Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Fächerbelegung an Schweizer Unis
Trendumkehr: Erstmals weniger Studierende in Geschichte und Sprache

Students follow the lecturer's explanations on the excercises during a biochemistry course, pictured on December 9, 2009 in a small auditorium at the University of Fribourg in Switzerland. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)

Studierende folgen den Erklaerungen des Dozenten zu den Uebungen im Kurs "Biochemie 1", aufgenommen am 9. Dezember 2009 in einem kleinen Hoersaal der Universitaet Freiburg. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Was haben Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl gemeinsam? Sie sind Geisteswissenschaftlerinnen. Und sie arbeiten beide nicht in brotlosen Teilzeitjobs. Entgegen dem Vorurteil, das geisteswissenschaftlichen Studienfächern anhaftet. 

Wirtschaftshistorikerin Andrea Franc zum Beispiel sagte in der NZZ, Geisteswissenschaftler seien nach dem Studium vor allem in Minipensen tätig. Sie würden dadurch weniger Steuern zahlen und sich nach der Pensionierung ohne Ergänzungsleistungen kaum über Wasser halten können.

«Wir beobachten, dass der Wert der Geistes- und Sozialwissenschaften für die Gesellschaft vermehrt erklärt werden muss», sagt Beat Immenhauser, Generalsekretär der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW). Wird jener Wert infrage gestellt, könne das Auswirkungen auf die Studienwahl haben.

Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigen nun: Erstmals sind die Studierendenzahlen in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern rückläufig. Das hat das Schweizer Radio SRF am Montag berichtet.

In absoluten Zahlen hat das Studienfach der Geschichte in den letzten zehn Jahren am meisten Studierende verloren, gefolgt von Politikwissenschaft und Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaften. Auch bei den Fächern Kunstgeschichte, Ethnologie und Kommunikations- und Medienwissenschaften hat das Interesse abgenommen.

Der Rückgang lässt sich zum Teil mit der demografischen Entwicklung erklären. Weil Anfang der Nullerjahre die Geburtenrate in der Schweiz gesunken ist, sind die Jahrgänge kleiner, die sich nun an einer Hochschule immatrikulieren können.

Doch Flavio Eichmann, Generalsekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte (SGG), kritisiert auch die Fachvertretungen. Zu lange hätten die Interessengruppen der Geistes- und Sozialwissenschaften zugesehen, wie andere Disziplinen intensiv um Maturandinnen und Maturanden warben, Besuchstage an der ETH organisierten oder Labels wie «Mint-freundliches Gymnasium» verteilten, ohne selbst tätig zu werden.

Schnellerer Abschluss an der Fachhochschule

Eichmann weist darauf hin, dass Absolventen eines Geschichtsstudiums fünf Jahre nach Studienabschluss im Schnitt 91’000 Franken jährlich verdienen. Das ist mehr als bei Absolventinnen eines naturwissenschaftlichen und gleich viel wie bei Absolventen eines technischen Studiums.

Zu den Gründen, dass es immer weniger Geschichtsstudierende gibt, sagt Eichmann auch: «Fachhochschulen bieten heute einen schnellen Abschluss in drei Jahren an, während ein Geschichtsstudium mit Master an der Universität noch immer mindestens fünf Jahre dauert – das könnte für viele junge Menschen abschreckend wirken.» 

Gleichzeitig haben nicht nur Mint-Studienfächer wie Informatik oder Physik in den letzten Jahren zugelegt. Auch Psychologie und Humanmedizin verzeichnen einen Zulauf. Ebenso etwa das Fach Linguistik, was gemäss Beat Immenhauser daran liegt, dass die künstliche Intelligenz auf Sprachmodellen beruht.

Nun will die Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit mittels einer Kampagne verändern. Ziel ist es, den gesellschaftlichen Wert und Nutzen der Geistes- und Sozialwissenschaften sichtbar zu machen. Es geht wohl auch um finanzielle Mittel, die nicht zuletzt aufgrund der Studierendenzahlen verteilt werden.

Der Bundesrat wird demnächst die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) zuhanden des Parlaments verabschieden. Das Parlament entscheidet also spätestens in der Wintersession über die Höhe der Bundesgelder für die Forschung der nächsten Jahre, also von 2025 bis 2028. Auch deshalb dürften sich die Akademien, Universitäten und ihre Fachbereiche jetzt in Stellung bringen.