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Forfait in Roland Garros
Djokovic vom Knie gestoppt – nun droht das Ende seiner Rekordjagd

PARIS, FRANCE - JUNE 03: Novak Djokovic of Serbia slides at the net for a forehand against Francisco Cerundolo of Argentina in the Men's Singles fourth round match during Day Nine of the 2024 French Open at Roland Garros on June 03, 2024 in Paris, France. (Photo by Clive Mason/Getty Images)
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Es war eine abermals heroische Aufholjagd von Novak Djokovic im Achtelfinal gegen den Argentinier Francisco Cerundolo (ATP 27). Der 37-Jährige bog die Partie am Montag nach einem 1:2-Satzrückstand mit Schmerzmitteln noch um und liess sich im Court Philippe Chatrier feiern. Tennisgrössen wie John McEnroe zogen den Hut vor seiner Willensleistung. Doch Djokovic liess danach offen, ob er imstande sei, in Roland Garros weiterzuspielen.

Am Tag danach zeigte sich nun, dass seine Schmerzen eine konkrete Ursache hatten. Das MRI ergab am Dienstagnachmittag einen Riss des Innenmeniskus im rechten Knie. Das liess Djokovic keine Wahl: Er musste sich per sofort aus dem Turnier zurückziehen. Am Mittwoch wäre er im Viertelfinal auf den Norweger Casper Ruud (7) getroffen, den er 2023 im Final geschlagen hatte. 

Sinner ist die neue Nummer 1

Für Djokovic ist das in einer bisher enttäuschenden Saison ein weiterer herber Rückschlag. Er wartet 2024 immer noch auf seinen ersten Titel, und durch sein Aus steht fest, dass er am nächsten Montag die Nummer 1 an den Italiener Jannik Sinner verliert. Es fühlt sich an wie eine Wachablösung. Der 22-Jährige aus Südtirol hatte Djokovic Anfang Jahr am Australian Open im Halbfinal deklassiert und ist in diesem Jahr der konstanteste Spieler. Er ist eine würdige, sympathische Nummer 1.

epa11389313 Jannik Sinner of Italy celebrates winning his Men's Singles quarterfinal match against Grigor Dimitrov of Bulgaria during the French Open Grand Slam tennis tournament at Roland Garros in Paris, France, 04 June 2024.  EPA/YOAN VALAT

Kurz nachdem das Forfait von Djokovic bekannt geworden worden war, zog Sinner mit einem überzeugenden Dreisatzsieg über den Bulgaren Grigor Dimitrov (10) in den Halbfinal ein. Platzinterviewer Fabrice Santoro teilte ihm im Anschluss an seine Partie mit, dass er die neue Nummer 1 sei. Offenbar hatte das Sinner aber schon mitbekommen. «Es ist der Traum eines jeden Spielers, die Nummer 1 zu werden», sagte er. «Aber es tut mir sehr leid, dass sich Novak zurückziehen musste.»

Djokovic hatte in Paris betont, dass nun die wichtigste Phase seiner Saison anstehe mit Roland Garros, Wimbledon und den Olympischen Spielen in Paris innert gut zweier Monate. Und natürlich wolle er sein bestes Tennis spielen. Nun ist er nicht nur am French Open draussen, auch seine Einsätze in Wimbledon (ab 1. Juli) und an Olympia (ab dem 27. Juli) sind in Gefahr. Vor allem Letzteres liegt ihm sehr am Herzen – Olympiagold fehlt ihm noch in seinem reichen Palmarès.

Der nasse, gefährliche Pariser Sand

Ein Meniskusriss zählt zu den häufigsten Knieverletzungen und tritt meist auf, wenn sich Oberschenkel und Wade im Kniegelenk unter hoher Belastung gegeneinander verdrehen. Die Menisken sind zwei bananenförmige Knorpelscheiben zwischen dem Unter- und Oberschenkelknochen, die das Kniegelenk stabilisieren und Stösse abdämpfen. Djokovic rutschte am Montag mehrmals auf dem nassen Pariser Sand aus, und dabei wurde der Innenmeniskus offenbar überbelastet und riss.

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Der Serbe klagte nach dem dritten Game des zweiten Satzes über Schmerzen und liess sich behandeln. Da dürfte es also passiert sein. Orthopäde und Kniespezialist Kai-Uwe Steuber, der selber ein ambitionierter Hobbyspieler ist und in Thalwil eine Praxis führt, ist fasziniert davon, wie es Djokovic schaffte, danach mit Adrenalin und Schmerzmittel noch fast vier Sätze auf Topniveau weiterzuspielen. «Um die Heilungschancen zu beurteilen, müsste man das MRI sehen. Entscheidend ist die Art des Risses.»

Operation oder nicht?

Grundsätzlich gibt es drei Varianten: Bei kleinen Rissen ist eine konservative Behandlung möglich, also die Hoffnung darauf, dass sich das Gewebe von selbst regeneriert. Sonst wird ein arthroskopischer Eingriff nötig. Entweder wird der Meniskus wieder zusammengenäht, oder es wird der störende Lappen entfernt – je nach Riss. Djokovic ist grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber Operationen. So zögerte er seine Ellbogenoperation in der Basler Rennbahnklinik vom Februar 2018 sehr lange hinaus.

Im Idealfall wäre es denkbar, dass Djokovic in knapp vier Wochen wieder in Wimbledon antreten könnte, sagt Spezialist Steuber. «Die Frage ist, ob er dann wieder mit absolutem Vertrauen in seinen Körper seine Leistung abrufen kann. Da bin ich sehr skeptisch.»

Der Serbe droht die wichtigsten Termine seiner Saison zu verpassen. Und die Folgen könnten sogar noch fataler sein: Bei Roger Federer waren die Meniskusverletzungen der Anfang vom Ende seiner Karriere. Es begann damit, dass er im Januar 2016 am Tag nach seinem Halbfinal-Aus am Australian Open den Meniskus riss, als er für seine Zwillingstöchter ein Bad einlassen wollte. Eine Operation wurde nötig, und am Schluss seiner Karriere folgten eine Operation auf die andere.

Es war selbst für Djokovic zu viel

Am Montag war die Tenniswelt noch fasziniert, welche Verrenkungen Djokovic auf dem Platz vollführen kann, nun sorgt man sich um seine sportliche Zukunft. Auf dem athletischen Niveau, auf dem er Tennis spielt, muss er seinem Körper vertrauen können. Auf dem Weg in den Pariser Viertelfinal verbrachte er 13 Stunden und 48 Minuten auf dem Court – so viel wie niemand vor ihm zuvor in den letzten 30 Jahren. Das war selbst für ihn zu viel.

Sein Forfait kann auch als Warnung genommen werden: Einige Tenniscracks belasteten ihren Körper in den vergangenen Jahren über Gebühr. Allen voran Rafael Nadal, der 2022 in Paris praktisch auf einem Bein siegte. Den schmerzenden linken Fuss liess er sich von seinem Leibarzt Angel Ruiz-Cotorro vor jedem Spiel mit mehreren Spritzen betäuben.

Damit war er erfolgreich, aber ein schlechtes Vorbild. Irgendwann muss man die Limiten akzeptieren, die einem der Körper setzt. Das musste nun auch Novak Djokovic einsehen.