Turbulenter Ski-AuftaktGut-Behrami zaubert sich zum Sieg – und schon gibts den ersten grossen Aufreger
Der Tessinerin gelingt in Sölden ein Traumlauf, sie gewinnt zum dritten Mal beim Saisonstart. Doch zu reden gibt vor allem eine Disqualifikation.
Es ist ein Moment, der selbst Lara Gut-Behrami demütig werden lässt. Die Tessinerin gewinnt in Sölden den Auftakt zur Saison mit einem Traumlauf bei Traumwetter. Nach Rang 4 in Durchgang 1 zaubert sie auf dem Rettenbachgletscher und düpiert sie alle, die Brignones, die Vlhovas, die Bassinos oder Shiffrins – alle Riesenslalomgrössen der Gegenwart. Und macht sich selbst zur Grössten der Geschichte. Zumindest, was das Rennen im Ötztal angeht.
Der Triumph ist ihr dritter auf diesem Hang. Nur einer Fahrerin ist das bislang gelungen: Tina Maze. Als Gut-Behrami das hört, sagt sie in die Fernsehkamera: «Das Coole am Sport ist, dass immer wieder jemand anders kommt, der es besser macht. Am Anfang meiner Karriere gab es grosse Namen wie Maze, ich habe mich immer weit weg von diesen gefühlt. Und ich habe immer noch das Gefühl, dass ich ein kleiner Name bin, der sein Ding machen will. So etwas zu erreichen wie Tina Maze, ist eine Ehre. Sie ist eine Ikone.»
Das ist auch Gut-Behrami. Der Sieg in Sölden ist ihr 38. im Weltcup und eine erste Bestätigung dafür, dass sie alles richtig gemacht hat mit ihrer Entscheidung, weiterzufahren.
Gut-Behrami: Gelassen wie nie
In den Tagen vor dem Start wirkte sie gelassen wie nie, mit sich und vor allem der Umwelt im Reinen. Sie rieb sich nicht mehr auf an Situationen, die ihr ein Graus sind – aber eben auch Pflicht. So stand sie am Medienabend ihres Ausrüsters Head am Donnerstag geduldig vor den Mikrofonen und Kameras und redete mehr als eine Stunde. Immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Das war in anderen Jahren ganz anders.
Gut-Behrami weiss mittlerweile, dass es nur Energie braucht, sich bei solchen Terminen zu enervieren ob der Fragerei. Sie hat gelernt, ihre Kraft zu bündeln. Das macht sie an diesem Samstag zur grossen Siegerin.
Doch nicht nur das gibt zu reden in Tirol. Es trifft auch das ein, was viele befürchtet hatten: Dass die Diskussionen sich um ein neues Reglement drehen statt um Sport. In diesem Winter ist Wachs mit Fluor als Zugabe nicht mehr erlaubt, weil dieses zwar die Ski deutlich schneller macht, aber schädlich ist für die Umwelt. Im Ziel werden die Ski darum nicht mehr nur auf Radius oder Standhöhe überprüft, sondern eben auch auf den Fluorgehalt.
Und eine prominente Fahrerin erwischt es zum frühestmöglichen Zeitpunkt: Die Norwegerin Ragnhild Mowinckel wird schon nach dem ersten Lauf wegen erhöhter Werte disqualifiziert. Peter Gerdol, der Renndirektor des Weltverbands FIS, sagt: «Wir hatten keine andere Möglichkeit, auch wenn es unangenehm ist. Die letzten zwei Jahre haben die Kontrolleure viele Untersuchungen durchgeführt und einen Wert festgelegt, der nicht überschritten werden darf. Bei Mowinckel wurde dieser sehr, sehr deutlich überschritten.»
Die Ski waren sogar im Auto eingeschlossen
Rainer Salzgeber, Rennchef von Mowinckels Ausrüster Head, sagt gegenüber ORF: «Wir glauben, wir haben keinen Fehler gemacht. Der Servicemann hat die Ski sogar über Nacht im Auto eingesperrt, damit nichts passieren kann. Wir müssen jetzt analysieren, was war.» Die Reserve-Rennski, die sie bei der FIS überprüfen liessen, seien genau gleich präpariert worden wie die Rennski vom Samstag, «dort war auch ein Wert zu hoch, aber nur einer». Nun schlug das Messgerät gleich bei mehreren Punkten aus. Mowinckel weinte nach dem Entscheid.
Salzgeber räumt ein, dass die Rennski nicht auch noch von der FIS überprüft worden seien, weil deren Büros längst zu gewesen seien, als die Ski fertig präpariert waren. Für die Zukunft müssten sie sich wohl ebenfalls ein Messgerät zutun, «damit wir den Wert kurz vor dem Start testen können». Er habe sich vor dem Reglement gefürchtet, sagt Salzgeber, «Sachen wie den Radius, die Skilänge oder die Standhöhe können wir überprüfen. Aber beim Fluor sind wir auf die Messungen der FIS angewiesen.»
Atle Skaardal, der Cheftrainer der norwegischen Frauen, hat derweil keine Zweifel, dass diesbezüglich alles mit rechten Dingen zugegangen sei. «Wir haben die Messungen zusammen mit der FIS wiederholt und das Verdikt ist klar: Die Werte bewegen sich nicht mehr im Toleranzbereich.» Im Gegensatz zu Ausrüster Head verfügen die Norwegerinnen offenbar über zwei Geräte. «Wir haben sie mit denjenigen des Verbandes verglichen – und die Abweichungen sind minim. Es gibt daher keine Zweifel.» Und der erste Aufreger wegen Fluor ist schon am ersten Skitag geboren.
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19 – Sofia Goggia
La Goggia! Die wildeste unter den Wilden. Sie musste gleich zweimal zum ersten Lauf starten, weil beim ersten Versuch ein Rutscher im Weg war. Beim wem denn sonst?
Der zweite Durchgang gelingt ihr, der Königin der Abfahrerinnen, ganz gut. Es reicht für Rang 3, sie verdrängt damit Mélanie Meillard.
20 – Estelle Alphand
Wir sind bei jenen Fahrerinnen angekommen, die weniger als drei Sekunden auf Federica Brignone verloren – und bei den Top-20 des ersten Laufs.
Aber auch für Alphand gilt, was für die letzten Fahrerinnen galt: Sie verliert im Steilhang viel Zeit und fällt zurück. Dieser Abschnitt ist Moltzan ganz offensichtlich sehr gut gelungen.
21 – Camille Rast
Gleich haben wir Halbzeit, was die Schweizerinnen angeht: Camille Rast ist auf dem Weg, die dritte von sechs. Sie ist in Sölden erstmals im zweiten Lauf dabei. Nach einer missglückten letzten Saison geht es nun vor allem darum, Selbstvertrauen zu holen.
Im mittleren Streckenabschnitt fällt Rast allerdings weit zurück, am Ende landet sie auf Rang 9. Aber immerhin: Es gibt Punkte, darauf wird sie aufbauen können.
22 – Britt Richardson
Die junge Kanadierin ist die nächste. Im oberen Streckenteil ist sie gut unterwegs, dann überdreht sie leicht. Aber Richardson verliert den Fokus nicht, bringt den Lauf ins Ziel. Sie landet aber bloss auf Rang 7. Meillard übrigens hat damit schon fünf Plätze gut gemacht.
23 – Wendy Holdener
Zwischenzeitlich wollte sie nicht mehr Riesenslalom fahren, nun ist Wendy Holdener aber wieder dabei und hat grosse Pläne. Der erste Lauf war nicht das, was sie sich wünschte.
Und der zweite? Holdener hält gut mit Moltzan mit, aber so ganz sauber ist das noch nicht. In den letzten Streckenabschnitt kommt sie mit viel Rückstand, dann macht sie aber noch einen Zehntel gut. Ergibt Zwischenrang 6.
24 – Magdalena Luczak
Die grosse Unbekannte des zweiten Laufs, auch sie mit einer hohen Nummer dabei. Wir sind gespannt!
Die schlechte Nachricht für Luczak: Sie kämpft und ist die bisher Langsamste. Die gute: Es gibt Weltcuppunkte!
25 – Zrinka Ljutic
Was für ein fantastisches Talent Zrinka Ljutic ist! 19 Jahre jung, mit der 48 in den zweiten Lauf gerutscht. Die Lobeshymnen auf sie wollen nicht abreissen, auch weil sie letzte Saison erstmals auf einem Slalompodest stand.
Schöne Fahrt von Ljutic, aber für Moltzan reicht es nicht. Meillard allerdings holt sie ein. Rang 2 für die Kroatin.
26 – Elisabeth Kappaurer
Die Österreicherinnen und Riesenslalom, das ist gerade etwas kompliziert. Ganze drei Top-Ten-Plätze gab es letzte Saison. Kappaurer müsste einiges gut machen, um hier noch so weit nach vorne zu stossen.
Das ist ein guter und mutiger Auftritt von Kappaurer, zumindest bis kurz vor dem Ziel. Dann fällt sie hinter Moltzan und Meillard zurück. Die Romande hat damit schon zwei Plätze gutgemacht.
27 – Asja Zenere
Die Italienerinnen sind eine Macht im Riesenslalom, vor allem mit Federica Brignone und Marta Bassino. Zenere steht da noch etwas im Schatten der Granden, aber immerhin: Es winken Punkte in Sölden.
Sauber sieht das aus, ist aber auch etwas verhalten. Das heisst: Zenere verliert einiges an Zeit und reiht sich ganz am Ende des – bisher noch kleinen – Klassements ein.
28 – Paula Moltzan
Die Amerikanerin arbeitete sich in der vergangenen Saison in die Weltspitze des Slaloms vor und machte auch im Riesenslalom grosse Schritte. Das brachte ihr Startnummer 8 ein.
Der erste Lauf von Sölden war für sie eine Ernüchterung, sie ist sich mittlerweile bessere Klassierungen gewohnt. Im zweiten übernimmt sie aber immerhin die Führung von Meillard.
29 – Mélanie Meillard
Und wir sind schon bei der ersten von sechs Schweizerinnen im zweiten Durchgang. Das ist übrigens Höchstwert unter den Nationen.
Meillard, dieses Grosstalent mit den vielen Verletzungen, ist ähnlich schnell wie Direz, am Ende sogar 16 Hundertstel schneller. Das wird ihr gut tun!
30 – Clara Direz
Sie eröffnet diesen zweiten Lauf. Sie ist die einzige Französin unter den schnellsten 30 des ersten Durchgangs und rutschte auch nur wegen Mowinckels Disqualifikation einen Platz nach vorne. Das französische Riesenslalom-Team hat einen gewaltigen Verlust zu verkraften, weil Tessa Worley Ende letzter Saison zurücktrat.
Direz bringt ihren Lauf ins Ziel, 2:22,10, das ist die erste Zeit.
Und damit …
… haben wir also den ersten Aufreger des Winters. Tina Weirather, SRF-Expertin, berichtet aus dem Zielraum, Mowinckel habe geweint nach dem Entscheid. Und die Chance, dass ihr Servicemann betrüge, so Weirather, sei gleich Null. Bei den in Sölden herrschenden Verhältnissen wäre der Vorteil minim gewesen.
Spannend ist das Ganze aber allemal, wir sind gespannt, wie das weitergeht in dieser Saison. Nun konzentrieren wir uns aber auf das Sportliche!
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Zwischenstand nach dem 1. Lauf
Sechs Schweizerinnen qualifizierten sich für den zweiten Lauf, nur Andrea Ellenberger (31.) und Corinne Suter (39.) verpassten einen Platz unter den besten 30. Lara Gut-Behrami, trotz eines Fehlers auf Zwischenrang 4 und Michelle Gisin auf Rang 11 vermochten aus Schweizer Sicht zu überzeugen. Die Italienerin Federica Brignone zeigte eine sehr starke Leistung und distanzierte die Konkurrenz um eine halbe Sekunde und mehr.
Es gab auch schon eine erste Disqualifikation: Bei Ragnhild Mowinckel, nach dem ersten Lauf auf Rang 6 klassiert, wurden zu hohe Fluor-Werte auf ihren Ski gemessen. Dies führte zum Ausschluss, da auf diese Saison hin das umweltschädliche Fluorwachs im Weltcup verboten wurde.
Der Start zum zweiten Lauf erfolgt um 13 Uhr. Wir tickern für Sie live.
Start in die Skisaison
Herzlich Willkommen zum ersten Rennen der Weltcupsaison 2023/24. Seit 30 Jahren finden nun schon Riesenslaloms auf dem Rettenbachgletscher in Sölden (AUT) statt und seit dem Jahr 2000 wird die Saison im Tirol eröffnet. Gestartet wird auf 3'040 Meter und das Ziel befindet sich auf 2'670 Meter über Meer.
Wie so oft in den letzten Jahren, gab es auch heuer Diskussionen über den Startzeitpunkt der Saison, sowie auch über den Umgang mit dem Gletscher. Doch die Fis sieht hier wenig Veränderungsbedarf und so finden heuer die ersten Rennen zwar ein wenig später als im letzten Jahr, aber wie gewohnt im Oktober statt.
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