Schweiz exportiert keine Waffen-Ersatzteile mehr nach Saudiarabien
«Externer Druck spielte eine Rolle»: Der Bundesrat verzichtet auch auf Waffenexporte in Bürgerkriegsländer.
Der Bundesrat befasste sich am Mittwoch mit Waffenexporten nach Saudiarabien. Bereits bewilligte Ersatzteile werden zurzeit nicht ausgeführt, wie Bundesratssprecher André Simonazzi mitteilte. Der Zoll ist beauftragt worden, allfällige Ausfuhranmeldungen für Saudiarabien abzuweisen.
Hängige und neu eintreffende Gesuche für Ausfuhren werden vorläufig nicht behandelt. Eine Schweizer Firma, die bereits über Bewilligungen für Ausfuhren verfügt, hat laut Simonazzi zugesagt, diese nicht zu verwenden. Der Bundesrat liess sich von Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann über die aktuelle Praxis informieren.
Zu privaten Zwecken
Vergangene Woche hatte der Bundesrat betont, dass seit 2009 keine Kriegsmaterialexporte nach Saudiarabien bewilligt würden – mit bestimmten Ausnahmen. Es handle sich um Ersatzteile, Munition und Feuerwaffen zu privaten Zwecken, präzisierte Simonazzi am Mittwoch.
Aufgrund des Jemen-Konflikts hatte der Bundesrat die Praxis 2016 weiter verschärft. Seither wurden Gesuche abgelehnt, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Verwendung im Jemenkonflikt bestand.
Bisher Ersatzteile bewilligt
Für Saudiarabien hatte dies laut Simonazzi zur Konsequenz, dass nur noch Ersatzteile und Munition zu Flugabwehrsystemen bewilligt wurden, bei denen kein Grund zur Annahme besteht, dass sie im Jemen eingesetzt werden.
Über Waffenexporte nach Saudiarabien wird auch im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod des saudischen Journalisten Jamal Kashoggi diskutiert. Vergangene Woche hielt der Bundesrat fest, er habe diesen mit grosser Betroffenheit zur Kenntnis genommen und erwarte, dass die Schuldigen zur Verantwortung gezogen würden.
Kritik war zu gross
Gleichzeitig verzichtet der Bundesrat nach heftiger Kritik auch auf eine geplante Lockerung für Waffenexporte. Geplant hatte er, unter bestimmten Bedingungen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zu erlauben.
Den Verzicht darauf begründet der Bundesrat jetzt mit der öffentlichen Kritik an seinem Plan: Die Unterstützung für die Reform sei nicht mehr gegeben, insbesondere in den zuständigen Sicherheitspolitischen Kommissionen des Parlaments, schreibt er in einer Mitteilung. Zudem hätte ein Insistieren auf der Reform kontraproduktive Auswirkungen auf die bestehende Bewilligungspraxis haben können.
Damit spielt der Bundesrat auf die angekündigte Volksinitiative gegen die Exporte in Bürgerkriegsländern an. Damit könnte die Praxis im Vergleich zu heute verschärft werden. Das wolle der Bundesrat nicht, sagte Sprecher Simonazzi auf eine Frage vor den Medien.
«Weder realistisch noch intelligent»
Wirtschaftsminister Schneider-Ammann hatte die Kehrtwende zuvor gegenüber den Westschweizer Zeitungen «24 Heures» und «Tribune de Genève» angekündigt. Allerdings sprach er nicht von einem Verzicht, sondern von einer Sistierung. Er wolle dem Bundesrat einen Vorschlag unterbreiten, das Geschäft aufzuschieben, sagte der Wirtschaftsminister.
«Wir haben viel diskutiert und die Vor- und Nachteile abgewogen und sind selbst zum Schluss gekommen, dass es weder sehr realistisch noch sehr intelligent ist, den Liberalisierungsprozess zu einem solchen Zeitpunkt fortzusetzen», sagte Schneider-Ammann gemäss den Zeitungen. Externer Druck habe eine Rolle gespielt. Sein Sprecher bestätigte die Aussagen.
Exporte auch in Bürgerkriegsländer
Der Bundesrat hatte Mitte Mai angekündigt, die Regeln zu Kriegsmaterialexporten lockern zu wollen. Er beauftragte das Wirtschaftsdepartement mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Verordnungsänderung.
Neu sollten demnach Schweizer Rüstungsfirmen Waffen auch in Bürgerkriegsländer exportieren können, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass das Kriegsmaterial im internen Konflikt eingesetzt wird. Der Bundesrat wollte damit die Rüstungsindustrie unterstützen. Die Kriegsmaterialexporte hätten sich in den letzten Jahren rückläufig entwickelt, hielt er fest. Die Industriebasis werde zunehmend geschwächt.
Heftiger Widerstand
Für seine Pläne erntete der Bundesrat jedoch viel Kritik. Der Nationalrat nahm in der vergangenen Session eine Motion der BDP-Fraktion an, wonach in Zukunft das Parlament über die Kriterien zur Bewilligung von Waffenexporten entscheiden soll. Stimmt auch der Ständerat zu, ist dafür in Zukunft nicht mehr der Bundesrat zuständig.
Überdies kündigte eine überparteiliche Allianz gegen Waffenexporte an, eine sogenannte «Korrektur-Initiative» zu lancieren. Der Text liegt derzeit bei der Bundeskanzlei zur Vorprüfung. Die Initiative richtet sich gegen Exporte in Bürgerkriegsländer. Ausserdem soll damit ein Parlamentsentscheid von 2014 korrigiert werden, der Waffenexporte auch in Länder mit systematischer und schwerwiegender Verletzung der Menschenrechte erlaubt.
SDA/mch/oli/fal
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