seit dem 18. Jahrhundert kultiviert werden, ist bekannt. Weniger bekannt hingegen ist, dass etwa die ebenfalls aus Süd- und Mittelamerika stammende Tomate in unseren Breitengraden erst im 20. Jahrhundert Verbreitung fand.
Musgarten, Franzosengarten, Ölgarten
Dies und einiges mehr erfährt man im zweisprachigen Buch (deutsch und französisch) «Die historischen Gemüsegärten der Schweiz». Dominik Flammer (Text) und Sylvan Müller (Fotos), die Autoren der Trilogie über «Das kulinarische Erbe der Alpen» haben darin die Geschichte des Gemüseanbaus in der Schweiz aufgearbeitet – und damit gleichzeitig einen attraktiven Führer durch die prächtigen Gärten des Freilichtmuseums Ballenberg geschaffen.
In diesem nämlich wurden zwölf Gärten nach historischem Vorbild bepflanzt. Die im Buch beschriebenen Gärten widmen sich alle einem Thema. Da ist beispielsweise der Musgarten, wie er in der Innerschweiz um 1500 angelegt wurde, mit viel Getreide, Kohl und Hülsenfrüchten, aber auch verschiedenen Arten der Johannisbeere. Oder der Waadtländer Franzosengarten um 1820. In ihm wachsen Neuseeländer Spinat oder Knollenziest, auch Stachys genannt, und sogar Feigen gedeihen da. Oder auch der Ölgarten (Thurgau, um 1900) mit Leindotter, Schlafmohn oder Ölrettich, deren Samen zu Öl gepresst wurden.
Ergänzt werden die schön bebilderten Beiträge zu den einzelnen Gärten mit einer Karte, auf der deren Lage im Freilichtmuseum Ballenberg markiert ist.

Dominik Flammer, Sylvan Müller, «Die historischen Gemüsegärten der Schweiz», AT Verlag, 120 Seiten, ca. 19 Fr.
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