André Béchir gründet neue FirmaSchweizer Konzertriesen beenden Partnerschaft – was ist da los?
Gadget abc Entertainment dominiert den hiesigen Livemarkt. Nun verliert der Veranstalter mit dem legendären Promoter André Béchir seinen prominenten Berater. Die Hintergründe.
Es rumpelt in der Schweizer Konzertbranche: André Béchir, der vor allem mit seinen Rolling-Stones-Konzerten nationale Berühmtheit erlangt hat, und Branchenprimus Gadget abc Entertainment gehen nach drei Jahren wieder getrennte Wege.
Gadget hat 2022 den Markt dominiert und hierzulande über 500 Konzerte veranstaltet. Nun will Béchir mit 74 Jahren nach seinem Mandat als Senior Advisor noch einmal von vorn anfangen und eine neue Firma gründen. Dafür plant er eine Kooperation mit der Westschweizer Agentur Takk, die Bands und Musiker wie The Lumineers, Sam Smith oder Bon Iver in die Schweiz holt.
Gab es Zoff bei den Konzertriesen Gadget und Béchir? Der Vertrag, der auf drei Jahre befristet war, wurde Anfang Jahr im gegenseitigen Einvernehmen nicht mehr verlängert, wie beide Seiten bestätigen. Dabei zeigt sich auch: Gadget und Béchir haben nie richtig zusammengefunden.
«Es war nicht einfach, die Kulturen zusammenzuführen.»
«Es sind zwei Philosophien aufeinandergeprallt, die nicht kompatibel waren», sagt Béchir in der «Aargauer Zeitung», ohne weiter auszuführen. Oliver Rosa, Managing Partner bei Gadget, sieht das gleich und wird konkreter: «Wir arbeiten in einer flachen Hierarchie, mit fünf Partnern, die ihre Expertise einbringen. Und wir stehen mit unserem Team im Dialog. André behält die Kontrolle gern bei sich. Es war nicht einfach, die verschiedenen Kulturen zusammenzuführen.»
Beim Zusammenschluss 2020 sei es zu einer symbolischen Stabübergabe gekommen, doch Béchir hätte sich schwergetan, loszulassen. «Er konnte sich nicht in die Beraterrolle begeben, auf die wir uns verständigt hatten.» Deshalb sei der Vertrag jetzt aufgelöst worden, sagt Rosa. «Andrés Leistungsausweis ist unbestritten, davor haben wir grossen Respekt, und wir sind dankbar für seine Mitarbeit. Nun herrscht Klarheit, und wir sind guter Dinge. Wir werden unsere Marktführerschaft halten.»
Für die Musikfans hat der Split zunächst keine direkten Auswirkungen. Die Grosskonzerte, die Gadget mit Béchir für 2023 noch aufgegleist hat – darunter Elton John und Bruce Springsteen –, werden wie geplant stattfinden.
«Es ist im Interesse der ganzen Branche, dass grosse Namen in der Schweiz auftreten.»
Doch der Schweizer Markt ist klein, nun werden André Béchirs neue Firma und Gadget bei gewissen Konzerten in Konkurrenz stehen. Béchir, einer der bestvernetzten Promoter in Europa, arbeitet mit vielen Künstlerinnen und Künstlern seit Jahren eng zusammen. Gadget dürfte womöglich einige Blockbuster-Konzerte verlieren und wird finanzielle Einbussen in Kauf nehmen müssen, die sie aber auffangen können, wie Rosa sagt. «Wir sind als 360-Grad-Musikunternehmen mit Festivals und Artist-Management breit aufgestellt, decken die ganze Wertschöpfung ab und sind nicht von einzelnen Shows im Livegeschäft abhängig.»
Es sei zudem seit jeher in der DNA der Firma, dass man einen wesentlichen Fokus auf die Zusammenarbeit mit noch wenig bekannten und einheimischen Acts setze, um deren Karrieren langfristig begleiten zu können. Béchir hingegen richtet am liebsten im Stadionformat an und setzt auf längst etablierte Künstlerinnen und Künstler.
Letztlich werden die grossen Player punktuell weiter kooperieren und Konzerte zusammen organisieren – Gadget, Béchir und Takk. Sie sind alle drei bereits in Partnerschaften verbunden, das Berner Konzert von Muse im Juli etwa veranstalten Gadget und Takk gemeinsam. «Es ist im Interesse der ganzen Branche, dass grosse Namen in der Schweiz auftreten. Dafür müssen wir über unsere Tellerränder blicken», sagt Oliver Rosa.
Fehler gefunden?Jetzt melden.