Riesenslalom der Frauen in SaalbachGut-Behrami ist die neue Ski-Königin – es gibt einen guten Grund dafür
Die Tessinerin holt zum zweiten Mal nach 2016 die grosse Kugel. Dazu gewinnt sie auch die Riesenslalom-Disziplinenwertung. Dass sie besser denn je fährt, kommt nicht von ungefähr.
Es ist keine Triumphfahrt, dafür geht es um zu viel, ist die Anspannung viel zu gross. Taktieren ist angesagt bei Lara Gut-Behrami an diesem Sonntag in Saalbach, Platz 14 braucht sie im Riesenslalom, um den Gesamtweltcup vorzeitig für sich zu entscheiden, Platz 15 würde schon reichen, um die Disziplinenwertung zu gewinnen.
Es ist der Tessinerin anzumerken, was alles auf dem Spiel steht, sie verzichtet fast auf jegliches Risiko; bloss kein Ausfall, das ist Devise. Der Plan geht auf: Konkurrentin Federica Brignone siegt zwar überlegen, aber Gut-Behrami wird Zehnte, die 3,23 Sekunden Rückstand interessieren niemanden. Im Ziel wirkt sie enorm erleichtert, sie jubelt zwar nur verhalten, aber welch Last ihr von den Schultern fällt, ist ihr anzumerken.
Zum zweiten Mal gewinnt Gut-Behrami den Gesamtweltcup, 2015/2016 holte sie in 32 Rennen sechs Siege, 13 Podestplätze und 1522 Punkte. Zum Vergleich: In diesem Winter hat sie 26 Rennen bestritten; deren acht hat sie gewonnen, 16-mal ist sie auf dem Podest gestanden. Neben einem Ausfall klassierte sie sich nur zweimal ausserhalb der Top 6. Und das, obwohl sie zwischenzeitlich wegen eines gereizten Knies handicapiert war.
Natürlich profitierte Gut-Behrami von den Verletzungen Mikaela Shiffrins, Petra Vlhovas und Sofia Goggias, die Zahlen aber belegen, wie verdient der Gesamtsieg ist – und welch fantastische Saison die Tessinerin hinter sich hat.
So bedeutend die grosse Kugel für Gut-Behrami auch sein mag, an der kleinen für den Gewinn der Riesenslalom-Wertung wird sie nicht weniger Freude haben. Schon vor einigen Wochen deute sie an, wie viel ihr jener Triumph bedeuten würde. Gut-Behrami gilt zwar als «Miss Super-G», weil sie in jener Disziplin schon viermal die Beste gewesen ist zum Saisonende. Ihre Lieblingsdisziplin aber ist der Riesenslalom.
Unlängst sagte sie: «Ich fühle mich in 99 Prozent der Fälle wohl auf den Ski, unabhängig von der Piste, der Kurssetzung, den Schneeverhältnissen. Das gibt mir das Gefühl, alles in den eigenen Händen zu haben.»
Welch Traumwinter
Wohl nie zuvor ist Gut-Behrami besser Ski gefahren als jetzt, in ihrer 16. Saison im Weltcup, mit bald 33. Es zahlt sich aus, setzt sie auf Konstanz – in diversen Bereichen. Etwa beim Material und Servicemann: Seit neun Jahren steht sie bei Head unter Vertrag, Thomas Rehm ist seit 2016 ihr Servicemann. Auch Vater Pauli gehört nach wie vor zum Staff, vor allem aber ist da Coach Alejo Hervas, der Konditions- und Skitrainer in einem betreut sie seit fünf Jahren. Und immer wieder weist Gut-Behrami auf ihr Umfeld hin, auf Ehemann Valon Behrami vor allem als Kraftquelle, dank ihm habe sie die Balance zwischen Sport und Privatleben gefunden.
Das alles hat sich positiv auf die Leistungen ausgewirkt. Sonja Nef, die einstige Riesenslalom-Dominatorin, sagt: «Bei Lara ist auf und neben der Piste alles stabil – das ist der Unterschied zu früher. Sie ist schon so lange dabei, und doch macht sie noch immer alles und verzichtet auf vieles, um erfolgreich zu sein. Das ist enorm beeindruckend.»
Nef war 2002 die letzte Schweizerin, welche die Kugel im Riesenslalom gewann, zuvor holten auch Lise-Marie Morerod, Erika Hess, Maria Walliser und Vreni Schneider jene kleine Kugel, die Grössten der Grossen also. Sie alle gewannen einst auch den Gesamtweltcup, dazu auch noch Marie-Theres Nadig und Michela Figini.
Gut-Behrami wird dereinst als eine der besten Schweizerinnen in die Ski-Geschichte eingehen, ja als eine der weltweit erfolgreichsten Fahrerinnen überhaupt. 45 Rennen hat sie schon gewonnen, in der ewigen Bestenliste ist sie die Nummer 6. Und ja: Die Saison könnte am kommenden Wochenende im fast totalen Triumph enden. Auch in der Abfahrts- und Super-G-Wertung liegt Gut-Behrami schliesslich vorne.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Sara Hector
Die Riesenslalom-Olympiasiegerin kommt in Saalbach nicht auf Touren. Schon im Training in Österreich soll sie sich schlecht gefühlt haben. Nun reicht es nur für Rang 4. Die Schwedin wirft die Stöcke im Ziel weg.
Stephanie Brunner
Die Arena wird zum Tolhaus! Die Einheimische Stephanie Brunner überrascht mit einer starken Fahrt von oben bis unten, übernimmt klar die Führung. Eine knappe halbe Sekunde liegt sie vor Moltzan – diese hat es sich in der Leaderbox gar nicht erst gemütlich machen können.
Paula Moltzan
Ein grosser Auftritt der Amerikanerin: Moltzan, die Mannschafts-Weltmeisterin von 2023 mit den USA, geht klar in Führung. 96 Hundertstel nimmt sie Colturi ab. Das könnte in Richtung Top 10 gehen.
Marina Gasienica-Daniel
Im letzten Winter litt die Polin unter enormen Magen-Darm-Beschwerden, konnte teils tagelang teils etwas essen. Diese Probleme sind passé, und doch hat sie eine komplizierte Saison hinter sich. Dazu passt der letzte Auftritt: Gasienica-Daniel scheidet aus.
Michelle Gisin
Ruckzuck vorwärts geht es in Saalbach, Pausen gibt es keine. Mit Michelle Gisin ist die 15. des ersten Laufs im Ziel, die Engelbergerin zeigt eine ansprechende Fahrt, hinter Colturi und Liensberger reicht es für Zwischenrang 3. Freund Luca De Aliprandini applaudiert auf der Tribüne artig.
Katharina Liensberger
2021 holte sie in Cortina WM-Bronze im Riesenslalom, von jener Form ist sie aber weit entfernt. Zweite wird die Österreicherin und verdrängt damit Camille Rast. Liensberger lächelt in die Kamera, was sie aber immer tut. Und wohl auch tun würde, wenn sie sieben Sekunden verloren hätte.
Camille Rast
Vorhang auf für die erste Schweizerin: So gut wie im Slalom läuft es Rast in der Basisdisziplin bei weitem nicht, aber immerhin hat sie sich in der Top 30 der Weltrangliste festgesetzt. Rast büsst 66 Hundertstel auf Colturi ein und fährt auf Zwischenrang 2. Drei Konkurrentinnen werden noch hinter sie zurückfallen müssen, damit es zum Saisonabschluss ein paar Weltcuppunkte gibt.
Lara Colturi
Ski-Juwel, Wunderkind, Jahrzehnttalent – so und ähnlich wird die für Albanien startende Italienerin bezeichnet. Noch immer ist Colturi erst 17, sie hat sich in den Top 25 des Slaloms und Riesenslaloms etabliert. Gegen Ende des Winters schienen ihr ein wenig die Kräfte auszugehen. Nun aber geht sie deutlich in Führung.
AJ Hurt
Vor Monatsfrist in Soldeu wurde die Amerikanerin überraschend Dritte. Nun aber misslingt ihr so gut wie alles -- Platz 4. Im Ziel verwirft Hurt die Hände.
Britt Richardson
Am Final dürfen jeweils auch die Junioren-Weltmeisterinnen starten, wobei sich Richardson auch via Weltcup (Top 25) fürs Rennen in Saalbach qualifiziert hätte. Die Kanadierin fährt auf Zwischenrang 2 – 19 Athletinnen stehen noch oben.
Franziska Gritsch
Gleich die nächste Österreicherin ist unterwegs: Gritsch, die sich wegen einer Liebschaft mit einem ehemaligen Verbandstrainer vom ÖSV getrennt hat, zeigt eine fehlerhafte Fahrt und verliert fast eine Sekunde auf Bucik.
Ricarda Haaser
Nach gutem Start scheidet die Österreicherin aus. Es ist tatsächlich der erste Ausfall des Tages. Übrigens: Österreich kämpft gegen die Schweiz noch um den Sieg im Nationencup der Frauen. Es geht extrem eng zu und her, die Schweizerinnen haben 12 Pünktchen Vorsprung.
Spezielle Regel am Final
Nicht vergessen gehen darf, dass an den Finalrennen nur die Top 15 Weltcup-Punkte gewinnen.
Ana Bucik
Ein schlaues Köpfchen ist die 30-jährige Slowenin: Sie studierte Physik und Mathematik. Ihre Saison aber verlief doch ziemlich kompliziert, und auch wenn sie Dürr 2,41 Sekunden abnimmt, ist es alles andere als sicher, ob es für Punkte reichen wird.
Lena Dürr
Die Deutsche, im Slalomweltcup die Nummer 2 hinter Mikaela Shiffrin, wurde im ersten Lauf 24. und Letzte. Mit 2:26:60 setzt sie die erste Richtzeit, sie wird noch um mehrere Sekunden unterboten werden.
Los geht’s
Die Entscheidung hat begonnen. Gesteckt hat den Kurs der norwegische Trainer, es dreht ein bisschen mehr als im 1. Lauf.
Neue Startzeit
Die Entscheidung beginnt übrigens erst um 12:02 – der Grund für die zweiminütige Verspätung ist unbekannt.
Federica Brignone
Die Führende aus Italien sagte nach dem 1. Lauf: «Der Hang ist sehr einfach und ich habe natürlich alles riskiert. Ich hatte ein paar Fehler drin und ging nicht davon aus, dass ich vorne bin.»
Lara Gut-Behrami
Die Tessinerin hat im 1. Lauf taktiert und einen Sicherheitslauf gezeigt. Der Plan ist relativ gut aufgegangen. Auf Interviews verzichtete die 32-Jährige nach der Fahrt, sie will sich verständlicherweise voll aufs Rennen konzentrieren.
Die Ausgangslage
Federica Brignone will Gut-Behrami zumindest noch etwas nervös machen: Die Italienerin glänzte im ersten Lauf, mit 48 Hundertsteln führt sie vor Thea Stjernesund, Dritte ist Alice Robinson (+0,85). Lara Gut-Behrami liegt auf Platz 8, ihr Rückstand beträgt 1,67 Sekunden. Die Piste ist abermals mit Salz präpariert worden, in Saalbach ist es rund 10 Grad warm.
Fehler gefunden?Jetzt melden.