Schiffskollision in BaltimoreUrsachen, Opfer, Folgen – was zum Brücken-Einsturz bekannt ist
In der US-Stadt Baltimore ist die Francis-Scott-Key-Brücke nach einer Kollision mit einem Containerschiff zusammengebrochen. Was bisher über das Unglück bekannt ist.
Was ist passiert?
In Baltimore im US-Bundesstaat Maryland hat das unter der Flagge Singapurs fahrende Containerschiff Dali in der Nacht von Montag auf Dienstag einen Pfeiler der vierspurigen Francis-Scott-Key-Brücke gerammt und zum Einsturz gebracht. Ein Grossteil des Bauwerks ist daraufhin zusammengebrochen.
Mehrere Autos, die sich zum Zeitpunkt der Kollision auf der Brücke befunden haben, sind ins Wasser gestürzt. Zudem fielen acht Menschen in den Fluss, die sich zu Fuss auf der Brücke befanden, wie der Verkehrsminister von Maryland, Paul Wiedefeld, mitteilte. Das Wasser soll an der Unfallstelle 15 Meter tief und weniger als zehn Grad kalt sein.
Wie viele Opfer gibt es?
Fünf Fahrzeuge sollen bisher mittels Infrarot- und Sonartechnik im Wasser gefunden worden sein, berichtete CNN. Es soll sich um drei Autos, einen Betonmischer sowie ein weiteres Fahrzeug handeln. Die Schiffsbesatzung ist wohlauf, wie die Reederei Synergy Marine Group mitteilte.
Die Polizei geht inzwischen vom Tod von sechs Bauarbeitern aus, die in den Fluss unterhalb der Brücke gefallen waren und seitdem vermisst werden. Die Suche nach ihnen wurde bis Mittwochmorgen ausgesetzt. Taucher würden um 6 Uhr (Ortszeit) an die Unglücksstelle zurückkehren, teilte Roland Butler von der Maryland State Police am Dienstagabend mit. Es gehe jedoch nicht mehr um eine Rettungs-, sondern um eine Bergungsaktion.
Die sechs Vermissten gehörten zu einem Bautrupp, der in der Unglücksnacht damit beauftragt war, Schlaglöcher auf der Francis-Scott-Key-Brücke zu füllen, wie der Verkehrsminister von Maryland, Paul Wiedefeld, sagte. Unter den Opfern waren Bauarbeiter aus Guatemala, Honduras und Mexiko, wie Diplomaten aus den jeweiligen Ländern erklärten.
Jeffrey Pritzker, stellvertretender Geschäftsführer von Brawner Builders, sagte, die Angestellten seiner Firma hätten in der Mitte der Brücke gearbeitet, als diese einstürzte. Man lege grossen Wert auf die Sicherheit, etwa indem man Absperrungen errichte und Leitkegel, Schilder sowie Signallichter aufstelle. Mit einem Brückenkollaps habe aber niemand gerechnet. «Das war so völlig unvorhergesehen», sagte Pritzker.
Er habe gehört, dass die Vermissten gerade eine Pause gemacht und einige in ihren Lastwagen gesessen hätten, sagte Jesus Campos, der für Brawner Builders auf der Brücke gearbeitet hat und Mitglieder der verunglückten Mannschaft kennt. «Stellen Sie sich vor, Sie wissen, dass Sie fallen. …. Man weiss nicht, was man tun soll.» Der katholische Priester Ako Walker sagte, er habe Zeit mit den Familien der vermissten Arbeiter verbracht, während sie auf Nachrichten über ihre Angehörigen warteten. «Man kann den Schmerz in ihren Gesichtern sehen», so Walker.
Zwei weitere Menschen waren in den Fluss gefallen, konnten aber lebend aus dem kalten Wasser geborgen werden. Eine Person soll sich «in ernstem Zustand» befinden, die andere blieb nach Behördenangaben unverletzt.
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Was sind die Gründe für das Unglück?
Die genaue Ursache für den Zusammenstoss ist nach wie vor unklar. Den Behörden zufolge hatte die Besatzung kurz vor der Kollision einen Hilferuf abgegeben. Zwei Polizisten war es daraufhin gelungen, den Verkehrsfluss au der Brücke zu verlangsamen und zu verhindern, dass sich noch mehr Autos darauf befinden. Auf dem Schiff war offenbar kurz vor dem Unglück der Strom ausgefallen. Aktuell deutet alles auf einen Unfall hin. Die Crew der Dali habe kurz vor dem Zusammenstoss die Kontrolle über den Antrieb verloren, berichteten amerikanische Medien.
Wie war die Francis-Scott-Key-Brücke gebaut?
Die Brücke steht bereits seit 1977 und führt über den Patapsco River. Sie umfasst vier Fahrspuren auf einer Breite von 56 Metern und war 2,6 Kilometer lang. Die Hauptbrücke stand auf vier Pfeilern. Es habe der Brücke an «struktureller Redundanz» gefehlt, sagte Raffaele De Risi, leitender Dozent für Bauingenieurwesen der University Bristol in Grossbritannien, gegenüber dem britischen Science Media Centre (SMC). «Wenn einer der Pfeiler ausfällt, ist das gesamte System betroffen.»
Ist die Brücke eine Fehlkonstruktion?
Das lässt sich so nicht sagen. Heute sind Brückenpfeiler in Flüssen normalerweise besonders gut geschützt, was in Baltimore offensichtlich nicht der Fall war. In den Siebzigerjahren, als die Brücke erstellt wurde, galten aber noch andere Anforderungen. Nicht auszuschliessen ist auch, dass das Wetter, die Strömungen und der Verkehr der Brücke über die Jahre hinweg zugesetzt haben.
Was ist über das Schiff bekannt?
Das Schiff gehört zur Synergy Marine Group und war im Auftrag von Maersk von Baltimore aus auf dem Weg nach Colombo, Sri Lanka. Insgesamt befanden sich auf dem Schiff 22 Besatzungsmitglieder. Das Containerschiff ist 300 Meter lang und war zum Zeitpunkt des Unglücks offenbar knapp zur Hälfte beladen.
Wie reagieren die Behörden?
Der Gouverneur von Maryland, Wes Moore, hat den Notstand ausgerufen. Es gebe aktuell keine Hinweise darauf, dass das Schiff die Brücke absichtlich gerammt habe, betonte der Polizeipräsident von Baltimore, Richard Worley. Es deute auch nichts auf einen Terroranschlag hin. Präsident Joe Biden erklärte, er gehe davon aus, dass die Bundesregierung die gesamten Kosten für den Wiederaufbau der Brücke übernehmen werde.
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Was sind die Folgen für die Wirtschaft?
Der Einsturz der Autobrücke hat nach Angaben von US-Verkehrsminister Pete Buttigieg auch wirtschaftliche Folgen. Man stelle sich wegen der Bedeutung des dahinter liegenden Hafens schon jetzt auf Lieferkettenprobleme ein, «von denen wir wissen, dass sie kommen werden», sagte Buttigieg am Dienstagnachmittag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz vor Ort. Diese beträfen dann nicht nur die Region um Baltimore, «sondern die gesamte US-Wirtschaft».
Die zuständige Hafenbehörde hatte den Schiffsverkehr nach dem Vorfall bis auf weiteres ausgesetzt. Der Hauptteil des Hafens liegt nach Angaben Buttigiegs hinter der eingestürzten Brücke. Nach Angaben von US-Präsident Joe Biden handelt es sich um eine der wichtigsten maritimen Anlaufstellen der USA – insbesondere für den Import und Export von Autos und Kleinlastern.
Demnach werden rund 850’000 Fahrzeuge pro Jahr über den Hafen von Baltimore verschifft. Rund 15’000 Arbeitsplätze hängen davon ab. Zudem ist die Brücke eine wichtige Verkehrsader an der Ostküste der USA. Laut Biden überquerten sie vor dem Unfall rund 30’000 Fahrzeuge pro Tag.
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