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Rahmenabkommen mit der EU
Scheitern des Abkommens hätte laut Geheimpapier gravierende Folgen

Der Bundesrat tut sich schwer mit dem Rahmenabkommen. 
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Einige haben das Rahmenabkommen schon für tot erklärt. Ein Entscheid fällt mit einiger Wahrscheinlichkeit nächste Woche – an der letzten Bundesratssitzung vor Beginn der Sommersession. Am Donnerstag berichtete nun das Schweizer Radio SRF über ein Geheimpapier der Bundesverwaltung, in dem vor den Folgen eines Abbruchs für die Schweiz gewarnt wird.

Bisher war viel von Kosten und Risiken eines Abschlusses die Rede – etwa für die Sozialversicherungen oder beim Lohnschutz und überhaupt für die Souveränität der Schweiz. Nun listet das verwaltungsinterne Papier erstmals den Preis des Scheiterns auf. Laut SRF werden im Geheimdokument 24 Politikfelder durchleuchtet. Punkt für Punkt wird eingeschätzt, ob ein Nichtabschluss vernachlässigbare, mittelschwere oder schwerwiegende Folgen hätte.

Zehn Bereiche

Demnach kommt die Verwaltung zum Schluss, dass die Auswirkungen in zehn Bereichen schwerwiegend wären. Explizit erwähnt werden in dem Radiobericht die Landwirtschaft, der Strom und die öffentliche Gesundheit. Beim Agrarhandel könnten ähnlich wie beim Abkommen zu den technischen Handelshemmnissen Probleme entstehen, wenn die EU in Zukunft eine Aktualisierung verweigert. Schweizer Hersteller und Exporteure hätten dann zusätzliche Kosten beziehungsweise einen Wettbewerbsnachteil im EU-Binnenmarkt.

Beim Strom drängt Brüssel schon länger darauf, die Schweiz bei der Netzwerkagentur Entso-e auszuschliessen. Die europäischen Partner haben die Schweiz dort als Gründungsmitglied bisher noch geduldet, obwohl die Agentur EU-Recht umsetzt. Eine Klausel sieht vor, dass die Schweiz mitmachen kann, solange die Verhandlungen über ein Stromabkommen laufen. Ohne Rahmenvertrag ist aber auch ein Abkommen, das den Anschluss der Schweiz an den zunehmend integrierten Strombinnenmarkt der EU regelt, nicht möglich.

Ähnlich ist das Bild bei der öffentlichen Gesundheit. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die EU die Schweiz ad hoc zu praktisch allen Krisen- und Koordinationstreffen hinzugeladen. Von EU-Seite wurde schon signalisiert, dass damit Schluss sein könnte, wenn der Bundesrat das Rahmenabkommen beerdigt. Auch die Verhandlungen über ein bilaterales Gesundheitsabkommen wären dann obsolet. Mit einem Gesundheitsabkommen wäre die Schweiz bei künftigen Pandemien weniger vom Goodwill der EU abhängig und hätte auch bei Beschaffungsmassnahmen von Impfstoffen oder Medikamenten bessere Karten.

Nicht explizit erwähnt sind die Kosten, sollte die Schweiz beim EU-Forschungsprogramm Horizon Europe nicht mehr mitmachen können. Hängig ist auch eine Äquivalenzerklärung beim Datenschutz. Ein negativer Entscheid der EU wäre vor allem für datenverarbeitende Firmen in der Schweiz ein grosses Problem.

Kompensation schwierig

Laut Radio SRF sieht der Verwaltungsbericht nur in einem Punkt keine Nachteile für die Schweiz, sollte das Rahmenabkommen scheitern. Und zwar bei der Frage, ob Schweizer Fluggesellschaften innerhalb der EU neue Rechte bekommen sollen. Kein Wunder, die Swiss ist eine Tochter der deutschen Lufthansa. In allen anderen Politikbereichen seien die Folgen mittelschwer bis schwerwiegend. Hinzu kommt, dass laut der Analyse die Folgen in den wenigsten Fällen durch Gegenmassnahmen vollumfänglich kompensiert werden könnten.

Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats hatte den Bundesrat zuletzt vergeblich gedrängt, das interne Verwaltungspapier ausgehändigt zu bekommen. Das Papier datiert vom September 2020. Der Bundesrat wollte mit einer Veröffentlichung wohl seine Verhandlungsposition gegenüber Brüssel nicht schwächen. Dass das Dokument jetzt kurz vor dem wahrscheinlichen Abbruch durchsickert, wirft dafür ein Schlaglicht auf den Entscheidungsprozess und auf die Spannungen im Bundesrat kurz vor der finalen Entscheidung.